fairkehr VCD-Magazin für Umwelt, Verkehr, Freizeit und Reisen

Obere Wilhelmstraße 32 | 53225 Bonn | Telefon (0228) 9 85 85-85 | www.fairkehr-magazin.de

Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

VCD aktiv 4/2022

VCD-Aktivenportrait

Voller Energie

Im Autoland Saarland engagiert sich Werner Ried vom VCD Landesverband seit Jahrzehnten für klimafreundliche Mobilität.

Ein Mann sitzt in der Ladebox eines Lastenrads.
Ein Auto weniger: Als er das Lastenrad gekauft hatte, schaffte Werner Ried sein Auto ab.

Sein Wohnort St. Ingbert hält einen Negativ-Rekord im Autobesitz: Auf tausend Einwohner*innen kommen dort 842 Autos. Zum Vergleich: Im bundesweiten Durchschnitt sind es 580 Autos pro tausend Menschen. Werner Ried lässt sich davon nicht entmutigen. Seit 2010 setzt sich der 57-Jährige als stellvertretender Vorsitzender des VCD Saarland dafür ein, dass die Landesregierung Rad- und Bahnfahren einfacher und bequemer macht. Und dass sie den Autos in den Städten Platz wegnimmt und ihn an Radfahrer*innen und Fußgänger*innen verteilt. „An mir soll‘s nicht gelegen haben, wenn die Klimakatastrophe kommt“, sagt der Vater von vier erwachsenen Kindern. „Ich möchte jetzt noch möglichst viel tun, um sie zu verhindern.“  

Seit fast 40 Jahren engagiert sich Ried für den Umweltschutz im Saarland. 1985 gründete er die saarländische BUND-Jugend. 1990 trat er in den VCD ein. „Mir wurde damals klar: Gerade im Verkehrsbereich lässt sich viel für den Klimaschutz erreichen“, sagt Ried. Heute fordert er unermüdlich von der Landesregierung: Reaktiviert Bahnstrecken. Und elektrifiziert die, die da sind.

Mit Bahnverkehr kennt sich der Verkehrsgeograf bestens aus: Seit 1995 arbeitet er für Eisenbahnunternehmen. Zurzeit ist er bei zwei Bahnen beschäftigt: Hauptberuflich arbeitet er in Frankfurt bei DB Fernverkehr an der digitalen Transformation. Die saarländische BahnLog GmbH unterstützt er nebenberuflich als stellvertretender Eisenbahnbetriebsleiter. 2014 schloss Ried seine Promotion bei Heiner Monheim, Verkehrswissenschaftler an der Universität Trier, ab. Sein Thema: Entwicklungspotenzial der Eisenbahnen im Raum Saarland, Lothringen, Luxemburg. Als weitere Herausforderung gründete Ried zur saarländischen Landtagswahl im Frühjahr 2022 eine Partei-Alternative und trat als ihr Spitzenkandidat an. Die Wählervereinigung bunt.saar schaffte es nicht in den Landtag. Doch sie ist weiter aktiv. Und Ried schmiedet neue Bündnisse: zum Beispiel einen Expertenrat aus Gewerkschaften, Verkehrswirtschaft und der Arbeitskammer des Saarlands, einer Interessenvertretung für saarländische Arbeitnehmer*innen. Im Herbst trifft er sich in seiner VCD-Rolle mit der neuen Landesverkehrsministerin. Ein Ziel ist, einen Runden Tisch zur Verkehrswende zu gründen.

Leben ohne Auto

Manchmal frage er sich selbst, woher er die Energie nehme, um im Saarland für die Mobilitätswende zu kämpfen, sagt Ried: „Doch es tut sich ja was!“ So gibt es seit Sommer 2021 ein neues Bussystem und einfachere ÖPNV-Tarife. Zuversicht geben ihm auch Beispiele wie Paris: Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat in den vergangenen Jahren das Radfahren in der französischen Hauptstadt bequemer und sicherer gemacht und den Anteil des Autoverkehrs um fast 40 Prozent verringert. Ried lebte viele Jahre in Paris. Dieses Frühjahr radelte er durch die Stadt und seine Lieblingsviertel, um zu testen, was sich getan hat. Er staunte. „Ganze Straßen wurden dem Autoverkehr weggenommen! So eine Persönlichkeit wie Hidalgo fehlt im Saarland.“

Werner Ried und seine Frau zeigen derweil, dass es sich in St. Ingbert ohne eigenes Auto leben lässt. Ende 2020 kauften sie ein E-Lastenrad und verkauften ihr Auto. Über die Vorteile von Lastenrädern und Pedelecs sprach Ried kürzlich im Fernsehprogramm des Saarländischen Rundfunks. Mit voller Energie setzt er sich für die Verkehrswende ein.

Kirsten Lange

fairkehr 4/2022