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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Titel 3/2018

Fahrradaktivist

#6 Max Matta

Der Student organisiert den „Ride of Silence“ in Bonn. Die Raddemo soll auf das Schicksal von im Straßenverkehr getöteten Radfahrern aufmerksam machen.

Alle 22 Stunden stirbt ein Radfahrer auf deutschen Straßen, jede halbe Stunde verletzt sich einer schwer. Fahrrad­unfälle geschehen im Minutentakt. Die häufigsten Ursachen kennt jeder, der Rad fährt: Autofahrer öffnen unvermittelt Autotüren, halten zu wenig Abstand oder nehmen die Vorfahrt, Lastwagen biegen ab und überrollen Radfahrer im sogenannten toten Winkel. Als Protest gegen diese lebensbedrohlichen Zustände führen Radfahrerinnen und Radfahrer überall auf der Welt einmal im Jahr einen „Ride of Silence“ durch: Weiß gekleidet unternehmen sie eine Radtour im Gedenken an ums Leben gekommene Radler, halten an den Unfallstellen und ketten weiß gestrichene Fahrräder zur Erinnerung und Mahnung an Verkehrsschilder oder Laternenmasten. „Wir wollen Zeichen setzen und fordern mehr Sicherheit“, sagt Max Matta, der an diesem dritten Mittwoch im Mai die Demonstration in Bonn anführt. Zwei Radfahrer starben 2017 auf den Straßen der Stadt, im Jahr davor waren es fünf.

Ein Uniseminar zur „Stadt der Zukunft“ hat den Geografiestudenten wachgerüttelt. Er will nicht länger zuschauen, sondern aktiv mitgestalten, ist spontan dem AD­­FC beigetreten und hat seinen Studienschwerpunkt auf Mobilität gelegt. Am liebsten würde der 25-Jährige Stadtplaner werden und aus seinem Studienort ein zweites Kopenhagen machen: „Deutsche Planer und Politiker sollten wenigstens für eine Woche in die dänische Hauptstadt fahren, um zu erleben, wie mehr und sicherer Radverkehr positiv auf die Stadt und das Leben wirkt“.

Über die ADFC-Arbeit will sich Max Matta vernetzen und Akteure der lokalen Verkehrspolitik kennenlernen. „Uns jungen Leuten stehen alle Türen offen – die Verbände rollen uns den roten Teppich aus“, freut er sich. Die Ortsvereine brauchen Nachwuchs, viele Vorstände sind im Rentenalter. „Wir Jungen wollen sichtbarer auftreten, wir wollen mehr Konfrontation und mit Aktionen öffentlichen Druck erzeugen“, sagt Matta.
Max Matta sprüht vor Energie und die guten Ideen sprudeln nur so aus ihm heraus. Für die Zeit nach der Uni plant er eine zweijährige Radtour durch Europa. „Ich will sehen, was in anderen Ländern verkehrs­politisch läuft, wissen, was die anderen richtig machen und was wir übertragen können“, sagt er. Dabei will er allein unterwegs sein, damit ihn bei seiner Forschungsfahrt niemand vom Weg abbringt.

Beim „Ride of Silence“ sind stets auch VCD-Aktive am Start. Mitfahren kann jeder, ob in einem Verein oder nicht. Die heutige Radtour eskortiert das Blaulicht der Polizeimotorräder durch die Straßen von Bonn, auf denen es an lebensgefährlichen Stellen nicht mangelt. Alle dürfen mitten auf der Fahrbahn radeln, die Autos hält die Polizei für diese Stunde auf Abstand. Die altgedienten ADFC-Mitglieder – überwiegend männlich und im fortgeschrittenen Alter – tragen trotzdem ihre orangefarbenen Warnwesten über den weißen T-Shirts und Hemden. Sicher ist sicher.

Uta Linnert