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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Service 5/2019

Betriebliches Mobilitätsmanagement

Telekom leiht E-Scooter für Beschäftigte

Bei der Telekom in Bonn können die Mitarbeiter seit Ende August eine E-Scooter-Flotte kostenlos nutzen. Das Angebot erläutert Projektleiter Andreas Hennemann im fairkehr-Interview.

Probefahrt fürs Pressefoto: Tim Höttges (r.), CEO der Deutschen Telekom AG, und Adel Al-Saleh, CEO von T-Systems

fairkehr: Die Telekom bietet ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Bonn E-Scooter zur kostenlosen Nutzung an. Wie kam es dazu?

Andreas Hennemann: Wir haben das als Pilotprojekt gestartet. Der Bonner Campus verteilt sich über sechs Gebäude, die in einer Distanz voneinander liegen, die man kaum mehr zu Fuß gehen will. Gleichzeitig ist es wenig zweckmäßig, alles mit dem Auto zu machen. Tiefgarage zu Tiefgarage frisst ebenfalls viel Zeit und sowieso ist allerorten Stau. Bonn bietet somit ein perfektes Set-up. Mit unseren 50 Scootern an sechs Standorten haben die Kollegen in den letzten sechs Wochen knapp 5 000 Kilometer zurückgelegt. Also quasi einmal nach Rom und zurück.

Wo haben Sie die Stationen aufgestellt?

Wir benutzen Ladestationen für die Scooter, das war uns sehr wichtig. Wir sind damit bundesweit die Ersten. Die Ladestationen befinden sich auf unseren Grundstücken, und zwar immer direkt vor dem Eingang. Wir glauben, dass die Kolleginnen und Kollegen quasi darüber stolpern müssen, damit der Service genutzt wird. Die Scooter tragen den Telekom-Schriftzug, sodass jeder sie sofort erkennt. Unsere Leute können sie kostenlos nutzen, allerdings mit einem dienstlichen Fokus, also für die Pendelei zwischen den Standorten oder zu einem Geschäftstermin, der in Bonn stattfindet. Dafür sind die Scooter das ideale Verkehrsmittel.

Warum haben Sie sich für Ladestationen entschieden?

Mehrere wichtige Punkte: Die Ladestationen stehen an einer guten Stelle, sie sehen gut aus und die E-Scooter sind dadurch immer voll geladen. Und was ganz wichtig ist: Da fließt unser eigener Telekom-Strom rein. Die Telekom bezieht im Moment zwei Drittel ihres Stroms aus erneuerbaren Energien und in anderthalb Jahren werden es 100 Prozent sein.

Wie klappt die Nutzung?

Mit unserem Ladestationen-Set-up haben wir viele Schwachstellen eliminiert: Erstens gehen die Leute vernünftig mit den Scootern um, zweitens landen sie nicht irgendwo im Rhein oder blockieren Wege, sondern stehen sauber gereiht am Standort und drittens werden sie auch noch mit erneuerbarer Energie geladen. Da wir für das Pilotprojekt noch keine zertifizierte App haben, ist es im Moment noch notwendig, dass die Kollegen die Scooter mit einem separaten Handy entleihen und dann an die Ladestation zurückbringen. Dadurch entfällt auch, dass nachts jemand herumfahren und die Scooter zum Laden einsammeln muss. Besser geht‘s in dem Set-up nicht. Wir hatten bisher bei den 5 000 Kilometern nur einen einzigen Unfall, ohne Personenschaden und Defekte. Man sieht also, wenn man mit den Scootern ordentlich umgeht, dann halten die auch.

Werden dank der Scooter weniger Autofahrten gemacht oder sparen sich die Mitarbeiter den Fußweg?

Andreas Hennemann ist Leiter für Neue Produkte & International Business Operations und Projektleiter des E-Scooter-Pilotprojekts.

Dass jemand die Strecke zwischen den Standorten zu Fuß geht, ist bei uns eher der Ausnahmefall, denn wir haben einen Shuttlebetrieb, der zwischen den Gebäuden und auch über Bonn hinaus fährt. Diese Shuttles befördern jedes Jahr über 150 000 Fahrgäste. Unsere 50 E-Scooter des Pilotprojektes kommen im Schnitt dreimal am Tag zum Einsatz. Ob wir da mit unseren 150 Fahrten pro Tag in Bonn schon die große Einsparung bei den Shuttlefahrten machen, kann ich nicht sagen. Aber ich glaube, dass wir ganz bewusst die Leute abholen, die nicht auf das nächste Shuttle warten wollen oder gar nicht im Shuttle oder in der Bahn sitzen möchten und daher normalerweise das Auto genommen hätten. Wir machen das Umsteigen leicht, denn niemand muss mehr bis ganz hinten in die Tiefgarage laufen: Die Mitarbeiter können direkt am Eingang auf einen E-Scooter steigen.

Wie erfasst die Telekom die Nutzungsdaten der Scooter?

Im Moment nutzen wir noch die App  unseres Partners Lime mit einem Alias-Nutzer für unsere Mitarbeiter. Es ist der Telekom wichtig, die Nutzung der Scooter jetzt und in Zukunft komplett anonym zu gestalten. Wir haben als Unternehmen kein Interesse daran, zu wissen, welcher Mitarbeiter sich wann wo befindet, das passt nicht in unser Konzept. Darum wird unser nächster Schritt sein, einen passenden Datenschutzrahmen abzustecken und mit den Anbietern umzusetzen.

Das heißt, die E-Scooter sollen zukünftig nicht nur in Bonn eingesetzt werden?

Wir diskutieren im Moment sehr intensiv, ob wir dieses Pilotprojekt flächendeckend ausweiten können, und wenn ja, in welchem Set-up. Machen wir es wie hier in Bonn mit einer dezidierten Flotte oder machen wir nicht eher ein Public Offering für die Kollegen nutzbar, indem wir uns von den Anbietern eine Station vor die Eingangstür stellen lassen? Wir wollen den Baustein MicroMobilität auf jeden Fall breiter anbieten. Wir gehen davon aus, dass die Kollegen die Scooter umso mehr nutzen werden, je stärker sie sie in ihr tägliches Leben integrieren. Und dann fangen die Scooter irgendwann doch an, Autofahrten zu ersetzen. Man geht damit nicht Sprudel kaufen, aber man fährt im Zweifelsfall die 3- oder die 5-Kilometer-Strecke, weil man mit dem Auto doch nur im Stau steht.

Interview: Katharina Baum

fairkehr 5/2019