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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Editorial 2/2019

Attac nicht mehr gemeinnützig

Gemeinnützigkeit des VCD in Gefahr?

Prof. Dr. Stefan Bajohr,
VCD-Bundesschatzmeister

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Attac durch das Finanzamt Frankfurt/Main im Grundsatz bestätigt. Der VCD hält diese Entscheidung für gefährlich für die Vielfalt unserer Demokratie. Der Verlust der Gemeinnützigkeit kann für Vereine das wirtschaftliche Aus bedeuten. Kann es auch den VCD treffen?

Die Abgabenordnung nennt 25 Zwecke, deren Verfolgung als gemeinnützig anerkannt werden kann. Der VCD gilt als gemeinnützig, weil er den Umweltschutz fördert. Das hat für den Verein wirtschaftlichen Nutzen: Er selbst genießt Steuervorteile und darf Spendenbescheinigungen ausstellen, damit Spendende ihre Zuwendungen von der Steuer absetzen können. Die Gemeinnützigkeit ist für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) existenziell.

Das BFH-Urteil hat Unruhe in die Vereinslandschaft hineingetragen. Eine gemeinnützige NGO, sagt er, könne sich zwar an Öffentlichkeit und Politik wenden. Aber die „unmittelbare Einwirkung“ müsse gegenüber der Förderung des steuerbegünstigten Zwecks in den Hintergrund treten. Die Tagespolitik dürfe „nicht im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit stehen“. Als umwelt- und verkehrs­politisch aktive Menschen wissen wir, dass eine solche Trennlinie nicht alltagstauglich ist. Unsere Forderung nach der Verkehrswende ist sowohl grundsätzlicher als auch tagespolitischer Art. Beides gehört zusammen.

Die Förderung des Gemeinwohls ist eben auch eine politische Sache. Das BFH-Urteil fügt sich in politische Kampagnen ein, die darauf abzielen, kritische NGOs zu diskreditieren und ihre Gemeinnützigkeit anzuzweifeln. In dieselbe Richtung weisen Versuche, NGOs den Zugang zu öffentlichen Mitteln zu erschweren. Dabei geht es nicht darum, gemeinnützige Vereine zu alimentieren. Es geht um Mittel, die auf der Grundlage von Ausschreibungen für konkrete Leistungen an manche NGOs gezahlt werden. Auch der VCD erhält solche Aufträge und auch der VCD geriet deshalb ins Visier.

Zu Recht bemängelt die Bundesregierung die Einschnürung von NGOs in den EU-Ländern Polen und Ungarn. Wir erwarten, dass sie sich glaubwürdig vor die NGOs auch im eigenen Land stellt. Sie muss den Behörden des Bundes, der Länder und der Gemeinden signalisieren, dass sie die Beauftragung von NGOs begrüßt. Wir erwarten zudem, dass sie eine Reform der Abgabenordnung unterstützt, die die Förderung des Gemeinwohls nicht nur auf materiellem, geistigem und sittlichem, sondern auch auf demokratischem Gebiet anerkennt.

Als VCD stellen wir uns an die Seite derjenigen Vereine, denen der Wind am schärfsten ins Gesicht weht. Wir stimmen uns im Deutschen Naturschutzring ab und unterstützen dessen Aktivitäten, wir nehmen an Fachgesprächen teil und stehen im Austausch mit Politikerinnen und Politikern. Unsere auf Umwelt und Verkehr bezogenen Initiativen und Tätigkeiten sind gegenwärtig nicht vom Urteil des BFH betroffen. Anders könnte es sich aber mittelfristig mit der Einwerbung öffentlicher Mittel verhalten. Hier kommt es auf eine gemeinsame und solidarische Haltung der deutschen NGOs und der gesamten Zivilgesellschaft an. Es geht darum, den Nutzen des VCD und anderer NGOs für das Gemeinwohl laut und deutlich kundzutun.

Eine spannende Lektüre wünscht

Prof. Dr. Stefan Bajohr,
VCD-Bundesschatzmeister

fairkehr 2/2019