fairkehr VCD-Magazin für Umwelt, Verkehr, Freizeit und Reisen

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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Service 1/2022

VCD-Bahntest

Europa per Bahn

Im Bahntest 2021/22 gibt der VCD Tipps für Zugreisen durch Europa und zeigt, was politisch getan werden muss, damit die Bahn eine echte Alternative zu Flugzeug und Auto wird.

Die Grafik zeigt einen Zug, der an einem Bahnsteig hält. EIn Mann sitzt auf einer Bank und eine Frau schiebt ein Fahrrad.

Entspannt durch Amsterdam radeln, das Kolosseum in Rom besichtigen oder Stockholm mit dem Boot erkunden: Viele der schönsten Städte in Europa sind nur eine Bahnfahrt entfernt. Und nichts hilft besser gegen den Blues im Corona-Winter als die Vorfreude auf den kommenden Urlaub. Wer die nächste Reise mit dem Zug bereits frühzeitig planen möchte, wird mit dem Bahntest des VCD schnell zum Experten oder zur Expertin für die Ticketbuchung. Die aktuelle Ausgabe „Europa per Bahn. Entspannt und preiswert in die schönsten Metropolen“ liefert hilfreiche Tipps und Tricks, mit denen Reisende die schnellsten Verbindungen und günstigsten Fahrscheine finden.

Das Marktforschungsinstitut Quotas hat im Auftrag des VCD sechs Strecken inklusive zweier Nachtzugverbindungen untersucht: von Berlin nach Amsterdam und Danzig, von Frankfurt nach Mar­seille, von Hamburg nach Stockholm und von München nach Rom und Budapest. Dabei haben die Marktforscher*innen die Buchungsportale der Deutschen Bahn und der nationalen Bahngesellschaften der Zielländer sowie deren Vertriebspartner trainline berücksichtigt. Der aktuelle Bahntest stellt die besten Reise- und Buchungsoptionen für Familien und Alleinreisende vor. Dabei wird deutlich: Auf einigen internationalen Strecken gibt es bereits gute Bahnverbindungen.

Die Grafik zeigt das Koloseum in Rom

Komplizierte Ticketbuchung

In manchen Fällen stieß der VCD auf erhebliche Schwierigkeiten bei der Ticketbuchung. So können Fahrgäste, die im Onlineportal der polnischen Bahn PKP nach günstigen Angeboten stöbern, dort keine durchgängigen Tickets für ihre Reiseketten kaufen. Für jeden Teil­abschnitt ihrer Fahrt müssen sie einen zusätzlichen Fahrschein buchen. Wichtige Infos findet man zum Teil nur auf Polnisch und die Preise gibt die Website nur in Złoty an. Wer einen Ausflug nach Italien plant, findet die günstigsten Angebote zum Teil nur bei Trenitalia. Allerdings müssen online gekaufte Tickets an einem Automaten der italienischen Bahngesellschaft abgeholt werden. Fahrscheine zum Ausdrucken gibt es nicht. Daher sollten Reisende aus Deutschland zumindest die Hinfahrt über die Plattformen der deutschen Bahn oder bei trainline buchen.

„Bahnfahren muss einfacher werden – vor allem über Grenzen hinweg. Es kann nicht sein, dass Reisende oft schon an der Ticketbuchung scheitern, weil diese zu kompliziert, unübersichtlich und zeitaufwendig ist“, sagt Bastian Kettner, Bahn-Sprecher und -experte des VCD. Ein europaweites Buchungsportal, das alle öffentlichen Mobilitätsangebote berücksichtigt und die günstigsten Fahrscheine findet, gibt es derzeit nicht. Am nächsten kommt diesem Ideal noch das private Buchungsportal trainline, das in vielen, aber nicht in allen Fällen die günstigsten Bahntickets findet.

Die Grafik zeigt ein Croissant und eine beigefarbene Kaffeetasse, aus der Dampf aufsteigt.

