Service 3/2023
Crowd Science
#besserBahnfahren
Die ARD befragt die Menschen nach ihren Erlebnissen im ÖPNV. Der VCD unterstützt die bundesweite Aktion und ruft zum Mitmachen auf.
Der Name ist Programm. Unter dem Titel #besserBahnfahren hat die ARD mit dem Start des Deutschlandtickets eine Mitmachaktion gestartet, die noch über den Sommer weiterläuft: Jede*r kann auf einer Deutschlandkarte online seine persönlichen Erlebnisse im Regionalverkehr eintragen und den ÖPNV über einen Online-Fragebogen bewerten.
Mit dem Deutschland-Ticket haben die Verkehrsbetriebe einen großen Schritt getan: Busse und Bahnen sind bundesweit preiswerter und mit einem einzigen Ticket verfügbar. Trotzdem wird schon über Nachbesserungen diskutiert. Worüber ärgern sich Menschen im ÖPNV? Was brauchen sie, damit Bus- und Bahnfahren Spaß macht und klappt? Und was ist heute schon erfreulich? Das möchte die ARD erfahren.
Über 2 800 Menschen haben bisher ihre persönlichen Geschichten auf der Internetseite der ARD öffentlich eingetragen. In vielen Kommentaren liest man den Frust. „Es sind bisher mehr negative Meldungen eingegangen“, sagt Jürgen Eckart, der die Mitmachaktion wissenschaftlich betreut. Der Professor für Verkehrsökologie an der Hochschule Karlsruhe versteht, dass viele erst mal ihren Ärger loswerden wollten. „Aber wir bekommen auch positive Einträge. Etwa 20 Prozent der Menschen schildern ihre guten Erfahrungen mit dem ÖPNV“, sagt Eckart. Für die Studie lesen er und sein Team alle Einträge und werten sie aus: „Es ist ein großer Luxus, den Menschen, die mitmachen, zuhören zu können und zu erfahren, was sie erzählen.“
Zusätzlich haben die Wissenschaftler*innen einen standardisierten Fragebogen entwickelt. Sie wollen u. a. wissen, wie weit es die Fahrgäste zur nächsten Haltestelle haben, ob sie über ein Auto verfügen, wofür sie das Deutschlandticket nutzen und wie sich ihr Verkehrsverhalten ändert. Als drittes Element der Aktion haben 15 Personen den Forscher*innen ausführliche Rückmeldungen zu jeder einzelnen Fahrt gegeben. „Dieser Multimethodenansatz liefert uns aufschlussreiche Erkenntisse auf wissenschaftlicher Basis und wir erreichen damit einen guten Querschnitt durch die Bevölkerung“, sagt Eckart. Die ARD begleitet Fahrgäste, die an der Aktion teilnehmen, mit Kamerateams und wird die Ergebnisse in einer TV-Dokumentation am 4. September präsentieren.
Jetzt noch mitmachen!
Thomas Reutter leitet das Projekt #besserBahnfahren bei der ARD. Er ruft dazu auf, sich jetzt noch für ein umfassenderes Bild an der Crowd-Science-Aktion zu beteiligen: „Der Verkehrssektor ist zum drittgrößten Verursacher von Treibhausgasemissionen geworden. Warum steigen wir trotzdem nicht vom Auto auf Busse und Bahnen um? Was muss sich dafür ändern? Das wollen wir wissen!“
Konkrete Ergebnisse liegen von den ersten Wochen des Projekts, das der VCD ausdrücklich unterstützt, noch nicht vor. „Wir haben den Eindruck, dass die Kosten des Deutschlandtickets in den Eingaben eher selten auftauchen“, sagt Professor Eckart. Beschwerden über fehlende Barrierefreiheit finden sich beim Anklicken der Deutschlandkarte schnell. „Barrierefreiheit ist im ÖPNV ein Glücksspiel“, schreibt eine Mutter und hat es an einem Ort im Rheinland eingetragen, an dem sie häufig mit ihrem einjährigen Kind unterwegs ist.
Uta Linnert