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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Service 5/2020

Elektroautos, Hybride, Erdgas- oder Wasserstoff-Pkw

Alternative Antriebe

Elektro-, Hybrid-, Erdgas- oder Brennstoffzellen-Pkw? Was ist die beste Alternative zu Benzinern und Dieseln auf dem Automarkt?

Das Laden von Elektroautos ist oft günstiger als das Tanken von Benzinern und Dieseln.

Um die Verkehrswende zu schaffen, das Klima zu schützen und unsere Städte lebenswerter zu machen, brauchen wir mehr als nur eine Antriebswende bei Autos, Lkw und Co. Doch auch in Zukunft werden nicht alle Menschen in der Lage sein, ihre Wege mit Fahrrad, Bus und Bahn zurückzulegen. Das Auto wird ein Teil unserer Mobilität bleiben. Der restliche Pkw-Verkehr muss klimaneutral werden. Das Elektroauto bringt uns diesem Ziel am nächsten. Der VCD erklärt in seinem neuen „Faktencheck: Antriebe und alternative Kraftstoffe“, warum das so ist und welche Antriebe sich für wen eignen. fairkehr hat die wichtigsten Aussagen zusammengefasst.

Elektroautos

Das Elektroauto stößt beim Fahren keine Abgase aus und verdreckt die Luft in unseren Städten nicht. Wird es mit Ökostrom betankt, ist es CO2-neutral unterwegs. Allerdings ist die Produktion der Batterien energieaufwendig und ressourcenintensiv, weshalb das E-Auto mit einem ökologischen Rucksack ins Rennen geht. Aber bei kleineren E-Autos, die keinen großen Akku brauchen und regelmäßig, etwa von Pendler*innen, gefahren werden, ist dieser Nachteil schnell ausgeglichen. Je größer der Ökostromanteil beim Herstellen und Laden der Akkus ist, desto größer ist der Vorsprung von E-Pkw vor Verbrennern.

Elektroautos etablieren sich derzeit auf dem Markt. Dieses Jahr machen sie dank größerer Auswahl und der coronabedingt erhöhten Kaufprämie fünf Prozent der Neuzulassungen aus. Modelle mit einem Listenpreis von unter 40 000 Euro fördern Staat und Hersteller anteilig mit 9 000 Euro. Dadurch sind viele Fahrzeuge für unter 20 000 Euro zu haben. Auch im Unterhalt sind Elektroautos günstiger als Verbrenner. Sie haben weniger Verschleißteile und müssen seltener in die Werkstatt. Zudem sind sie ab dem Tag der Erstzulassung für zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit und bei der Dienstwagenregelung steuerlich begünstigt. Das Laden von Elektroautos ist oft billiger als das Tanken von Benzinern und Dieseln, etwa wenn man den Strom aus der Steckdose zu Hause oder aus einer kostenlosen Ladesäule auf dem Supermarktparkplatz zieht.

Die Reichweite von E-Autos beträgt zwischen 100 und 450 Kilometern. Für die meisten Wege reicht das aus. Denn zwei Drittel der Pkw-Fahrten im Alltag sind kürzer als zehn Kilometer. Aktuell gibt es über 28 000 öffentliche Ladepunkte in Deutschland. Damit könnten rechnerisch fast eine halbe Million Elektroautos geladen werden. Das Stromnetz bringen die Elektroautos hierzulande nicht zum Zusammenbruch. Selbst zehn Millionen E-Pkw auf unseren Straßen würden den Strombedarf laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft um nur vier Prozent erhöhen.

Plug-in-Hybride

Mit der Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor sowie Tank und extern aufladbarer Batterie versprechen die Hersteller, die Vorteile von Verbrenner und E-Auto zu kombinieren: elek­trisches Fahren auf kurzen Strecken bis zu 50 Kilometer und mit Sprit eine hohe Reichweite für lange Touren, wie die Fahrt in den Urlaub oder Dienstreisen. Die niedrigen Verbrauchswerte, die die Hersteller angeben, entpuppen sich in der Realität als Mogelpackung. Laut einer gemeinsamen Analyse des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung sowie der gemeinnützigen Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation fallen der Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen von Plug-in-Hybriden von privaten Haltern durchschnittlich mehr als doppelt so hoch aus als in offiziellen Tests, bei Dienstwagen sogar viermal so hoch. Ist der Akku leer, werden Plug-in-Hybride nicht zuletzt wegen des erhöhten Gewichts durch den Doppelantrieb und weil es sich oft um große Fahrzeuge handelt, zu echten Spritfressern. Empfehlenswert sind Plug-in-Hybride nur, wenn sie im Verbrennerbetrieb sparsam sind und zu mindestens 70 Prozent elektrisch gefahren werden.

Für Plug-in-Hybride gibt es derzeit eine Förderung von 6 750 Euro und eine vergünstigte Dienstwagenregelung. Durch die Klimabilanz der Fahrzeuge ist das nicht gerechtfertigt.

