fairkehr VCD-Magazin für Umwelt, Verkehr, Freizeit und Reisen

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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Fahrradleasing

Das All-Inclusive-Rad

In den Niederlanden boomt die Idee schon länger: Fahrradleasing statt eigenes Rad. fairkehr macht den Test.

Den Weg ins Büro radelte fairkehr-Volontärin Katharina Baum in den vergangenen Wochen mit einem Swapfiets – unverkennbar mit seinem blauen Vorderreifen.

„Wo haben Sie denn das Fahrrad her?“, fragt ein neugieriger Passant, als ich an der Ampel zum Stehen komme. Kein Wunder: Ich fahre ein Swapfiets, das mit seinem knallblauen Vorderreifen überall auffällt. Das niederländische Unternehmen Swapfiets verleiht Fahrräder im Abo und hat in Europa bislang 180 000 Kunden, 40 000 davon allein in Amsterdam. In Köln lag die Abonnentenzahl nach sechs Monaten bei fast 3 000. Die Idee: Für die Vertragsdauer geht das Fahrrad in Kundenbesitz über. Sollten Defekte am Fahrrad auftreten, verspricht das Unternehmen, sie innerhalb von 24 Stunden zu beheben. Lässt sich das Rad nicht innerhalb von zehn Minuten reparieren, gibt es direkt ein Neues. Für diesen Service berechnet Swapfiets eine monatliche Gebühr. Das Standard-Rad Deluxe 7, ein Hollandrad mit sieben Gängen, kostet 19,50 Euro monatlich. Aber taugen die Fahrräder auch etwas?

Ich will mein Fiets im neu eröffneten Bonner Laden abholen. Dort werde ich freundlich begrüßt, man ist gleich per Du. Ich schließe den Vertrag ab und bekomme ein schwarzes Fahrrad, das stark an ein Hollandrad erinnert. Der Sattel wird eingestellt, und los geht´s. Die Sitzposition ist für mich erst mal ungewohnt, ebenso die Rücktrittbremse. Ansonsten stimmt der erste Eindruck: Bremsen, Licht und Gangschaltung funktionieren einwandfrei, die Reifen sind prall aufgepumpt.

Ein Fiets für alle Fälle?

Während der nächsten Wochen begleitet mich das Fiets auf meinen Alltagswegen. Am Ziel schließe ich es mit dem typisch holländischen Schloss an, eine Kombination aus Kette und Speichenschloss. Der Schlüssel wandert in meine Tasche, ganz so, als ob es mein eigenes Fahrrad wäre. Sorgen um das Fahrrad mache ich mir nicht. Sollte etwas kaputt gehen, brauche ich ja bloß die Service-Nummer anzurufen.

An einem Montag beginnt mein Sattel zu rutschen. Ich rufe die Service-Hotline an und hänge erst mal zehn Minuten in der Warteschleife. Der nächste freie Termin, der mir angeboten wird, ist am Mittwochabend. 24-Stunden-Service Fehlanzeige? Ich gehe stattdessen beim Laden vorbei, wo mir sofort geholfen wird. Laden-Manager Robin erklärt: „Wir sind erst seit kurzem in Bonn und unser Team ist noch zu klein, um alle Service-Schichten zu besetzen. Das haben wir auch allen Kunden mitgeteilt. Spätestens Ende des Monats werden wir aber den 24-Stunden-Service garantieren.“

Je öfter ich mit dem Fiets unterwegs bin, desto mehr gewöhne ich mich an das Fahrgefühl. Trotzdem sehne ich mich hin und wieder nach meinem eigenen Fahrrad, einem leichten Tourenrad mit 24 Gängen, auf dem ich mich einfach wohler fühle. Für die kurzen Alltagswege, am besten steigungsfrei, ist das Swapfiets gut geeignet; für eine Radtour würde ich es nicht verwenden wollen.
Das Swapfiets als Alternative zum eigenen Rad kann ich mir vor allem für Studenten, Praktikanten oder andere Personen, die nur wenige Monate in einer Stadt verbringen, vorstellen. Als längerfristige Alternative eignet es sich vor allem für Stadtradler, denen das sorgenfreie All-Inclusive-Paket wichtiger ist als ein eigenes Rad.

Katharina Baum

 

Die mit dem blauen Reifen

Gegründet: 2014 in Delft (NL) von Studenten, seit April 2018 in Deutschland
Idee: Für eine monatliche Rate bekommen Kunden ein Fahrrad inkl. Service. Mögliche Schäden werden innerhalb von 24 Stunden behoben.
Preis pro Monat: 16,50 Euro für das einfache Hollandrad, 19,50 Euro für die Deluxe-Version mit sieben Gängen und 75 Euro für das E-Bike. Für Studenten gibt es Rabatt.
www.swapfiets.de

fairkehr 2/2020