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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Service 4/2023

Kommentar

Nachsteuern im Verkehr

Der VCD fordert mehr Geld für ÖPNV und Radverkehr im Verkehrsetat. Der Verkehrsminister müsste dafür die umweltschädlichen Subventionen streichen.

Eine Straßenbahn in einer Betriebshalle.
Uta LinnertBusse und Bahnen in Schuss zu halten, kostet Geld. Auch neue Verbindungen und Takte brauchen eine dauerhaft garantierte Finanzierung.

Wir haben den Eindruck,  dass die Bundesregierung den Klimaschutz im Verkehr praktisch aufgegeben hat. Denn um die Klimaziele zu erreichen, müsste sie massiv nachsteuern. Durch das Streichen der jährlichen Sektorziele sowie völlig unambitionierte Maßnahmen in ihrem eigene Klimaschutzprogramm nimmt sie den Verkehr aus der Verantwortung. Wollen wir die Erderwärmung begrenzen, müssen alle Sektoren ihren Beitrag zur CO2-Reduktion leisten – gerade der Verkehr. Die aktuellen Extremwetterereignisse weltweit zeigen uns, was passiert, wenn sich das Klima ändert.

Anfang September hat der Bundestag über den Verkehrsetat des kommenden Jahres verhandelt, den größten Investitionstopf innerhalb des Haushalts. Der VCD fordert, dieses Geld vor allem für die Verkehrswende einzusetzen, statt es für neue Autobahnen auszugeben.

Wir begrüßen, dass die lange gefor­derte Investitionsoffensive für die Schie­ne sich langsam auch in den Zahlen wi­derspiegelt. Immerhin fast 16 Milliarden Euro sollen im kommenden Jahr in die Schie­ne fließen. Das ist deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. Allerdings bedient sich der Bund dabei aus zahlreichen verschiede­nen Töpfen – Transparenz sieht anders aus. Denn vier Milliarden stammen dabei aus dem Klima- und Transformations­fonds, dessen Wirtschaftsplan erst noch beschlossen werden muss. Wichtig ist, dass dies kein Strohfeuer bleibt: Der Bund muss die Investitionen dauerhaft garantieren. Um losgelöst von Haushaltsjahren eine langfristige Finanzierung zu si­chern, braucht es einen Schienen-Inves­titionsfonds, wie ihn auch die Beschleu­nigungskommission Schiene fordert, an der der VCD beteiligt war. Sonst bleiben die versprochenen 45 Milliarden Euro bis 2027 ein Lippen­bekenntnis.

Beim Radverkehr will die Regierung kürzen. Im Haushaltsentwurf hat sie die Mittel von 750 Millionen im Jahr 2022 auf aktuell 400 Millionen Euro nahezu halbiert – trotz aller Versprechen Minister Wissings, Deutschland zum Fahrradland machen zu wollen. Um den Anteil des Radverkehrs so zu erhöhen, wie es im Nationalen Radverkehrsplan aufgeführt ist, wäre jährlich mindestens eine Milliarde nötig – also das Zweieinhalbfache des geplanten Budgets. Diese Forderung unterstützen nicht nur zahlreiche Umwelt- und Verkehrsverbände, sondern auch die Verkehrsministerkonferenz.

Nicht zuletzt braucht es mehr Geld für eine Angebotsoffensive im öffentlichen Nahverkehr, damit das Deutschlandticket gesichert und auch auf dem Land zum Erfolg wird. Geld ist genug da. Die Bun­des­regierung müsste nur endlich den Abbau klimaschädlicher Subventionen angehen, den sie im Koalitions­vertrag vereinbart hat. Der Bund fördert Dienstwagen, Dieselkraftstoff oder das Pendeln mit deutlich mehr als zehn Milliarden Euro jährlich. Davon profitieren über­wiegend Besserverdienende auf Kosten aller Steuerzahler – und der Umwelt.

Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des VCD

fairkehr 4/2023