Benzin-Hybride

Toyota brachte vor über 20 Jahren mit dem Prius die Hybridtechnologie auf den Markt. Weltweit wurde er mehr als eine Million Mal verkauft. Benzin-Hybride verfügen über Benzinmotor und Tank sowie Elektromotoren und einen kleine Akku. Dieser wird nicht an der Steckdose geladen, sondern durch einen Generator während der Fahrt und durch die Rückgewinnung von Bremsenergie. Ein automatisches Energiemanagementsystem legt fest, welche Motoren zum Einsatz kommen. Benzin-Hybride sind vor allem im Stadtverkehr sehr sparsam und stoßen weniger Schadstoffe als reine Verbrenner aus. Auf der Autobahn sind ihre Vorteile geringer. Sie sind eine Brückentechnologie, da sie nicht CO2-neutral fahren und zum Erreichen langfristiger Klimaziele nicht ausreichen.

Geteilte E-Autos sind ein wichtiger Bestandteil der Verkehrswende.

Erdgasfahrzeuge sind schon lange etabliert. Ein wichtiges Argument für Erdgas: Es verbrennt deutlich sauberer als Diesel oder Benzin. Inzwischen hat aber die Abgasgesetzgebung auch Benziner und Diesel sauberer gemacht. Bleibt noch der CO2-Vorteil: Gegenüber einem vergleichbaren Benziner ist der CO2-Ausstoß bis zu 25 Prozent geringer, gegenüber einem Diesel immer noch bis zu zehn Prozent. Das gilt aber nur für die direkten Emissionen. Neuere Erkenntnisse zeigen, dass die Methan­emissionen bei der Erdgasförderung und beim Transport den CO2-Vorteil stark verringern. Erdgasfahrzeuge haben es in Deutschland nie aus ihrer Nische heraus geschafft. VW, größter Erdgasfahrzeuganbieter, hat angekündigt, aus der Produktion auszusteigen. Da auch Erdgas ein endlicher, fossiler Kraftstoff ist, haben Erdgasfahrzeuge keine Zukunft.

Wasserstoff und Brennstoffzelle

Auch Brennstoffzellenfahrzeuge fahren emissionsfrei. Aus dem Auspuff kommt Wasserdampf. Der benötigte Wasserstoff wird derzeit überwiegend aus Erdgas hergestellt. Dabei entsteht CO2, wodurch die Klimabilanz nicht besser ist als bei einem Verbrenner. Klimaschonend ist die Wasserstoff-Elektrolyse nur mit erneuerbarem Strom. Der Prozess ist aber sehr energieaufwendig. Mit der gleichen Menge Strom, die zur Herstellung des Wasserstoffs benötigt wird, fährt ein E-Auto

2,5-mal so weit wie ein Brennstoffzellenfahrzeug. Tanken kann man Wasserstoff derzeit an rund 80 Tankstellen und es sind bislang nur zwei teure Modelle von Hyundai und Toyota erhältlich.

E-Fuels

Synthetische Kraftstoffe, auch E-Fuels genannt, sind momentan der Hoffnungsträger der Industrie, weil sie in aktuellen Verbrennungsmotoren eingesetzt werden können. E-Fuels basieren auf Wasserstoff. Zusätzlich zur Wasserstoff-Elektrolyse kommt noch ein weiterer Umwandlungsschritt hinzu. Mittels CO2 aus der Luft wird der Wasserstoff zu flüssigen oder gasförmigen Kraftstoffen aufbereitet. Inklusive Kraftstoffproduktion benötigen Autos, die mit E-Fuels fahren, sechsmal mehr Energie pro Kilometer als E-Pkw. Die erforderliche Menge erneuerbaren Stroms steht weder in Deutschland zur Verfügung noch gibt es ausreichende Produktionsanlagen im Sonnengürtel der Erde. E-Fuels wären an der Tankstelle deutlich teurer als herkömmlicher Kraftstoff. Sie sind bis auf Weiteres keine Alternative im Straßenverkehr.

Biokraftstoffe

Schon seit Jahren werden Benzin und Diesel Biokraftstoffe beigemischt. Zum Einsatz kommen dabei aktuell fast ausschließlich Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse wie Raps, Soja, Palmöl oder Zuckerrüben. Beim Verbrennen geben Biokraftstoffe zwar nur so viel CO2 ab, wie die Pflanzen zuvor beim Wachsen gebunden haben. Allerdings verschlechtert die veränderte Landnutzung durch den Anbau von Pflanzen für die Biosprit-Herstellung die Klimabilanz erheblich. Bei Brandrodungen von Regenwäldern für das Anlegen von Palmölplantagen werden riesige Mengen CO2 in die Atmosphäre geblasen und intakte Natur zerstört. Der Einsatz von Biokraftstoffen auf Palmölbasis ist völlig absurd. Satte 60 Prozent des Palmöls, das in die EU importiert wird, wird in Pkw-Motoren verbrannt. Die EU will ab 2030 nur noch Biokraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen fördern. Der Ausstieg aus der Anbauförderung kommt viel zu spät. Das Mengenpotenzial für Biokraftstoffe aus Abfällen ist begrenzt. Biokraftstoffe gehören nicht in den Tank.

