Blauer Engel für CarSharing

Die ersten CarSharing-Unternehmen haben den "Blauen Engel" erhalten. Doch die strengen Lärm- und Abgaswerte sind kaum einzuhalten.

 
CarSharer sparen Geld und schonen die Umwelt. Sie gehen bewusster mit dem Auto um, weil sie jede Fahrt einzeln abrechnen müssen. Ist CarSharing also nicht per se umweltfreundlich?

Im Prinzip schon, aber für eine weitergehende Förderung durch die Kommunen benötigen diese ein klares Qualitätskriterium, um CarSharing etwa von der konventionellen Autovermietung abgrenzen zu können. Städte wie Bremen möchten beipielsweise CarSharing-Stellplätze im öffentlichen Straßenraum einrichten.

Ende 1999 hat das Umweltbundesamt die ersten fünf Auto-Teil-Organisationen mit dem Umweltzeichen "Blauer Engel" ausgezeichnet, das für besondere Umweltfreundlichkeit bürgt. Die Jury Umweltzeichen stellt jedoch strenge Anforderungen an Lärm- und Abgaswerte der geteilten Autos: Neufahrzeuge dürfen den Lärmwert von 71 dB(A) nicht überschreiten. Pkw mit Ottomotoren müssen die Abgaswerte nach EURO IV, Dieselfahrzeuge die EURO III Norm einhalten. Insbesondere der Lärmwert macht den Car-Sharern zu schaffen: Laut aktueller VCD-Auto-Umweltliste erfüllen nur wenige Modelle alle Werte. VCD-Autoexperte Gerd Lottsiepen sieht den Zielkonflikt: "CarSharing-Autos werden intensiv genutzt und sollen daher auf einem hohen Stand der Technik sein. Natürlich muss die Automobil-Industrie auch mitziehen."

Jürgen Tesch von Stattauto München schimpft: "Die Autohersteller mauern. Verlässliche Informationen sind nicht zu bekommen. Bei den Unterschieden zwischen D-Norm und Euro-Norm blickt keiner wirklich durch." Ein bei Autoteilern beliebtes Fahrzeug wie der Astra-Kombi fällt im Moment unten durch. Die Folge: Entweder verzichten die Organisationen trotz hoher Nachfrage auf bestimmte Autos, oder sie dürfen das Umweltzeichen nicht mehr verwenden. Aus wirtschaftlichen Gründen können sie ihre Ersatz- und Neubeschaffungen nicht einfach um Monate verschieben. CambioCar Bremen verzichtet deshalb auf die Werbung mit dem Blauen Engel. Michael Glotz-Richter, verantwortlicher Projektleiter beim Bremer Umweltsenator, sieht dringenden Anpassungsbedarf: "Der Blaue Engel ist sinnvoll, um nutzerfreundliche Organisationen mit besonderem Umweltengagement zu unterstützen. Aber wenn der Markt nicht die entsprechenden Fahrzeuge hergibt, dürfen dafür nicht die CarSharer bestraft werden." Michael Herbst vom Bundesverband CarSharing (bcs) hofft, dass das Umweltbundesamt und das Institut für Gütesicherung (RAL) bald eine Lösung finden: "Das Thema muss schnell vom Tisch, sonst schadet es unserer Sache mehr als es nützt."

Hinrich Kählert

Weitere Informationen unter: www.blauer-engel.de

 
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