Reise 3/2020
Stadtsafari mit der Familie
Sommer in der Stadt
Die Sommerferien werden in diesem Jahr für die meisten von uns ganz anders ablaufen als in anderen Jahren. Höchste Zeit, die Welt vor der eigenen Haustür mit neuen Augen zu entdecken.
Sommerferienzeit ist Reisezeit – normalerweise. Dieses Jahr aber ist alles anders. Der Versuch, die Corona-Pandemie einzudämmen, hat das Leben auf der ganzen Welt verändert. Eine der Folgen: geschlossene Hotels und geschlossene Grenzen. Selbst innerhalb des Schengenraums führten Nachbarländer Grenzkontrollen wieder ein. Und auch, wenn Grenzen und Hotels langsam wieder öffnen, sind wir von einer Normalität im Tourismus noch weit entfernt.
Sommerferienzeit ist Reisezeit, aber in diesem Jahr nur für die wenigsten. Für Hotels und andere Unterkünfte gelten strenge Hygieneauflagen, die Kapazitäten sind begrenzt, viele Ziele im Ausland nach wie vor nicht erreichbar. Was also tun, wenn man nicht zu den Glücklichen gehört, die eine Ferienwohnung am Ostseestrand mieten konnten? Oder man vielleicht aus Infektionsschutzgründen gar nicht in den Urlaub fahren will?
In den letzten Wochen und Monaten haben viele von uns sehr viel Zeit zu Hause verbracht. Sind täglich die immer gleichen Wege aus dem Schlafzimmer in die Küche und aus der Haustür zum Supermarkt gelaufen. Haben täglich aus den gleichen Fenstern auf die gleiche Umgebung geblickt. Sind auf unseren Wegen durch die immer gleichen Straßen gelaufen. Das schöne Wetter zieht uns nach draußen, doch meinen wir, dort schon alles gesehen zu haben.
Dass das nicht stimmt, zeigen die Autorinnen Lisa Rienermann und Anke Leitzgen in ihrem Buch „Entdecke deine Stadt – Stadtsafari für Kinder“. In sieben Kapiteln nehmen sie die Leser*innen mit auf eine spannende Entdeckungstour durch die Stadt. Egal, ob Groß- oder Kleinstadt, Hochhaus oder Doppelhaushälfte: Die Tipps und Anregungen der Autorinnen lassen sich überall umsetzen. Für die meisten braucht man nur Stift und Papier, eine Kamera oder einen Stadtplan. fairkehr stellt ein paar Ideen vor, wie Kinder und Erwachsene die Welt vor ihrer Haustür ganz neu entdecken können.
Das Ideenbuch
Wer sich aufmacht, seine Stadt aus neuen Perspektiven zu entdecken, wird dabei viel Neues lernen. Lisa Rienermann und Anke Leitzgen schlagen deshalb vor, ein Ideenbuch anzulegen und darin deine Stadtexpeditionen festzuhalten. Am schönsten ist ein selbstgebasteltes Heft. Dazu einfach mehrere Blatt Papier übereinanderstapeln und an der Mittellinie zusammennähen.
Im Ideenbuch können die unterschiedlichsten Sachen zusammenkommen. Du kannst Fotos und Fundstücke einkleben oder Skizzen und Bilder zeichnen. Wer unterwegs Papier und Stift dabei hat, kann unterschiedliche Oberflächen der Stadt, zum Beispiel Hausfassaden oder Straßenbeläge, durchpausen und zu einer Collage zusammenfügen. Die Route deiner Stadtsafari kannst du auf einem kleinen Stadtplan einzeichnen. Wer will, markiert besondere Orte. Wo ist es schön, wo eher nicht? Und warum? Kleine und große Stadtentdecker können hier ihre Gedanken und Gefühle während ihrer Entdeckungstouren festhalten und sich immer wieder die Frage stellen: Was gefällt mir an meiner Stadt und was würde ich ändern wollen?
So entsteht über den Sommer ein Stadt-Tagebuch, voll mit Erinnerungen, aber auch mit Anregungen für die Zukunft. Denn wer sich intensiv mit seiner Stadt beschäftigt, findet auch heraus, in was für einer Stadt er oder sie gerne leben würde.
Sachen suchen
„Jeder kann ein Sachensucher sein“, wusste schon Pippi Langstrumpf. Die Kunst beim Sachensuchen ist nicht das Finden an sich. Auf unseren Straßen und Wegen liegen oft viel zu viele Dinge, die eigentlich im Mülleimer liegen sollten. Die Kunst beim Sachensuchen besteht deshalb darin, in all dem Müll schöne oder brauchbare Dinge zu finden. Besonders spannend wird die Suche, wenn man sich ein bestimmtes Motto aussucht: Nur runde Dinge sammeln, zum Beispiel. Oder nur solche aus Metall oder nur gestreifte und so weiter.
Auch beim Sachensuchen ist es am schönsten, wenn du dir Freunde oder Familie mit ins Boot holst. Jede*r sucht sich ein Motto aus und am Ende der Sommerferien gibt es eine große Fundstück-Ausstellung. Wer mag, malt zu jedem Fundstück eine kleine Infotafel: Wo und wann wurde es gefunden? Gibt es eine Geschichte dazu? Die Fundorte können auch auf einem gemeinsamen Stadtplan eingetragen werden. So entsteht eine Straßenkarte der besonderen Art.
Die Stadt hat viele Gesichter
„Finde die Gesichter deiner Stadt“ – das meinen die Autorinnen von „Entdecke deine Stadt“ ganz wörtlich. Wenn wir im Alltag unterwegs sind, sehen wir Fenster, Mauervorsprünge, Balkone, Türen, eine Vielzahl einzelner Dinge. Zusammen bilden diese einzelnen Dinge nicht nur langweilige Gebäude, sondern manchmal auch Formen, die uns auf unseren täglichen Wegen sonst nicht auffallen. Gesichter zum Beispiel. Da werden Fenster plötzlich zu Augen, ein Mauervorsprung zu einer Nase, eine Tür zu einem Mund. Wer sich aufmacht, diese Gesichter zu entdecken, wird feststellen: Sie sind genauso vielfältig wie die Gesichter der Menschen dieser Stadt und drücken viele unterschiedliche Gefühle aus.
Am besten entdeckst du Stadtgesichter im Rahmen einer Foto-Safari. Kamera einpacken, Freunde oder Familie mitnehmen und gemeinsam auf Entdeckungstour gehen. Wer findet die meisten Stadtgesichter, wer die meisten Emotionen? Die schönsten Fotos kommen am Ende natürlich ins Ideenbuch.
Übrigens: Es gibt noch viele andere Motive, die sich für eine Foto-Safari eignen. Orte, an denen sich Unkraut durch Risse und Spalten im Asphalt drängt, zum Beispiel, oder besondere Hausnummern. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Durch die Suche nach den kleinen, besonderen Details, die in die Fotoreihe passen, lernst du deine Stadt auf besonders intensive Weise kennen.
Katharina Baum
Das Buch „Entdecke deine Stadt – Stadtsafari für Kinder“ ist 2017 im Verlag Beltz und Gelberg erschienen und kostet 16,95 Euro. Die beiden Autorinnen, Lisa Rienermann und Anke M. Leitzgen, geben darin nicht nur viele Anregungen zum Entdecken der Stadt, sondern laden die Kinder auch dazu ein, sich zu überlegen, in was für einer Stadt sie leben wollen. In spannenden Hintergrundtexten und Interviews mit vielen Fotos erklären sie Themen wie Stadtplanung und berichten zum Beispiel über essbare Städte.