fairkehr VCD-Magazin für Umwelt, Verkehr, Freizeit und Reisen

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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Service 1/2020

E-Mobilität

Falträder mit E-Antrieb

Der elektrische Rückenwind schiebt auch Falträder angenehm vorwärts und macht sie noch vielseitiger einsetzbar. Wir stellen drei aktuelle Modelle mit unterschiedlichen Konzepten vor.

Das Tern Vektron eignet sich, um Kinder mitzunehmen und Einkäufe zu transportieren. Gefaltet ist es so groß wie ein Fernreisekoffer und darf mit in den ICE.

Alle reden beim Thema Verkehrswende vom integrierten Verkehr, der intelligenten Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger. Faltradfahrer*innen praktizieren das schon lange. Denn kein anderes Fahrzeug kann man so einfach in Auto, Bus oder Bahn mitnehmen und ist an Startpunkt, Zielort oder beim Umsteigen so mobil.

Die Ansprüche an das Faltrad sind widersprüchlich. Es soll leicht zu tragen und klein zu falten sein, aber auch ergonomisch passen und so gut fahren wie ein normal großes Fahrrad. Kleine Laufräder ermöglichen ein kleines Faltmaß, größere Laufräder rollen besser. Je kleiner das Faltmaß, desto leichter lässt es sich zum Transport verstauen. Beim Falten geht es aber noch um mehr. Wie schnell lässt es sich falten? Wie kompliziert ist der Faltvorgang? Wie gut lässt es sich gefaltet tragen oder rollen? Und bleiben meine Hände beim Falten sauber und die Hosenbeine beim Tragen frei von Kettenschmiere? Weitere Kriterien sind die Möglichkeit des Gepäck­transports und die Eignung für große und schwere Fahrerinnen und Fahrer.
E-Antrieb und Faltrad? Das scheint auf den ersten Blick ein Widerspruch zu sein. Das Faltrad soll möglichst leicht sein und ein E-Antrieb bringt zusätzliches Gewicht. Andererseits ist es nicht überall flach und der E-Antrieb lässt einen Steigungen und weitere Strecken einfacher bewältigen. Enthusiasten queren auch die Alpen mit einem Faltrad ohne E-Antrieb. Aber im Pendler-Alltag oder für weniger Sportliche ist die elektrische Unterstützung hilfreich und willkommen. Kleinere Motoren und kleinere Akkus bringen im Vergleich mit normalen E-Bikes weniger Gewichtszuwachs, aber auch weniger Unterstützung und Reichweite. Beides reicht aber beim Faltrad in der Regel aus. Ob die Hersteller einen Mittelmotor, einen Hinterrad- oder einen Vorderradnabenmotor einbauen, hängt vom Faltprinzip und der Art der Gangschaltung ab. Nabenschaltung und Hinterradmotor schließen sich aus, ein Mittelmotor und ein kleines Faltmaß ebenso. Der Akku ist bestenfalls da untergebracht, wo er beim Falten nicht stört. Die Reichweite kann man überschlägig abschätzen. Ein E-Antrieb braucht in der stärksten Unterstützungsstufe etwa 8 bis 10 Wh pro km. 400 Wh reichen also mindestens für 40 bis 50 km.

Klassiker: Brompton Electric

Das Brompton aus London stellt die Benchmark bei Falträdern dar. Es ist das Optimum aus kleinem Faltmaß, gutem Fahrverhalten und Praktikabilität. Das Falten erfordert eine kurze Einübung. Danach gelingt das so schnell, dass man die herannahende Straßenbahn ohne Hetze mit gefaltetem Rad betreten kann. Gefaltet steht das Brompton sicher. Die Kette liegt innen, Hände und Kleidung bleiben sauber. Sehr praktisch ist der Taschenhalter am Rahmen vor dem Lenker, an dem auch der Akku angeschlossen und in einer speziellen Tasche befestigt wird. Zum Falten wird der Akku einfach abgenommen. Alternativ passt der Akku in eine Packtasche, die auch zusätzliches Gepäck aufnimmt. Der Motor sitzt im Vorderrad. Das Electric gibt es mit 2- oder 6-Gang-Schaltung. Radgröße 16 Zoll, Gewicht 17,5 kg, Akku mit 300 Wh, ab 2  999 Euro.

Leicht und schick: das Faltrad des österreichischen Herstellers Vello.

Newcomer: Vello Bike plus

Das Vello aus Wien ist auf geringes Gewicht und leichtes Falten getrimmt. Der mit einem Elastomer gefederte Hinterbau wird wie beim Brompton nach vorn unter den Hauptrahmen geschwenkt. Die Vorderradgabel hat am Gabelkopf ein Gelenk, das wie beim Brompton mit Klammer und Flügelschraube geschlossen gehalten wird. Zum Falten schwenkt das Vorderrad unten herum nach hinten. Um es ganz klein zu machen, werden die Lenkerenden und die Lenksäule gelöst und jeweils abgeklappt. Optionaler Riemenantrieb und Scheibenbremsen sorgen für sauberes Handling ohne Ketten- und Bremsschmiere auf den Felgen. Für vorn und hinten gibt es als Zubehör Gepäckträger. Die Beleuchtung muss man ebenfalls extra ordern. Pfiffig ist der E-Antrieb im Hinterrad, der Motor, Akku und Steuerung vereint. Eine Verkabelung fällt deshalb weg. Die Bedienung erfolgt über eine App auf dem Smartphone. Man kann den Akku durch Rekuperation beim Bremsen und Fahren laden, muss dafür aber schwerer in die Pedale treten. Das Bike Plus hat 20-Zoll-Räder. Der Akku hat 160 Wh. Zwei Varianten: ohne Gangschaltung mit 14 kg ab 2 590 Euro. Mit 2-Gang-Tretlagergetriebe von Schlumpf 14,5 kg und ab 3 080 Euro.

Alltagsfalter: Tern Vektron

Tern legt mehr Wert auf gutes, dem normalen Rad vergleichbares Fahrverhalten, Robustheit und Vielseitigkeit als auf ein minimales Faltmaß. Kurz: Tern-Falträder sind für den rauen Alltag und weniger für den überfüllten ICE gemacht. Das Falten ist einfach. Ein Gelenk im Rahmen lösen, und die vordere Hälfte schwenkt neben die hintere. Dann noch die Lenksäule abklappen und die Sattelstütze einfahren. Gefaltet lässt es sich auf den Rädern rollen. Die Kette bleibt zwar außen, aber dafür gibt es andere Vorzüge. Der stabile Gepäckträger hinten kann normal große Packtaschen tragen oder auch einen Kindersitz oder beides. Vorn kann ein zusätzlicher Gepäckträger am Rahmen befestigt werden. Ballonreifen sorgen für Komfort, Scheibenbremsen für Sicherheit. Lenker und Sattel können in einem weiten Bereich an den Fahrer angepasst werden. Für die elektrische Unterstützung sorgt der Mittelmotor Bosch Active. Der Akku sitzt schräg hinter dem Sattelrohr. Das alles rückt das Gewicht in die Nähe eines normalen E-Bikes. Das Vektron gibt es in fünf Varianten mit Kettenschaltung oder Nabenschaltung, zwei davon mit dem preiswerteren Antrieb der Firma Bafang. 20-Zoll-Räder, Akku 400 Wh, 22 kg, mit Boschantrieb ab 3 099 Euro, mit Bafang ab 2 399 Euro.

Peter Barzel 

fairkehr 1/2020