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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Reise 2/2016

Sie wollen nur spielen

Gitarrenkurse werden überwiegend von Männern gebucht. Das gilt auch am Urlaubsort. Ein Reiseveranstalter sucht nach Abhilfe.

Foto: www.med-music-school.comViele berühmte Gitarristen sind Männer. Wer ihnen nacheifern will, bucht im Urlaub einen Gitarrenkurs.

Männer, die Gitarre spielen, kommen bei Frauen gut an. Ein Meinungsforschungsinstitut schickte dreimal denselben Mann auf die Straße: Einmal hatte er eine Sporttasche dabei, einmal einen Gitarrenkoffer und einmal gar nichts. Mit Gitarrenkoffer gaben ihm 30 von 100 Frauen, die er ansprach, ihre Handynummer, ohne Tasche oder Koffer waren es nur noch 14, mit Sporttasche 11. Fazit der Studie: Gitarristen kommen bei Frauen eher gut an.

Wer allerdings behauptet, Männer würden nur Gitarre spielen lernen, um besser bei Frauen landen zu können, tut ihnen unrecht. Denn die Gitarristen, die bei den Sommerkursen der Mediterranean Music School zusammenkommen, wollen wirklich nur spielen. Am liebsten schon morgens vor dem Frühstück und gerne auch noch abends nach dem Abendessen. Dazwischen Unterricht und neue Stücke üben, bis die Fingerspitzen rauchen. Den ganzen Tag der geliebten Gitarre widmen, mit anderen Männern über ganz besondere Gitarren, die richtigen Saiten, die besten Musiker fachsimpeln – schöner können Ferien nicht sein.

Frederic Liebertz spielt seit über 20 Jahren Gitarre. Den ersten Sommerkurs buchte er 2014, um seine Fertigkeiten auf der E-Gitarre weiterzuentwickeln. 11 Männer, 1 Frau. „Da ging es die ganze Zeit um Technik. Selbst beim Abendbrot wurden noch Tonleitern geübt“, erinnert sich der 39-Jährige. Genau das, was er wollte. Zumindest dachte er das, bis er im Jahr darauf den Kurs zum Thema Blues-Gitarre buchte. 15 Männer, 1 Frau. Allerdings fand parallel zum Gitarrenkurs ein Gesangskurs statt – mit deutlichem Frauenüberhang.

Schon beim ersten Abendessen mischten sich die Gruppen. Gesprochen wurde natürlich über Musik. Da war es nur konsequent, dass man danach die Instrumente holte und das gemeinsame Repertoire auslotete: Dylan, Clapton, Marley. „Das war eine ganz andere Gesamtstimmung“, erinnert sich Frederic Liebertz, „sehr offen und entspannt und man kam über die Musik schnell mit allen in Kontakt. Da stand plötzlich der Urlaubsaspekt viel mehr im Mittelpunkt als die technische Weiterentwicklung auf der Gitarre.“

Eine geniale Kombination: Mit den parallel stattfindenden Gitarre- und Gesangskursen sorgt Veranstalter Sebastian Banger dafür, dass es im Männeruniversum nicht zu einseitig wird. Zwar steigt laut Banger der Anteil an Frauen in den Gitarrenkursen. Auch einige Dozentinnen sind im Programm zu finden, aber die Mehrzahl der Kurse ist fest in Männerhand.

Kein Wunder: Die großen Helden an der Gitarre sind nun mal Männer. Angefangen bei den Beatles und den Stones, die in den 60er-Jahren die Gitarre in Europa auf die ganz großen Bühnen brachten, bis zu Nachwuchsstars wie dem Blues-Rock-Gitarristen Joe Bonamassa, der aktuell weltweit die Konzerthallen füllt. „Dass man mit der Gitarre Frauen beeindrucken kann, ist sicher am Anfang eine Motivation“, sagt Banger. „Aber das Instrument entwickelt schnell eine eigene Faszination: der individuelle Klang, die Form. Viele Gitarristen geben ihren Gitarren Frauennamen.“

Gitarre aus der Ecke holen

Schade, wenn Gitta oder Lucille im Laufe der Jahre – von Job und Familie verdrängt – in einer dunklen Ecke landen und einstauben. Ein Ferienkurs ist eine gute Gelegenheit, die Gitarre mal wieder zu stimmen und zum Klingen zu bringen.

Mit seinen 39 Jahren senkt Frederic Liebertz in der Regel den Altersdurchschnitt der Kurse, an denen er teilnimmt. Vielleicht fasziniert ihn auch deshalb das Cross-over-Konzept mit Gitarre und Gesang besonders. Den nächsten Kurs hat er bereits gebucht: „Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl war diesmal, dass es gleichzeitig einen Gesangskurs gibt“, sagt er. Noch meldet er sich für den Gitarrenkurs an. Aber das könnte sich in Zukunft ändern. Durch das gemeinsame Musikmachen im Urlaub hat er Lust bekommen, selbst wieder mehr zu singen, und sich in seinem Heimatort einen Chor gesucht, in dem er jetzt die Männerquote erhöht.

Regine Gwinner

Gitarre spielen im Urlaub: www.med-music-school.com

fairkehr 5/2023