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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Neue Daten

Mobilität während Corona

Neue Zahlen der MOBICOR-Studie zeigen: Die Pandemie wirkt sich unterschiedlich auf das Mobilitätsverhalten von Frauen und Männern aus.

Die Pandemie verändert unser Mobilitätsverhalten. Wie genau, untersucht die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Auftrag gegebene MOBICOR-Studie. Erste Auswertungen der Daten hatten für das Frühjahr einen Fußverkehrsboom diagnostiziert: Im Mai 2020 legten die Menschen 27 Prozent ihrer Wege zu Fuß zurück, während es im Vergleichszeitraum 2017 nur 19 Prozent gewesen waren. Im letzten Ergebnisbericht vom Dezember warnten die Verfasser*innen der Studie, der öffentliche Verkehr könne dauerhaft Kunden an den Rad- und Autoverkehr verlieren.

Auf Anfrage des fairkehr-Magazins haben das Sozialforschungsinstitut infas und das Wissenschaftszentrum Berlin, die die Studie gemeinsam betreuen, nun erstmals untersucht, ob die Pandemie unterschiedliche Auswirkungen auf die Alltagsmobilität von Frauen und Männern hat. Das vorläufige Ergebnis: Ja, sie tut es, vor allem in der Gruppe der Berufstätigen. So haben Männer im Untersuchungszeitraum Oktober und November ihre Mobilität deutlicher reduziert als Frauen: Sie verließen seltener das Haus, waren kürzer unterwegs und legten kürzere Strecken zurück als vor der Pandemie. Am stärksten schränkten sich Männer bei den Freizeitwegen ein.

Die Mobilitätsmuster berufstätiger Frauen blieben stabiler. Im Vergleich mit den Männern fallen aber zwei Kennzahlen ins Auge: Zum einen reduzierten Frauen am stärksten den Anteil ihrer beruflichen Wege; dafür legten sie längere Versorgungswege zurück. Das heißt: Sie nahmen weitere Wege für Einkäufe und Erledigungen auf sich als vor der Pandemie.Zusammengenommen könnten diese Zahlen dafür sprechen, dass sich klassische Geschlech­terrollen durch Corona verstärken: Frauen schränken ihre berufliche Mobilität stärker
ein und übernehmen dafür noch mehr als vorher Versorgungsaufgaben für Haushalt und Kinder.

Ein weiterer Trend zeigt sich bei den Fahrten mit dem öffentlichen Verkehr: Bereits vor der Pandemie nutzten Frauen den ÖV öfter als Männer. Diese Diskrepanz hat sich verschärft, sodass Frauen im Oktober und November doppelt so viele Wege mit Bus, Bahn und Straßenbahn zurücklegten als Männer. Das bedeutet womöglich, dass Frauen ein höheres Ansteckungsrisiko als Männer eingehen, um ihren Alltag und den ihrer Familien auch in Coronazeiten zu bestreiten.

Tim Albrecht

fairkehr 5/2023