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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Bremen

Schluss mit Gehwegparken?

Halb auf dem Fußweg, halb auf der Straße: So parken viele Autos gerade in engen Wohnstraßen. Eine kleine Gruppe Bremer Anwohner*innen hat sich dagegen jetzt juristisch gewehrt.

Man sieht einen Gehweg, links von Hauswänden begrenzt, daneben stehen Mülltonnen. Rechts parken mehrere Autos aufgesetzt auf dem Gehweg.
Ein typisches Bild: Hindernisparcours Fußweg in deutschen Wohnstraßen

Der Gehweg ist laut Straßenverkehrsordnung für Fußgängerinnen und Fußgänger da. Doch auf zugeparkten Gehwegen ist für sie oft kein Durchkommen mehr. Dabei ist das sogenannte aufgesetzte Gehwergparken überall dort, wo es nicht explizit durch ein Verkehrsschild erlaubt ist, verboten. Dennoch wird es von vielen Autofahrer*innen regelmäßig praktiziert. Die Leidtragenden sind Menschen mit großen Einkaufs­taschen, mit Kinderwagen oder Rollator, Menschen, die einfach nur nebeneinander spazieren gehen wollen. Polizei und Ordnungsamt sehen meistens weg und dulden das Fehlverhalten.

Anwohner*innen aus drei Bremer Straßen wollten das nicht länger akzeptieren. Bereits 2018 hatten sie einen Antrag bei der Verkehrsbehörde eingereicht mit der Bitte, geeignete und wirksame Maßnahmen gegen das Gehwegparken zu ergreifen. Die Verkehrsbehörde lehnte den Antrag 2019 ab, Widerspruch zwecklos. Doch damit wollten sich die Anwohner*innen nicht zufriedengeben und verklagten die Bremer Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne).

„Wir möchten, dass die Gehwege vor unseren Häusern von allen Menschen vernünftig genutzt werden können“, erklärt VCD-Mitglied Wolfgang Köhler, der der Gruppe der Kläger*innen angehört. „Einige von uns haben kleine Kinder oder Enkel. Sie sollen sich in unseren Straßen sicher aufhalten und bewegen können.“

Im Februar 2022 fiel das Urteil des Bremer Verwaltungsgerichts: Die Kläger*innen seien als Anwohnende von Straßen, in denen dauerhaft verkehrsordnungswidrig auf den Gehwegen geparkt werde, grundsätzlich berechtigt, von der Straßenverkehrsbehörde ein Einschreiten zu verlangen. Zwar dürfe die Straßenverkehrsbehörde generell nach Ermessen entscheiden, ob sie gegen aufgesetztes Gehwegparken einschreite, sie dürfe aber nicht grundsätzlich tatenlos bleiben, so wie es in den drei Bremer Straßen der Fall ist.

Wie es weitergeht

Die Verkehrssenatorin muss nun handeln. Wie genau, hat das Gericht nicht definiert. Das stört die Kläger*innen, die sich deshalb entschieden haben, in Berufung zu gehen. „Wir möchten, dass die Stadt verpflichtet wird, geeignete Maßnahmen gegen das Gehwegparken zu ergreifen, und dass diese Maßnahmen auch auf ihre Wirksamkeit hin überprüft und gegebenenfalls angepasst werden“, so Mitkläger Köhler.

Dass auch Verkehrssenatorin Schae­fer Berufung eingelegt hat, versteht er nicht. „Das Urteil spielt ihr eigentlich in die Hände, denn sie verfolgt mit ihrer Politik ähnliche Ziele wie wir. Durch das Urteil hat sie jetzt auch gegenüber Gegner*innen ihrer Maßnahmen einen guten Grund, um gegen Gehwegparken vorzugehen.“

Die Kläger*innen vermuten, dass das SPD-geführte Innenressort die treibende Kraft hinter der Berufung ist. „Sie tun so, als würden durch das Urteil über Nacht 50 000 Parkplätze wegfallen, aber das ist natürlich völlig unrealistisch, und das fordern wir auch gar nicht. Wir wollen, dass wir Schritt für Schritt den Platz für Menschen auf den Gehwegen vor unseren Haustüren zurückbekommen. Dazu brauchen wir eine gute Mischung aus Push- und Pull-Maßnahmen, wie zum Beispiel die Ahndung von Parkvergehen, aber auch Anreizen, auf andere Verkehrsmittel umzusteigen“, sagt Wolfgang Köhler.

Als Nächstes muss sich das Bremer Oberverwaltungsgericht mit dem Fall beschäftigen. Obwohl Klage und Urteil sich nur auf die drei spezifischen Bremer Straßen beziehen, könnte angesichts der bundesweiten Aufmerksamkeit, die das Urteil hervorgerufen hat, daraus ein Präzedenzfall werden, der über Bremen hinausstrahlt. Gegen illegales Gehwegparken vor der eigenen Haustür vorzugehen, könnte dadurch in Zukunft einfacher werden.                 

Katharina Baum

fairkehr 2/2022

Cover der fairkehr 2/2022 zum Thema "Parkraum"