E-Auto beste Wahl

Beim Vergleich aller Antriebstechniken ist das Elektroauto mit Akku aus Umwelt- und Verbrauchersicht die beste Wahl. Für den Einsatz in Flotten und im Stadtverkehr sind sie schon heute preislich und umweltseitig überlegen. Die Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor macht derzeit nur bei Voll-Hybriden ohne externe Aufladung Sinn. Plug-in-Hybride sind eine Mogelpackung, da sie zu selten elektrisch gefahren werden und im Verbrennermodus ineffizient sind. Erdgas ist nur noch übergangsweise für Vielfahrer eine Option, Biokraftstoffe sind nach wie vor nicht bio. Wasserstoff, Brennstoffzelle und E-Fuels sind Zukunftsmusik.

Benjamin Kühne 

Das fordert der VCD

  1. Da der direkte Stromeinsatz am effizientesten ist, sollten sich Politik und Industrie vorrangig auf batterieelektrische Antriebe konzentrieren. Die Hersteller müssen alltagstaugliche und sparsame Modelle anbieten. Gleichzeitig muss die Ladeinfrastruktur zielgerichtet ausgebaut werden.
  2. Rohstoffe für die Akkus von E-Autos, wie Lithium und Kobalt, müssen unter fairen und umweltschonenden Bedingungen abgebaut werden. Zudem muss ein möglichst großer Ressourcenanteil durch Recycling gewonnen werden. Dafür müssen Politik und Industrie Kontrollmechanismen schaffen.
  3. Die Hersteller müssen Wasserstoff und E-Fuels unter nachhaltigen Bedingungen und ausschließlich mit zusätzlich erzeugtem erneuerbaren Strom produzieren. Aufgrund des hohen Energiebedarfs kommt der Einsatz im Verkehr nur in Bereichen in Frage, die nicht direkt elektrifiziert werden können, etwa im Flug- und Schiffsverkehr.
  4. Der Einsatz von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse muss beendet werden. Biokraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen sind keine Option, da die verfügbaren Mengen begrenzt sind.

Herkunft der Rohstoffe

Für die Herstellung von Akkus für E-Autos und Hybride, aber auch Smartphone- und Laptopakkus werden Rohstoffe wie Kobalt und Lithium benötigt. Diese werden zum Teil unter menschenunwürdigen oder umweltschädlichen Bedingungen abgebaut. Das kommt beispielsweise im Kongo vor. Ein Fünftel des dort geförderten Kobalts stammt aus illegalen Minen und landet über chinesische Zwischenhändler in Industrieprodukten in aller Welt. Das muss ein Ende haben. Als Argument gegen batterieelektrische Antriebe für Pkw dürfen diese Praktiken aber nicht dienen. Stattdessen muss die Industrie mit transparenten Lieferketten verhindern, dass in unseren Wirtschaftskreislauf Produkte gelangen, die unter menschenrechtlich fragwürdigen oder umweltschädlichen Bedingungen hergestellt wurden.

Keine konkreten Kaufempfehlungen

Über Jahrzehnte hat der VCD in der Auto-Umweltliste konkrete Kaufempfehlungen für Autos gegeben, die der Umwelt, dem Klima und der Gesundheit der Menschen möglichst wenig schaden. Dies ist mittlerweile überholt. Der VCD setzt neue Schwerpunkte in der politischen Arbeit. Die VCD Auto-Umweltliste in der gewohnten Form wird es nicht mehr geben. Für eine nachhaltige Verkehrswende müssen wir die Zahl der Pkw deutlich verringern und Alternativen zum privaten Pkw schaffen, statt Benziner und Diesel eins zu eins durch E-Autos zu ersetzen.

Der VCD setzt sich dafür ein, dass sich die Rahmenbedingungen ändern, damit alle Menschen die Freiheit haben, ohne eigenes Auto gut mobil sein zu können. Konkret heißt das: bessere Bus- und Bahnverbindungen, sichere und komfortable Fuß- und Radwegnetze, weniger Parkplätze, mehr Platz für Menschen und eine Verkehrspolitik, die die Menschen auf dem Land nicht vergisst. Damit auch außerhalb der Städte niemand mehr sagen muss: „Hier geht es ohne Auto nicht.“

Auch in Zukunft wird es Autos geben: beispielsweise in den Carsharing- und Ride­pooling-Flotten, in Firmenfuhrparks und bei Verkehrsunternehmen. Hier wird der VCD seine Expertise einbringen. Wir wollen den Wandel vom Verbrennungsmotor hin zu emissionsfreier Elektromobilität beschleunigen.