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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Politik 2/2018

Fahrgastrechte stärken

Die Rechte von Bahnpassagieren, etwa bei Verspätungen, regelt eine EU-Verordnung. Derzeit überarbeitet die EU-Kommission die Regelung. Sie plant, die Fahrgastrechte einzuschränken.

Junge Frau am Zug
Nicht nur für Kundinnen im ICE: Der VCD fordert gleiche Rechte für Fahrgäste in Bussen und Bahnen.

Ein Unwetter tobt über Deutschland, als drei Menschen mit Bahn, Fernbus und Flugzeug von Stuttgart nach Berlin aufbrechen. Alle drei verspäten sich um vier Stunden. Eine Entschädigung bekommt aber nur der Fahrgast der Bahn. Denn laut EU-Recht müssen Bahnunternehmen auch bei Verspätungen wegen höherer Gewalt, also bei Überschwemmungen, Unwettern oder Erdbeben, einen Teil des Ticketpreises an ihre Kundinnen und Kunden zurückerstatten. Für Fluggesellschaften und Fernbus­unternehmen gilt das nicht.

Mindeststandards für die Rechte von Bahnkunden hat die EU in der Verordnung EG 1371/2007 festgelegt. Diese Regelung überarbeitet die EU-Kommission derzeit. Laut dem ersten Entwurf vom Herbst 2017 sollen Bahnunternehmen ihren Kunden bei Verspätungen wegen „schlechter Witterungsbedingungen oder großer Naturkatas­trophen“ keine Rückerstattung mehr zahlen müssen. Was genau schlechte
Witterungsbedingungen oder große Naturkatastrophen sind, definiert der Entwurf nicht.

Der VCD setzt sich dafür ein, dass die Fahrgastrechte auch in Fällen höherer Gewalt weiter gelten. Dadurch ersparen sich Bahnunternehmen und Kunden die Diskussion, wer für eine Verspätung verantwortlich ist. Beide Seiten haben Rechtssicherheit und das Risiko von Klagen wird minimiert“, so Philipp Kosok, Referent für Bahnverkehr beim VCD. Entschädigungen, die die deutschen Bahnunternehmen aufgrund von höherer Gewalt leisten mussten, lagen 2015 laut Schätzungen des Fahrgastverbandes European Passengers’ Federation (EPF) bei 2,5 Millionen Euro.

Bahnkunden besser abgesichert

Die Rechte von Bahnfahrern schützt die EU generell besser als die Rechte von Fernbus- und Flugzeugpassagieren. Während die Bahnen ab einer Stunde Verspätung Entschädigungen zahlen, müssen Fluggesellschaften erst ab drei Stunden Verspätung und Fernbusunternehmen ab 250 Kilometer Strecke und zwei Stunden Verspätung Geld zurückerstatten. Was gut ist für die Bahnkunden, hat einen Haken für die Bahnunternehmen: Die Kosten für die Entschädigungen fallen bei ihnen höher aus als bei ihren Konkurrenten auf der Straße und in der Luft. Das macht die Tickets im Vergleich teurer. „Die EU-Kommission muss für faire Wettbewerbsbedingungen zwischen Bahn-, Bus- und Fluggesellschaften sorgen“, so Matthias Kurzeck, der den VCD-Bundesvorstand in der EPF vertritt. „Dafür muss sie die Rechte der Fahr- und Fluggäste auf hohem Niveau angleichen, statt die Rechte der Bahnkunden aufzuweichen.“

Benjamin Kühne

Das fordert der VCD

• Gleiche Rechte für Fahrgäste in Bahnen und Bussen
• Weiterhin Ticketerstattung auch bei Verspätungen und Zugausfällen durch höhere Gewalt
• 25 Prozent Erstattung ab einer Verspätung von 30 Minuten
• 50 Prozent Erstattung ab einer Verspätung von 60 Minuten
• Abschaffung der Bagatellgrenze, die verhindert, dass bei günstigen Tickets Geld erstattet wird
• Recht auf Nutzung anderer Verkehrsmittel bei Verspätungen im Fernverkehr der Bahn

fairkehr 2/2018