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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Politik 5/2020

Dannenröder Forst

Keine neuen Autobahnen

Mit dem vom VCD geforderten Bundesmobilitätsgesetz wäre es nicht so weit gekommen: Für den ganz und gar nicht zukunftsfähigen Bau der A­ 49 soll der Dannenröder Forst gerodet werden.

Im Maulbacher Wald haben die Rodungsarbeiten für den Bau der A 49 bereits begonnen.

Die A 49 in Hessen stammt aus der Steinzeit der deutschen Autobahnplanung. In den 1960er Jahren von Kassel aus begonnen, endet sie nicht am Ziel in Gießen, sondern im ländlichen Nirgendwo. Für den verspäteten Weiterbau will die Bundesregierung jetzt eine Schneise von 27 Hektar in den Dannenröder Forst, einen 250 Jahre alten Misch­wald, schlagen. Das macht den „Danni“ zum Symbol des Kampfes für die Verkehrswende und zeigt die Schwächen einer Verkehrsplanung, die sich einseitig der Automobilität verschrieben hat.

Für den Weg von Kassel nach Gießen gibt es bereits eine Bahnverbindung und zwei Strecken für Autos und Lastwagen: eine direkte über die B 3 und eine mit 20 Kilometern Umweg über die A 7 und A 5. Unnötig also, die Landschaft für eine dritte Straße zu zerschneiden – zumal Bürgerinitiativen die direkte Trasse nach Gießen bereits verhindert haben. Mit der neuen Wegführung durch den „Danni“ und ein Trinkwasserschutzgebiet nach Gmünden (Felda) an der A 5 ist die Reisezeitverkürzung gering.

Die Befürworter der A 49, angeführt von Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), erwarten eine Entlastung der geplagten Ortschaften an der B 3, durch die bis zu 1 000 Lkws am Tag fahren. Außerdem versprechen sie sich einen wirtschaftlichen Aufschwung der Region. Heiko Nickel, politischer Geschäftsführer beim VCD Hessen, hält dagegen: „Um die Orte an der B 3 vom Verkehr zu entlasten, reichen Umgehungsstraßen. Und die Idee, durch den Bau einer Autobahn Aufschwung in eine dünn besiedelte, strukturschwache Region bringen zu wollen, ist völlig absurd. Deutschland kann, wenn die Bundesregierung weiter so vorgeht, seine Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen niemals einhalten.“

Gerichtlich ist die A 49 nicht mehr zu stoppen. Bundesgerichte haben bestätigt, dass die Planungen formal korrekt abgelaufen sind, und alle Klagen abgewiesen. Nur ein unwahrscheinliches Umdenken im Bundesverkehrsministerium könnte den Autobahnbau noch stoppen.

Klimaschutz mitdenken

Der VCD-Bundesverband fordert, dass das Autobahnnetz in Deutschland nicht weiter ausgebaut wird. „Beim Überprüfen der Bedarfspläne für Bun­des­fernstraßen nächstes Jahr müssen alle Projekte auf den Prüfstand gestellt und die Klimaauswirkungen analysiert werden“, fordert Michael Müller-Görnert, Verkehrspolitischer Sprecher des VCD.

Die Grünen stecken wegen der A 49 in einem Dilemma. Im Bund hat die Partei die VCD-Forderung nach einem generellen Moratorium des Autobahnausbaus übernommen. Auf Landesebene allerdings hatten die Grünen im Koalitionsvertrag mit der CDU dem Weiterbau der A 49 zugestimmt.

Zurzeit halten Aktivist*innen den Dannenröder Forst mit Protestcamps besetzt. Sie wollen die Zerstörung des Waldes noch verhindern. In den Nachbarwäldern hat die Polizei Camps geräumt und die Rodungsarbeiten haben begonnen. Die eigentliche Konfrontation im Dannenröder Forst steht noch bevor. „Der Protest muss friedlich bleiben. Gewalt von Einzelpersonen gegen Polizist*innen oder Unbeteiligte würde der Sache sehr schaden“, sagt VCD-Mann Nickel, der selbst mehrfach vor Ort war.

Um Fehlplanungen in Zukunft zu verhindern, fordert der VCD ein Bundesmobilitätsgesetz und setzt sich dafür ein, dass ein Entwurf in die Koalitionsver­handlungen der neuen Bundesregierung nach den Wahlen im Herbst 2021 aufgenommen wird. Es soll Klima- und Umweltschutz, Verkehrssicherheit, Gesundheit der Bürger*innen und gleichberechtigte Teilhabe aller am Verkehr als übergeordnete Ziele der Verkehrspolitik festlegen. Ein solches Gesetz hätte der A 49 einen Riegel vorgeschoben.

Benjamin Kühne 

fairkehr 5/2020