Novelle des Fahrgastrechts

Reisen mit dem Fernzug sind besonders klimaschonend. Während die Bahn laut Umweltbundesamt durchschnittlich 50 g CO2-Äquivalente pro Kilometer und Fahrgast verursacht, liegt der Wert beim Auto bei 152 g und beim Flugzeug bei 284 g. Die Zahlen beziehen sich auf den Verkehr in Deutschland im Jahr 2020. In den vorangegangenen Jahren war der Ausstoß von Klimagasen pro Passagier bei Bahnfahrten und Flugreisen geringer, weil diese Verkehrsmittel vor der Coronapandemie stärker ausgelastet waren.

Der VCD setzt sich dafür ein, dass mehr Menschen mit der Bahn fahren, auch in den Urlaub. „Die Verlagerung vom Flugzeug auf die Schiene wird politisch oft beschworen. Bislang wird aber zu wenig dafür getan. Bahnverkehr in Europa muss länderübergreifend geplant werden. Die Klimakrise kennt keine nationalen Grenzen, im Fernbahnverkehr werden sie umso deutlicher: Fehlende Verknüpfungen zwischen den nationalen Schienennetzen und eine fehlende europäische Ticketplattform erschweren den Umstieg von Flugzeug und Auto auf die umweltfreundliche Bahn“, sagt die VCD-Bundesvorsitzende Kerstin Haarmann.

Die EU-Fahrgastrechtsnovelle soll ab 2023 das Bahnfahren in Europa einfacher machen. Allerdings gibt es bei der Anpassung der Regeln viel Licht und Schatten: Bahnunternehmen müssen künftig ein durchgehendes Ticket ausstellen, wenn alle Verkehrsmittel einer Verbindung durch sie selbst betrieben werden – die Buchung mehrerer Einzeltickets, die bei der polnischen Bahn derzeit nötig ist, wird dann Geschichte sein. Wer eingeschränkt mobil ist und Hilfe beim Ein- und Aussteigen benötigt, muss das nur noch 24 statt 48 Stunden vor Antritt der Reise anmelden. Auch bei der Fahrradmitnahme soll es endlich vorangehen. Allerdings sind pro Zug nur vier Fahrradstellplätze vorgeschrieben. Es bleibt also auch in Zukunft dabei: Wer ein Fahrrad in der Bahn mit auf Reisen nehmen möchte, muss einen Stellplatz lange im Voraus buchen oder muss sich mit einem Klapprad begnügen.

Ein großer Nachteil: Fahrgäste werden in Zukunft kein Anrecht auf eine Erstattung des Fahrpreises haben, wenn Fahrten wegen höherer Gewalt ausfallen. Wenn dann nach einer Überschwemmung die Gleise unterspült sind oder nach einem Sturm entwurzelte Bäume die Schienen blockieren oder für einen Oberleitungsschaden sorgen, heißt es: auf die Kulanz des Bahnunternehmens hoffen. Im schlimmsten Fall ist das Geld weg.

Die Grafik zeigt ein rotes Wikingerschiff mit drei Masten und weißen Segeln.

Das Angebot erweitern

Eine europaweite Buchungsplattform, wie sie der VCD fordert, ist nicht in Sicht: „Dass die Bahnunternehmen die nötigen Betriebsdaten offenlegen, sehen wir im Moment nicht kommen“, sagte Kerstin Haarmann auf der Pressekonferenz zum VCD Bahntest. Es sei Aufgabe von Fahrgastverbänden wie der European Passengers’ Federation (EPF), dies einzufordern, so Haarmann weiter. Auch der VCD ist EPF-Mitglied.

