Abgesang auf den Transrapid

Transrapid ade! Bahn und Bund verabschieden sich von der überflüssigen und überteuerten Stelzenverbindung Hamburg-Berlin.

 
Am Abend des 5. Februar war es soweit: Verkehrsminister Reinhard Klimmt verkündete den endgültigen Abschied von der Transrapid-Strecke Hamburg- Berlin. Aus der Traum vom Schweben in ein neues Wirtschaftswunderland? Mitnichten. Entscheidend für den Ausstieg war weniger die Einsicht in den Unsinn der Magnetgleitertechnik für die deutsche Verkehrsinfrastruktur, sondern der betriebswirtschaftliche Druck: steigende Baukosten, falsche Fahrgastprognosen, überteuerter Fahrbetrieb.

Bahnchef Mehdorn weigerte sich, der Bahn den Mühlstein Transrapid an den Hals zu hängen und für die Defizite des Magnetgleiters aufzukommen. Doch Politik und Industrie träumen weiter vom Exportschlager Transrapid, um Siemens und Thyssen ganz rapid aus der Krise zu fahren. Nun droht der Gleiter im Nahverkehr.

Seitdem kursieren wilde Gerüchte über neue Referenzstrecken: als S-Bahn-Ersatz vom Münchener Hauptbahnhof zum Flughafen Erding oder vom Berliner Zentrum zum Flughafen Sperenberg. Der neueste Witz soll in Nordrhein-Westfalen Ernst werden: Der Transrapid wird zum "Metrorapid" und befährt mit ICE-Geschwindigkeit die Strecke Dortmund, Essen, Duisburg, Düsseldorf. Nicht mehr auf meterhohen Stelzen, sondern auf zentimeterhohen Fahrbalken auf bestehenden Bahntrassen.

Egal, ob es bei diesen Überlegungen um Rückzugsgefechte oder den Verlust von Bodenhaftung geht: Es ist ein enormer Erfolg, dass nach jahrelangem Ringen die Transrapid-Strecke Hamburg-Berlin begraben wird. Ein Erfolg, an dem der Verkehrsclub Deutschland maßgeblich beteiligt ist. Bereits 1994 gab der VCD beim Münchener Planungsbüro Vieregg&Rössler ein Gutachten über Alternativen zum Magnetgleiter in Auftrag. Im Mai 94 berichtete der SPIEGEL: "Das VCD-Gutachten zeigt, dass sich die Bahnstrecke Hamburg-Berlin für nur eine Milliarde DM optimal ausbauen lässt. Preisgünstig und umweltfreundlich in nur einer Stunde und 20 Minuten von der Elbe an die Spree." Sechs Jahre später wird der VCD-Vorschlag Wirklichkeit: schnelle Bahnanbindung statt Transrapid.

Die Ablehnung des Magnetgleiters hat nichts mit Technikfeindlichkeit zu tun. Technik an sich ist weder gut noch schlecht. Entscheidend ist: Macht die jeweilige Technik für den konkreten Einsatzzweck Sinn und ist sie effizient? In dünnbesiedelten Gebieten ohne vorhandene Schienen-Infrastruktur mag es sinnvoll sein, die Zentren auf schnellstem Wege zu verbinden. Wer aber im dichtbesiedelten Europa auf den schnellen Gleiter setzt, neigt zu einem irrationalen Technikfetischismus.

Burkhard Reinartz, Pressesprecher des VCD

 
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