Politik 5/2021
UN-Klimakonferenz COP26
Der unvollkommene Klimapakt
An die UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow gab es hohe Erwartungen. Was bleibt davon nach zwei Tagungswochen und unzähligen Debatten?
Große Klimakonferenzen nähren große Hoffnungen. Das war bei der COP26 nicht anders. Nach eineinhalb Jahren Pandemie hätte er uns allen gutgetan: der große Durchbruch. Die Zerschlagung des Gordischen Knotens. Das unzweideutige Signal, dass die Weltgemeinschaft das 1,5-Grad-Ziel erreicht. Diese Hoffnung ist enttäuscht worden.
Stattdessen war die COP26 „ein zutiefst menschlicher Triumph der Unvollkommenheit“, wie der renommierte amerikanische Klimajournalist Andrew Revkin schrieb. Unvollkommen ist der Klimapakt von Glasgow, weil die Weltgemeinschaft die Lücke zwischen ihren Klimaversprechen und den für 1,5 Grad nötigen Treibhausgasminderungen nicht schließen konnte, weil Formulierungen zum Ausstieg aus der Kohle im letzten Moment verwässert wurden, und weil viele der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder auch nach Glasgow nicht ausreichend von der Weltgemeinschaft unterstützt werden.
Trotzdem gibt es auch gewichtige Stimmen, die realpolitische Fortschritte sehen: „Vor Glasgow steuerten wir auf eine Katastrophe zu (2,7 Grad). Nach Glasgow steuern wir auf eine Gefahr zu (knapp unter 2 Grad)“, so der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung Johan Rockström auf Twitter. Könnte ein zweiwöchiger Gipfel den Trend der Erderwärmung um 0,7 Grad kappen, wäre das tatsächlich ein Erfolg. Rockströms Rechnung geht aber nur auf, wenn alle Staaten ihre Zusagen in den kommenden Jahrzehnten auch einhalten. Und das war in der Vergangenheit nicht der Fall.
Deutschland wenig glaubwürdig
Anlass zur Hoffnung gaben die Koalitionen der Willigen, die sich abseits des großen Plenums bildeten: 100 Länder, darunter die USA, China und die EU, erklärten, bis 2030 den Trend der Entwaldung zu stoppen und umkehren zu wollen. 95 Länder verpflichteten sich, im gleichen Zeitraum den Ausstoß des extrem klimaschädlichen Treibhausgases Methan um 30 Prozent zu reduzieren. Auch bei der Finanzierung der globalen Energiewende gab es Fortschritte.
Gerade beim Thema Energie taten sich aber auch Gräben zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern auf. So sprach der nigerianische Vize-Präsident Yemi Osinbajo bereits im Vorfeld der COP vom „Divestment-Wahn“ des Westens: Industrieländer wie Deutschland würden den Kohleausstieg verzögern und sich über Nordstream 2 mit Gas versorgen, aber gleichzeitig Druck auf Geldgeber ausüben, in Afrika nicht mehr in fossile Energie zu investieren. So würde dem energiearmen Kontinent die Chance genommen, der Armut zu entkommen.
Osinbajos Argumentation zeigt, wie wenig Glaubwürdigkeit die deutsche Klimapolitik noch hat. Sie macht aber auch deutlich: Die Welt ist komplizierter, als sie in unseren Klimadebatten manchmal scheint. Und aus diesem Grund wird wohl auch die nächste COP nicht die große Erlösung bringen.
Wir hoffen trotzdem weiter.
Tim Albrecht