VCD aktiv 5/2021
VCD-Aktivenportrait
Der Mann mit dem Goldhelm
Falko Stolp, Vorsitzender des VCD Erfurt, ist in der Stadt bekannt. Wegen seines Engagements – und seines Fahrradhelms.
Bei Sauwetter schlossen die Schülerinnen und Schüler Wetten ab: Kommt ihr Schulleiter heute mit dem Fahrrad zur Schule? „Meine Frau fragte manchmal: ‚Wirklich, bei dem Wetter mit dem Fahrrad?‘ Meine Antwort: ‚Klar, meine Schüler warten darauf‘“, sagt Falko Stolp und lacht. Der 65-Jährige ist dieses Jahr nach 40 Berufsjahren in den Ruhestand gegangen. 30 Jahre davon arbeitete er als Schulleiter, zuletzt in Erfurt. Seit 2006 ist er Vorsitzender des VCD Erfurt. Ehrenamtliches und berufliches Engagement verbindet Stolp: „Nachhaltige Mobilität muss in vielen Unterrichtsfächern immer wieder behandelt werden“, sagt er.
Stolp setzt sich dafür ein, dass das Thema an Schulen eine wichtige Rolle spielt. Mit Schulklassen nahm er jedes Jahr an der VCD-Kampagne „FahrRad! Fürs Klima auf Tour“ teil: Kinder und Jugendliche radeln, sammeln dabei Kilometer, lösen Rätsel und können Preise gewinnen. Kurz vor seinem Ruhestand holte Stolp gemeinsam mit Kolleg*innen und Schüler*innen für seine Schule die Auszeichnung „Deutschlands fahrradfreundlichste Schule“ – verliehen von der Initiative „Aktion Fahrrad“. Die engagiert sich dafür, dass Kinder Rad fahren.
Stolp wuchs in der ehemaligen DDR auf. Schon damals waren ihm Umweltschutz und Radverkehr wichtig. Nach der Wende engagierte er sich in einer Bürgerinitiative, anschließend war er zehn Jahre lang Kreisfraktionsvorsitzender bei den Grünen. Seit Anfang der 2000er Jahre ist Stolp im VCD aktiv. Das sei der richtige Verband für sein weiteres Herzensanliegen, so Stolp: Die Stadt soll Lebensraum für Menschen sein, nicht Raum für Autos. Um das zu erreichen, organisieren der VCD Erfurt und weitere Verbände seit sieben Jahren die Europäische Mobilitätswoche in der Stadt. „Wir halten die Aktion aufrecht und gehen den Politikern im Stadtrat auf den Geist, um finanzielle Unterstützung zu bekommen“, sagt Stolp.
Mit Mut auffallen
Außerdem setzt Stolp Aktionen der bundesweiten VCD-Kampagne „Straßen für Menschen“ in Erfurt mit um, beispielsweise auf der diesjährigen Bundesgartenschau. Von April bis Oktober verwandelten die Aktiven einen Parkplatz in ein Kinderzimmer und informierten über nachhaltige Mobilität. Das Zimmer machte deutlich, wie viel Platz ein Auto verbraucht. „Der VCD ist durch solche Aktionen in Erfurt bekannter geworden“, sagt Stolp. Er selbst kennt mittlerweile viele Menschen durch sein VCD-Engagement und seinen Job: Eltern, Verwaltungsmitarbeitende, Politiker*innen aus Stadt, Land und EU, Journalist*innen. Ihn erkennen viele Erfurter außerdem an seinem Markenzeichen: „Ich bin ,Der vom VCD mit dem Goldhelm‘. Man muss Mut haben, dann wird man belächelt oder bewundert – auf jeden Fall fällt man auf.
Seit 25 Jahren lebt Stolp ohne Auto. Er ist fürs Carsharing angemeldet. Doch das hat er bisher lediglich zweimal genutzt. Er fährt Rad – wenn er viel transportieren muss, nimmt er das Lastenrad.
Für den Ruhestand hat Stolp viele Pläne. Er will Schulen in Thüringen davon überzeugen, mehr für nachhaltige Mobilität und Radverkehr zu machen. Bei der Stadt Erfurt setzt er sich mit dem VCD für sicherere Fuß- und Radwege zur Schule ein. „Außerdem machen wir weiter Druck in Sachen kostenloses Bus- und Bahnfahren für Schüler“, so Stolp. „Das fordern wir seit Jahren.“ Gerade beraten die Aktiven mit der Stadtverwaltung, wie sich das finanzieren ließe. Stolps Erfolgsrezept: Hartnäckig sein und immer den Mut behalten.
Kirsten Lange