Michael Adler
"Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um!" Die Aufforderung von Ernst Bloch für die
richtige Sache auch ein Wagnis einzugehen, entspricht nicht gerade dem Zeitgeist.
Realpolitik und die Beschränkung auf das "Machbare" dominieren die ersten drei Jahre
Schröderscher Kanzlerschaft. Das ehrgeizige rot-grüne Reformprojekt gerät zum Trippelschritt in
die richtige Richtung. Deshalb mangelt es der Regierung an visionärer Strahlkraft.
Der Industrie- und Straßenlobby ist der kleinste Schritt in Richtung ökologischer
Modernisierung zu viel, den Umweltverbänden bleibt das Lob für die Bundesregierung im Halse
stecken. Auch in der neuen Mitte liegt keineswegs die Wahrheit, sondern der Spagat zwischen
allen Stühlen.
Auch der VCD steht so in dem Dilemma Verbündeter und Kritiker der Regierung gleichzeitig zu
sein.
Beispiel Klimagipfel in Bonn. Der Berg kreiste und gebar eine Maus. Insgesamt acht Konferenzen
seit Rio waren nötig, um einen Kompromiss auf so kleinem Nenner zu erzielen, dass die
eigentliche Vision, die Rettung der Erde vor dem menschengemachten Treibhauseffekt kaum mehr
erkennbar ist. Applaus für Trittin? Der Weg ist dann nicht mehr das Ziel, wenn das Ziel aus dem
Blick zu geraten droht.
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Wo bleibt die Formulierung der Vision? Auch in nationalen Alleingängen
ist viel beim Klimaschutz zu erreichen - mit mehr Mut. Zum Beispiel bei der Öko-Steuer. Wer aus Angst vor Auto-Bild und ADAC sechs Pfennige Steigerung
pro Jahr als Grenze der Belastbarkeit definiert, der wird keine visionäre Kraft mit dieser
Reform wecken können. Wohlgemerkt: Die Öko-Steuer ist keine Revolution, sondern eine äußerst
vernünftige Einbeziehung der knapper werdenden Güter Energie und intakte Umwelt in die
ökonomische Logik. Mangels Mut steht nun auch dieser Trippelschritt zur Disposition. Applaus
für rot-grün?
Beispiel 3-Liter-Auto. Eine Wegmarke wurde mit dem 3-Liter-Lupo von VW vor drei Jahren
geschaffen, auch in Erwartung der durch die Öko-Steuer steigenden Spritpreise. Applaus? Wir
loben die Industrie auch dieses Jahr für Trippelschritte in die richtige Richtung. Ein
wesentliches Ziel der VCD Auto-Umweltliste ist allerdings noch nicht erreicht: Der nahezu
schadstofffreie Motor und ein Flottenverbrauch unter fünf Litern.
Die VCD-Vision geht noch deutlich weiter: Wir wollen eine Verkehrswende - mehr Platz für
Fußgänger und Radfahrer, Spielräume für Kinder, Lebensräume für alle, mehr Bus und Bahn,
weniger Lärm und Treibhausgase und damit deutlich weniger Autos.
Rot-grün war die ökologische Reformhoffnung. Aufbruchstimmung wollte sich von Anfang an nicht
einstellen. Demoskopen mögen Ruhe als erste Politikerpflicht definieren. "Nicht schon wieder",
werden die Wähler schreien. Eine "Politik der ruhigen Hand", hatten wir 16 Jahre lang und haben
sie abgewählt. Herr Bundeskanzler, begeben Sie sich endlich in Gefahr! Ihr
Michael Adler
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