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Service 2/2022

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Auto-Abo vs. Carsharing

Während Carsharing in Deutschland etabliert ist, sind Auto-Abos noch wenig bekannt. fairkehr vergleicht beide Ansätze und erklärt, welcher besser für Geldbeutel und Umwelt ist.

Zwei Autos parken auf einem Parkplatz im Schatten neben einem Schild des Carsharers Cambio.
Das Car-Sharing Angebot wächst. Sind Auto-Abos eine Konkurrenz?

„DIE Flatrate Fürs Auto“ ist die Zauberformel: Seit einigen Jahren können Kundinnen und Kunden in Deutschland sogenannte Auto-Abos abschließen. Die Idee: Für eine monatliche Gebühr bekommt man ein Fahrzeug mit Rundum-Paket: TÜV, Steuer, Reparaturen, Versicherung, Reifenwechsel – alles inklusive. Nur der Sprit kommt noch dazu. Außerdem versprechen die Anbieter Flexibilität: Die Kund*innen sollen das Abo schnell kündigen oder auf ein anderes Automodell wechseln können. Unternehmen wie FINN oder ViveLaCar bewerben das Konzept als Alternative zum Autobesitz, Leasing oder Carsharing. Wir machen den Faktencheck: Was genau ist der Unterschied zum Carsharing? Was ist preisgünstiger? Für wen eignet sich welche Variante? Und vor allem: Was ist ökologischer?

Was sind die Unterschiede?

Beim Carsharing nutzt man ein Auto punktuell, je nach Bedarf. Gibt man es nach der Fahrt wieder ab, können es andere leihen. Anders beim Auto-Abo: Hier nutzt man das Fahrzeug für einen vereinbarten Zeitraum allein. Im Vergleicht zum Leasing sind kürzere Laufzeiten möglich. Außerdem kann man das Fahrzeug wechseln. Ein weiterer Unterschied: Beim Leasing sind Kosten wie Kfz-Steuer und Versicherung nicht inbegriffen. Die Abo-Anbieter vergleichen ihren Service gern mit Streaming-Diensten wie Netflix. Der Vergleich hinkt allerdings: Denn erstens sind die Fahrzeuge oft erst zwei bis vier Wochen nach Buchung verfügbar; und zweitens haben viele Abos eine Mindestlaufzeit von drei oder sechs Monaten. Wer mehr Flexibilität will, muss draufzahlen.

Wer sind die Anbieter?

In Deutschland gibt es zurzeit etwa 20 Anbieter von Auto-Abos. Darunter sind Start-ups wie Cluno und like2drive, Autoverleiher wie Sixt und Töchter von Autoherstellern wie Abo-a-Car (VW) oder Care by Volvo. Zum Vergleich: Laut Bundesverband Carsharing gibt es derzeit 243 Carsharing-Anbieter in Deutschland.

Wo gibt es die Angebote?

Auto-Abos kann man theoretisch überall nutzen. Oft kann man sein Wunschmodell aber nur in bestimmten Großräumen in Deutschland abholen – oder sich (meist gegen eine Extra-Gebühr) liefern lassen.

Das Carsharing-Angebot wächst. Allerdings ist die Verfügbarkeit noch stark von der Größe der Kommune abhängig. In allen Großstädten und den meisten Städten zwischen 50 000 und 100 000 Einwohnern gibt es Anbieter. Bei Städten über 20 000 Einwohner ist immerhin die Hälfte abgedeckt. Bei kleineren Städten und Gemeinden ist die Abdeckung derzeit noch gering (5 Prozent).

Was ist günstiger?

Die Flatrates starten bei rund 200 Euro pro Monat, etwa für den E-Kleinwagen Nissan Leaf bei like2drive. Bei Porsche Drive kann man auch bei über 4 000 Euro monatlich landen. Ein Mittelklasse-Familienwagen liegt zwischen 400 und 650 Euro. Bei einigen Anbietern kommt eine einmalige Startgebühr hinzu. Außerdem gibt es ein Kilometer-Limit, das zumeist um die 1 000 Kilometer pro Monat liegt. Fährt man mehr, muss man zusätzlich eine Kilometerpauschale zahlen. Auf eine mehrjährige Nutzung gerechnet ist ein Abo in der Regel teurer als ein Autokauf. Dafür spart man sich den Zeitaufwand für Kauf, Verkauf, Abschluss einer Versicherung, TÜV und Inspektionen.

Mit dem Carsharing lassen sich die Preise nicht ohne Weiteres vergleichen. Denn ein Sharing-Auto wird anders genutzt. Beim Abo zahlt man eben nicht nur für die Fahrten, sondern auch für die permanente Verfügbarkeit des Fahrzeugs. Fest steht: Selbst wenn man das Carsharing von Anbietern wie Cambio täglich für kürzere Stadtfahrten nutzt, kommt man dabei günstiger weg als mit dem Abo.

Was ist umweltfreundlicher?

Am besten schont man das Klima, indem man Autofahrten vermeidet. Aber im Ökobilanz-Vergleich zwischen Carsharing und Auto-Abo schneidet Ersteres besser ab: Denn wenn ich mein Abo-Auto nicht nutze, steht es herum. Das Carsharing-Auto kann in dieser Zeit dagegen von anderen Nutzern gefahren werden. So sind weniger Fahrzeuge nötig. Da die Herstellung eines Pkw einen erheblichen Anteil seiner Treibhausgas-Emissionen ausmacht – etwa 15 bis 20 Prozent bei einem Verbrenner und mehr als doppelt so viel bei einem E-Auto – ist das ein wichtiger Faktor in der Ökobilanz. Der Anbieter FINN wirbt mit einem klimaneutralen Abo. Das Unternehmen gibt an, den CO2-Ausstoß seiner Autos durch Klimaprojekte zu kompensieren. Die Herstellung wird in diese Bilanz aber nicht eingerechnet.

Die Autobranche geht nicht davon aus, dass sich die Autoverkäufe durch die Abos verringern. Im Gegenteil: Die Hersteller sehen diese als einen zusätzlichen Vertriebsweg. In der Analyse einer Unternehmensberatung heißt es: „Potenzielle Neukunden können [durch die Abos] an Automarken und auch an Elektrofahrzeuge herangeführt und Käufe dadurch angekurbelt werden.“

Ein zusätzlicher Vorteil des Carsharings in der Ökobilanz: Da die Nutzer*innen pro Fahrt zahlen, haben sie einen Anreiz, unnötige Fahrten zu vermeiden oder auf Alternativen umzusteigen.

Fazit: Was passt für mich?

Neben der Streaming-Generation haben die Abo-Anbieter vor allem zwei Zielgruppen im Blick: Menschen, die ein Modell (zum Beispiel ein E-Auto) ausgiebig testen wollen. Und Kund*innen, die lange Lieferzeiten beim Autokauf überbrücken wollen. Das Abo kann auch eine Lösung für Autofahrer sein, die sich für einen begrenzten Zeitraum (zum Beispiel für ein Praktikum) in Gegenden mit schlechter ÖV-Anbindung aufhalten. Wer aber mit dem Auto ökologisch bewusster und billiger unterwegs sein will, fährt mit dem Carsharing besser.

In Zukunft ist auch eine Kombination der beiden Ansätze denkbar: So hat ViveLaCar für diesen Frühling ein Angebot angekündigt, bei dem sich drei Kund*innen ein Auto im Abo teilen.

Tim Albrecht

fairkehr 2/2022

Cover der fairkehr 2/2022 zum Thema "Parkraum"