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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

VCD aktiv 5/2020

VCD-Aktivenwettbewerb

Mobilität all inclusiv(e)

Der VCD Bad Kreuznach engagiert sich für Barrierefreiheit und Mobilität für alle. Dafür hat er einen Preis gewonnen.

Bunter Protest: Die Aktiven fordern einen barrierefreien Übergang über die Hauptverkehrsstraße in Bad Kreuznach – zum Beispiel einen Zebrastreifen.

Ein Zebra schlendert über eine Hauptverkehrsstraße in Bad Kreuznach. Männer und Frauen mit bunten Regenschirmen, Rollstuhlfahrerinnen und Fahrradfahrer begleiten das Tier. Autofahrer bremsen ab, halten an, das Zebra baut sich vor ihnen auf, wackelt kurz mit dem Hinterteil, lässt die Menschen die Straße überqueren und geht weiter.

Das genähte Zebrakostüm, unter dem zwei Greenpeace-Aktive stecken, ist Teil der Demonstration „Mobilität all inklusiv(e)“ . Initiiert haben die Kundgebung im Mai 2019 der VCD Bad Kreuznach und das Zentrum für Selbstbestimmtes Leben (ZSL), unterstützt von Greenpeace und vom Projekt „Bad Kreuznach hürdenlos“. Die Aktiven fordern: Menschen im Rollstuhl, auf dem Fahrrad, mit Kinderwagen, zu Fuß, mit Gehhilfen oder ohne – alle sollen sich bequem und sicher in der Stadt bewegen können. Konkret wollen sie Tempo 30 auf der zum Teil vierspurigen Wilhelmstraße und einen Zebrastreifen an der Kreuzung, auf der sie demonstrieren. Zurzeit gibt es dort nur eine Unterführung. Für Fußgänger ist sie ein Umweg. „Ein Zebrastreifen oder wenigstens eine Ampel würde verhindern, dass Fußgänger jedes Mal wie Hasen über die Straße rennen, wenn die Autos eine Lücke lassen“, sagt Pia Hilgert vom VCD Bad Kreuznach, die die Demo mit organisiert hat. Menschen im Handrollstuhl können die Unterführung gar nicht nutzen, sie ist zu steil. Dabei trennt die Wilhelmstraße hier die Fußgängerzone von einem Viertel, in dem ein Krankenhaus steht.

Den Zeitpunkt der Kundgebung, wenige Tage vor den Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz, wählten die Aktiven bewusst. „Unsere Hoffnung war, dass sich in der Politik etwas tut“, sagt Hilgert. Doch lange Zeit passierte nichts. Obwohl es ein Gespräch im Landesverkehrsministerium gab: Oberbürgermeisterin, Stadtbauamt, der Landesbetrieb Mobilität Bad Kreuznach, ADFC, Greenpeace und VCD nahmen teil.

Lebensraum für Menschen

Pia Hilgert kritisiert die zersplitterten Zuständigkeiten der Mobilitätsplanung in der 80 000-Einwohner-Stadt. Die Wilhelmstraße ist eine Bundesstraße, für die der Landesbetrieb Mobilität (LBM) zuständig ist, eine Behörde des Verkehrsministeriums. „Der LBM war bisher gegen eine oberirdische Straßenquerung, um, wie sie sagen, den Verkehrsfluss nicht zu behindern“, sagt Hilgert. „Der LBM sieht nicht, dass eine Stadt kein Durchgangskorridor für Autos ist, sondern Lebensraum für Menschen.“

Nun immerhin scheint sich etwas zu bewegen. Die Stadt will Tempo 30 auf der Wilhelmstraße und einen Zebrastreifen. Der LBM sieht eine zu hohe Verkehrsbelastung und prüft deshalb, wie sich eine Fußgängersignalanlage – das heißt eine Drückampel – auf den Verkehr auswirken würde. Für seinen Einsatz gewann der VCD Bad Kreuznach den Sonderpreis Diversität im VCD-Aktivenwettbewerb.

Kirsten Lange 

fairkehr 5/2020