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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Titel 6/2016

Guter Service und Infos an Umsteigepunkten – auch ohne App

Illustration: Macrovector/www.shutterstock.com

Fremd in der Stadt? Oder den Entschluss gefasst, im Wohnort endlich Bus und Bahn zu fahren? Dann ist es hilfreich, wenn an Haltestellen alle wesentlichen Informationen zur Linie und zu den Umsteigemöglichkeiten deutlich erkennbar sind. „Wünschenswert sind Fahrgastinformationen im Zwei-Sinne-Prinzip, also über visuelle und akustische Hinweise“, sagt Philipp Kosok, ÖPNV-Referent beim VCD.

Bei aller App-Euphorie ist es gut zu hören, dass „Printinformationen an den Haltestellen wichtig bleiben“. Das sagt jedenfalls Bodo Baumgardt, Geschäftsführer von Baumgardt Consultants. Das Berliner Unternehmen ist spezialisiert auf Informationssysteme für den öffentlichen Nahverkehr.

Aktuell gibt es an Haltestellen ein Zweiklassensystem: Umfassende Informationen dort, wo viele Kunden ein- und umsteigen. Und ein sehr beschränktes Angebot an Haltestellen mit wenig Kundenandrang: Die klassischen Abfahrpläne werden eventuell ergänzt von schematischen Linienverläufen. Das ist eindeutig zu wenig, um sich souverän im fremden Liniennetz zu bewegen. Oft fehlen Mindest-Infos wie ein Umgebungsplan, Hinweise zu Baustellen-Umleitungen oder die gängigsten Tarife. Nur an wichtigen Umsteigepunkten ist meist ein umfassendes Informationssystem zu finden, das die Orientierung ohne Internet ermöglicht. „Die Fahrgäste fordern elektronische Echtzeitanzeigen zu den Wartezeiten auf die nächsten Linien“, sagt Falk Lösch, Sprecher der Dresdner Verkehrsbetriebe, über eines der wichtigsten Module. Im Stadtgebiet von Dresden sind sie bei den Tram- und Bushaltestellen Standard. Doch außerhalb des Zentrums sind sie selten auszumachen.

Bei Premiumhaltestellen gehört der schematisch geografische Gesamtnetzplan, also die Verbindung von Stadtplan und Linienverläufen, ebenfalls zum Angebot. Mit ihrer Hilfe können die Kunden die richtige Haltestelle mit entsprechender Bus- oder Bahnlinie finden. Das ist umständlicher als mit einer App, aber machbar. Wichtig sind auch Stadtpläne mit der Umgebung der Haltestellen. Sie enthalten die Straßennamen und Hinweise auf wichtige Gebäude oder Behörden. Auch die nächstfolgendenen Haltestellen sind darin gekennzeichnet.

Manche Verkehrsbetriebe verteilen zusätzlich stadtteilbezogene Linienflyer an alle Haushalte mit dem Ziel, neue Kunden zu gewinnen. Sinnvoll und bereits Praxis: das Auslegen von Linien-Informationen bei Ärzten oder Einzelhändlern. Andere Verkehrsbetriebe verteilen regelmäßig kostenlose Kundenmagazine, die Basisinformationen zur richtigen Nutzung und Orientierung im Nahverkehr liefern. Die von VCD-Fachmann Kosok geforderten akustischen Informationsansagen erklingen in S- und U-Bahn zwar häufig, haben aber an Bushaltestellen Seltenheitswert. Zeitaufwendiger ist die persönliche Beratung an den Servicepunkten der Verkehrsbetriebe. Wenn die Haltestelleninformationen allzu spärlich sind, bleibt im Bus zumindest noch die Möglichkeit, den Fahrer oder die Fahrerin anzusprechen. Das funktioniert allerdings nur dann überzeugend, wenn am Steuer eine serviceorientierte Fachkraft sitzt.

Fazit: Ein Rundum-sorglos-Paket wird es für App-Verweigerer an Haltestellen nicht geben. Schauen, verstehen und nachfragen bleibt deutlich aufwendiger als die Zielführung durch das Mobiltelefon.    

Elke Hoffmann

fairkehr 5/2023