Immer mehr Menschen interessieren sich für die CO2-Bilanz ihrer Urlaubsreise und beziehen den Klimafaktor schon bei der Reiseplanung mit ein. Wer mit Bus oder Bahn in den Urlaub fährt, macht dabei sicher nichts falsch. Komplexer wird die Entscheidung, wenn ein Stück der Reisestrecke mit der Fähre zurückgelegt werden soll oder der vollbesetzte Pkw gegen eine Bahnanreise abgewogen wird.

Das vom Zentrum für nachhaltigen Tourismus (ZENAT) initiierte Projekt „Klimaschutz auf der Mittelstrecke – Flugzeug- und autofreies Reisen in Europa“ hat sich zum Ziel gesetzt, eine klare Entscheidungsgrundlage für alle Reisenden zu schaffen, denen Klimaschutz auch im Urlaub am Herzen liegt. Dafür haben die Initiator*innen eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe zusammengestellt, der auch die fairkehr GmbH mit ihrem umfangreichen Know-how zum europäischen Bahnreisen angehörte. Weitere Partner*innen waren das forum­andersreisen, das die Praxiserfahrung vonseiten der Reisebüros und Reiseveranstalter*innen eingebracht hat, und die Universität Breda. Dort forscht man seit vielen Jahren rund um das Thema CO2-Emissionen beim Reisen. Kein einfaches Thema, da die meisten Länder, Unternehmen, Mobilitätsverbände und Institutionen wie die nationalen Umweltbundesämter jeweils eigene Rechengrundlagen nutzen und unterschiedliche Daten erheben – was die Vergleichbarkeit extrem schwer macht. Für das Projekt „Klimaschutz auf der Mittelstrecke“ haben sich die Forscher*innen gezielt durch Berge wissenschaftlicher Studien, EU-Datenbanken und Unternehmensdaten gearbeitet.

Die größte Herausforderung dabei: Vergleichbare Daten zur CO2-Emissio­nen von Fähren zu erarbeiten. Es gibt zwar ein EU-Register, in dem alle Fähren inklusive ihrer CO2-Emission registriert sein müssen. Aber jedes Unternehmen gibt die Daten anders an. Der tatsächliche Kraftstoffverbrauch wird stark von der Menge an transportierten Lkw und deren Frachtgewicht beeinflusst. Im Gegensatz dazu spielt der einzelne Fußpassagier kaum eine Rolle. Der Camping-Van mit großem Eigengewicht dagegen schon. All diese Details werden im Projektergebnis abgebildet und – so seriös wie möglich – in ihrer Auswirkung auf die klimarelevanten Emissionen der Gesamtreise berücksichtigt. „Vor allem im Bereich Fährverkehr besteht noch ein erheblicher Forschungsbedarf“, sagt Professor Wolfgang Strasdas, der das Projekt vonseiten des ZENAT betreut.

Alle Werte und Berechnungsgrundlagen sind in der Projektdokumentation einzusehen und nachzuvollziehen. Hauptergebnis des Projekts ist jedoch ein praxisorientiertes Handbuch, das für 22 beliebte europäische Urlaubsreiseziele jeweils die schnellsten, schönsten und erlebnisreichsten Anreisevarianten mit Bus, Bahn und Fähre zusammengestellt hat. Außerdem ermöglicht das Handbuch auf einen Blick den CO2-Emissionsvergleich für unterschiedliche Verkehrsmittel: Bahn, Bus, Anreisevarianten mit Fährpassagen, Pkw mit unterschiedlichen Passagierzahlen, Wohnmobil und Flugzeug. Damit ist das Handbuch nicht nur ein wertvoller Ratgeber für Individualreisende, sondern auch ein gutes Werkzeug für alle, die Reisende beraten.

Regine Gwinner