Im September 2020 haben die Verkehrsminister der EU-Staaten die Absichtserklärung unterzeichnet, ein Trans-Europ-Express-Netz 2.0 (TEE-2.0-Netz) aufzubauen. Der TEE war ein Schnellzug, der bis in die späten 1980er Jahre europä­ische Metropolen sowohl untereinander als auch mit touristisch interessanten Regionen verbunden hatte. „Es braucht eine konkrete, verbindliche Vereinbarung, um das TEE-2.0-Netz aufzubauen und zu finanzieren. Außerdem muss das Nachtzugnetz weiter zügig wachsen“, sagt VCD-Bahnexperte Bastian Kettner im Gespräch mit der fairkehr. Der Bahntest zeigt, dass einige Nachtzugverbindungen relativ schnell ausgebucht sind. Als Fernziel für den europäischen Bahnverkehr nennt Kettner „Angebote im Stundentakt von Stockholm nach Neapel und von Lissabon nach Moskau – sowohl mit Direktverbindungen als auch mit getakteten Umsteigeverbindungen“.

Der VCD Bahntest 2021/22 zeigt: Bahnfahren hat in Europa erhebliches Potenzial, das Politik und Bahngesellschaften gemeinsam erschließen müssen. Denn für mehr Klimaschutz braucht Europa einen starken und attraktiven Bahnverkehr. Für Reisende gilt: VCD Bahntest lesen und lernen, wie man die Tücken der Verbindungssuche und der Ticketbuchung meistert. Dann sollte der nächsten Bahnreise eigentlich nichts mehr im Wege stehen.

Benjamin Kühne

Das fordert der VCD

  • Ein vertaktetes, europäisches Fernzugliniennetz mit schnellen und lang laufenden Verbindungen, attraktiven Umsteigezeiten und gesicherten Anschlüssen
  • Den Ausbau des Nachtzugnetzes für weitere Teile Europas
  • Eine öffentliche, verbraucherfreundliche Plattform, auf der alle Angebote des öffentlichen Verkehrs als Reise­kette durchgehend und europaweit online gebucht werden können. Tickets für internationale Zugreisen zu buchen, muss so einfach wie die Ticketbuchung für einen Flug sein
  • Entschädigungsansprüche müssen für eine komplette Reisekette geltend gemacht werden können – auch wenn diese von unterschiedlichen Mobilitätsdienstleistern angeboten wird
  • Keine Mehrwertsteuer auf internationalen Strecken: Andere EU-Staaten wie Frankreich oder Tschechien machen das bereits vor
  • Unkomplizierte, einfach buchbare Mitnahme von Fahrrädern

Tickets preiswert und sicher kaufen

Planen Sie Ihre Reise gut im Voraus und verschaffen Sie sich einen Überblick über Buchungsportale, Verbindungen und Angebote.

Zeitlich flexibel: Unter der Woche oder nachts reisen Sie meist günstiger als am Wochenende.

Buchen Sie früh, aber nicht zu früh: Acht Wochen im Voraus sind bei manchen Verbindungen noch keine Tickets verfügbar. Sechs Wochen Vorlauf reichen aus.

Vergleichen Sie Ticketpreise von Portalen nationaler Bahngesellschaften immer mit denen von unabhängigen Buchungsplattformen.

Lesen Sie das Kleingedruckte besonders bei ausländischen Buchungsplattformen ganz genau.

Buchen Sie Reiseketten möglichst in einem einzigen Vorgang.

Buchungsportale

Unabhängige Buchungsportale:
www.thetrainline.com
de.omio.com

Bahnreisebüros:
www.kopfbahnhof.info
www.gleisnost.de

Nationale Bahnen:
Deutschland: bahn.de
Frankreich: www.sncf-connect.com
Niederlande: www.nsinternational.com
Italien: www.trenitalia.com
Polen: www.rozklad-pkp.pl
Ungarn: https://jegy.mav.hu

Neue Nachtzuglinien

Zürich – Köln – Amsterdam
(seit Dezember 2021)

Wien – München – Karlsruhe – Paris
(seit Dezember 2021)

Berlin – Prag – Wien – Graz – Ljubljana/Zagreb
(ab 2022)

Prag – Berlin – Amsterdam – Brüssel
(ab 2022)

Berlin - Paris/Brüssel
(ab Dezember 2023)