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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

VCD aktiv 2/2020

VCD Darmstadt-Dieburg

„Radfahren ist politisch“

Sabine Crook, Vorsitzende des VCD Darmstadt-Dieburg, hat den Radverkehr in ihrer Heimatstadt sicherer gemacht.

Sabine Crook, hier vor der Frankfurter Skyline, mag pinkfarbene Fahrräder und will
autofreie Wohngebiete.

Sie hat kein Auto, dafür fünf Fahrräder, alle sind pink. Sabine Crooks Liebling: das Lastenfahrrad, mit dem sie täglich durch Darmstadt düst. Darmstadt sei eine Autostadt, kritisiert die Vorsitzende des VCD Darmstadt-Dieburg. Dass Radfahrerinnen und Radfahrer dort heute trotzdem besser und sicherer unterwegs sind als vor ein paar Jahren, dazu hat die 51-Jährige beigetragen.

Gemeinsam mit zwei Mitstreitern – einer von ihnen ist auch im VCD-Vorstand aktiv – startete sie vor zwei Jahren den „Radentscheid Darmstadt“: eine Bürger­initiative für sicheres Radfahren in der Stadt. Zwar lehnte die Stadtverwaltung einen Bürgerentscheid als unzulässig ab wegen angeblicher Mängel in der Kostenschätzung. Gleichzeitig jedoch versprach sie ein Förderprogramm: vier Millionen Euro Investitionen pro Jahr in die Radverkehrsinfrastruktur für vier Jahre und vier weitere Stellen für Radverkehrs-planerinnen und -planer.

Sabine Crook ist zufrieden, wie die Stadt die Pläne umsetzt. „Wir schauen der Verwaltung auf die Finger und bohren immer wieder nach“, sagt die VCD-Vorsitzende. „Mit dem Oberbürgermeister und weiteren Ämtern haben wir ein Strategiepapier zur Förderung des Radverkehrs entwickelt, das das Stadt­parlament letztes Jahr beschlossen hat. Wir werden zu Planungsgesprächen eingeladen und stärken mit unserer Öffentlichkeitsarbeit der Stadt den Rücken.“

Die ausgebildete Krankenschwester lernte die Freiheit des Radfahrens erst spät kennen. Neben ihren Nachtschichten im Krankenhaus machte Crook am Abendgymnasium ihr Abitur, studierte Politikwissenschaften und zog ihren heute 28-jährigen Sohn groß. In dieser Zeit hatte sie ein Studierendenticket, mit dem sie Bus und Bahn fuhr. Erst nach ihrem Uni-Abschluss, mit 38 Jahren, begann sie, mehr Rad zu fahren. Ihre Velo-Liebe entflammte dafür umso stärker. Ihr verkehrspolitisches Engagement ebenfalls. Seit 2007 ist Crook in verschiedenen Vereinen und Bürgerinitiativen aktiv, saß ein paar Jahre lang für die Grünen im Stadtrat und ist seit zwei Jahren VCD-Kreisvorsitzende.

Per Rennrad durch Jordanien

Was der früheren Kranken­schwes­­ter, die heute als Wissenschafts­koordi­natorin an der TU Darmstadt arbeitet, ebenfalls wichtig ist: barrierefreies Laufen: „Ich kenne viele Menschen, die im Rollstuhl sitzen oder nicht gut zu Fuß sind. Meine Stadt soll sicher sein für Kinder, für Ältere, für alle!“ Dabei hat Crook vor allem Falschparker im Visier. „Wie pervers ist das eigentlich: Ein kleiner Kerl sitzt in einem Riesending und kurvt durch die Straßen, um einen Parkplatz zu finden. Überall in der Stadt stehen diese großen Autos rum und behindern Radfahrer und Fußgänger.“ Sie fordert vom Ordnungsamt strengere Kontrollen. Und sie sagt: „Verkehrswende geht nur über massive Einschnitte – Tempo 30 in der Innenstadt, Autos komplett raus aus Wohngebieten.“

Mehrmals fuhr Crook mit dem Rennrad durch arabische Länder: Jordanien, Libanon, Sinai. Als radelnde Frau fiel sie auf und knüpfte viele Kontakte. Sabine Crook ist eine Netzwerkerin, und sie ist gern präsent. Bei Twitter kommentiert sie frech-provokativ Gesellschafts- und Verkehrspolitik. Bei Facebook gründete sie eine Rennradgruppe mit mittlerweile 4 000 Mitgliedern: „Rennrad und trotzdem Spaß“. „Da tue ich auch immer mal meine politische Meinung kund“, sagt die VCD-Aktive. Für sie ist Radfahren Politik. „Alles, was ich als Bürgerin tue, wenn ich nicht wie ein armes Schaf durch die Gegend laufe, ist politisch.“

Kirsten Lange 

fairkehr 2/2020