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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Kommentar zum Konjunkturpaket

Das Richtige fördern

Gut fürs Klima: Das Konjunkturpaket des Bundes enthält eine Kaufprämie für E-Autos. Für reine Verbrenner gibt es kein Geld. Aber warum sollte man die Autoindustrie überhaupt fördern?

Für das Klima ist die Kaufprämie für E-Autos gut. Rein wirtschaftlich haben andere
Branchen das Geld aber nötiger als die Autoindustrie.

Die Bundesregierung hat entschieden: Im Rahmen ihres Corona-Konjunkturpaketes wird sie die Kaufprämie für Elek­troautos von 3 000 auf 6 000 Euro und für Plug-in-Hybride von 2 250 auf 4 500 Euro verdoppeln. Dazu kommen noch Rabatte der Hersteller. Eine Absatzförderung für reine Verbrenner gibt es nicht. Das ist ein großer Erfolg für den Klimaschutz. Wirtschaftspolitisch ist die Förderung aber nicht gerechtfertigt.

Ein breites Bündnis aus VCD, weiteren Umweltverbänden, SPD-Parteiführung und sogar der Mittelstandsvereinigung der CDU hat sich gegen eine Verkaufsprämie für alle Autos eingesetzt. Mit Erfolg. Die Autolobby und die ihr apportierenden Ministerpräsidenten Baden-Württembergs, Bayerns und Niedersachsens, Kretschmann, Söder und Weil, sind vorerst besiegt. Ein Super-GAU für das Klima? Verhindert!

Zum Schaden anderer Branchen

Alles gut also? Mitnichten. Denn gerade bei den Plug-in-Hybriden handelt es sich oft um große, schwere Dienstwagen, die die Unternehmen kaufen, um Steuern zu sparen. Gefahren werden sie dann meist im Verbrennermodus und eben nicht elektrisch. Das schont das Klima nicht.
Aus wirtschaftspolitischer Sicht stellt sich die Frage, warum die Bundesregierung die Autoindustrie überhaupt fördert. BMW, Daimler und VW haben in den letzten zehn Jahren zusammen etwa 300 Milliarden Euro operative Gewinne erwirtschaftet. Der Volkswagen-Konzern ist finanziell so potent, dass er im Dieselskandal zweistellige Milliardenstrafen locker wegstecken konnte. Autoanalyst Frank Schwope von der NordLB sagte dem NDR, dass sich in China der Automarkt bereits ohne Staats­prämie erholt habe und dass er das Gleiche für Deutschland erwarte. Zumal eine Kaufprämie für Autos anderen Branchen sogar schaden kann. „Das Plus der Automobilindustrie kann ganz schnell zum Minus anderer Industrien werden. Konjunkturell ist das ein Nullsummenspiel. Und eigentlich wird die Konjunktur durch die Verkaufsprämie gar nicht so sehr angekurbelt: Es gibt zwar mehr Autos, die verkauft werden, aber weniger Schrankwände“, sagte Felix Rösel, Experte am Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo, dem ARD-Hauptstadtstudio.

Auch den öffentlichen Verkehr unterstützt der Staat durch das Konjunkturpaket. Der Bund erhöht das Eigenkapital der Deutschen Bahn um fünf Milliarden Euro und die Regionalisierungsmittel für den öffentlichen Personennahverkehr um 2,5 Milliarden Euro. Weitere Gelder für den ÖPNV fordert der VCD von den Ländern. Busse und Bahnen sind in der Corona-Krise trotz existenzbedrohender finanzieller Verluste weitergefahren und haben die Menschen, die auf sie angewiesen sind, zuverlässig zur Arbeit, zum Supermarkt oder zum Arzt gebracht. Zudem kommt dem öffentlichen Verkehr langfristig große Bedeutung bei Klimaschutz und Verkehrswende zu. Im Rettungsschirm für Busse und Bahnen sind staatliche Gelder gut angelegt.

Eine Absatzförderung für die reiche Autoindustrie – selbst für Elektroautos – ist hingegen nicht gerechtfertigt. Das gilt besonders in der Corona-Krise, in der viele Betriebe ums Überleben kämpfen.

Benjamin Kühne

fairkehr 3/2020