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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Titel 3/2018

Stadtaktivistin

#1 Johanna Schäfer

Sie ist soziale Unternehmerin und hat vor drei Jahren das BonnLAB gegründet, einen Begegnungsort für eine nachhaltige Stadtentwicklung.

In Rio De Janeiro versammelte sich die Welt zum ersten Umweltgipfel. Diese erste UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung 1992 war der Start der globalen Klima-Verhandlungen. In dieses Jahr hinein wurde Johanna Schäfer geboren. Wenn die 26-Jährige darüber nachdenkt, was die Welt bei ihrer Geburt schon wusste und wie wenig seitdem für den Klimaschutz gewonnen wurde, fehlen ihr für einen Augenblick die Worte, und das passiert nicht oft. Sie fährt sich mit den Fingern durch die Haare, sortiert Strähnen und Gedanken. „Warum hat das noch keiner gemacht?“, ist die Frage, mit der für Johanna Schäfer oft alles beginnt.

Als ältestes von acht Kindern in einer Patchworkfamilie war sie schnell eigenständig und unabhängig. Sie studierte Architektur und fand ihr Thema: Stadt­entwicklung mit Bürgerbeteiligung und Fokus auf Nachhaltigkeit und Kultur. In der eigenen Stadt sieht sie Ungleichheit, Ungerechtigkeit und Unwissen. Und schon packt sie die Neugier, die Lust am Experimentieren und sie startet ein neues Projekt. So ist sie soziale Unternehmerin geworden und hat vor drei Jahren ein Stadtlabor gegründet, das BonnLAB. Für eine nachhaltige Stadtentwicklung braucht es ihrer Meinung nach vor allem Begegnungsorte. Einen Raum, den Bürgerinnen und Bürger nutzen können für ihre Ideen. Obwohl Johanna Schäfer selbst Ideensprudlerin ist, kommen Impulse für Aktionen im BonnLab größtenteils von den Mitmenschen. Die nutzen das Stadtlabor zum Arbeiten und für Netzwerktreffen, sie eröffnen Ausstellungen und veranstalten Wohnzimmerkonzerte, konzipieren Workshops und organisieren Hackathons zur gemeinsamen Softwareentwicklung. Die meisten Projekte laufen bisher ehrenamtlich.

Vor einem Jahr hat die Möglichmacherin aus dem Stadtlabor einen Food Club gegründet – „Bonn isst“. Über den vernetzt sie die städtische Essensszene von Landwirten über Unternehmerinnen und Gastronomen bis zu Verbrauchern. Bei der Organisation des Clubs mit all seinen Workshops, Barcamps und Vorträgen hilft ihr die Digitalisierung. Schäfer nutzt die sozialen Medien, wo es geht, für ihre Zwecke. Seit 2017 die Weltklimakonferenz in Bonn stattfand, hat sie über Twitter 19 „#BonnFiji“-Partnerschaften in 14 Ländern aufgebaut. Schäfer will mit dem Netzwerk gute Beispiele aus der Welt sichtbar machen. Motor für alles sind die 17 Ziele der Vereinten Nationen zur Hunger- und Armutsbekämpfung – die Sustainable Development Goals, kurz SDG. Zum ersten Ziel „Keine Armut“ passt die Give-and-Take-Box, die Schäfer vor ihrem gläsernen Stadtlabor eingerichtet hat. Wärend des Gesprächs kommen immer wieder Menschen und nehmen sich Essen und Kleidung heraus. Ein kleiner Puzzlestein aus Johanna Schäfers Vision: Überall in den Städten dieser Welt entstehen Begegnungsräume für Menschen, die sich austauschen und verbinden. Dann wachsen nachhaltige Ideen von unten hinein in Gesellschaft, Unternehmen und Politik.

Valeska Zepp