Titel 2/2015
Die Zukunft fährt Lastenrad
Ob Paket, Pizza oder Biokiste – alles kann auf Lastenrädern rollen. Dank eines erfolgreichen VCD-Projektes ist das Thema in Politik, Medien und Unternehmen angekommen. Ein Interview.
fairkehr: Sie haben das VCD-Projekt „Lasten auf die Räder!” geleitet. Was hat der VCD damit erreicht?
Wasilis von Rauch: Eine ganze Menge! Das war ein tolles Projekt. Wir haben zum Beispiel Lastenräder auf die weltweit größte Nutzfahrzeugmesse, die IAA in Hannover, gebracht. Wir haben dort über umweltverträgliche Logistik informiert, wo es am nötigsten ist. Außerdem ist es uns gelungen, die Lastenradhersteller und -händler mit den potenziellen Nutzern der Räder zusammenzubringen. Heute beschäftigen sich die Unternehmen im Bundesverband Paket & Expresslogistik intensiv mit Zustellkonzepten per Lastenrad. In Hamburg gibt es beispielsweise ein erfolgreiches Modellprojekt des Logistikunternehmens UPS. Ähnliche Modelle sind in Stuttgart und Mannheim in Planung.
Wie wirkt das VCD-Projekt nach seinem Abschluss weiter?
Wir waren bei der DIN-Normierung für Lastenräder aktiv und haben mit dafür gesorgt, dass Lastenräder Teil des „Aktionsprogramms Klimaschutz“ und des Entwurfs für einen „Aktionsplan Güterverkehr und Logistik“ der Bundesregierung geworden sind. Unsere Internetseiten zu gewerblicher und privater Nutzung von Lastenrädern sind aktuell das umfangreichste Informationsangebot im Netz. Dort bieten wir Tipps und Anwendungsbeispiele sowie eine Lastenrad-Datenbank und eine bundesweite Händlersuche. Mit unserem Newsletter haben wir eine echte Lastenrad-Community zusammengebracht.
Wie erklären Sie sich den derzeitigen Lastenrad-Boom in Deutschland?
Lastenräder begeistern. Sie sind positive Imageträger und absolute Hingucker! Gleichzeitig sind sie sehr flexibel, schnell und helfen, Kosten zu sparen. Sie bieten Lösungen für viele drängende Probleme der Mobilität. Kurz: Lastenräder sind ein wichtiger und postiver Baustein einer zukunftsfähigen und menschenfreundlichen Mobilität. Und das ist in der Politik, in den Medien und in Unternehmen angekommen. Die Verkaufszahlen steigen, sie sind aber immer noch vergleichsweise niedrig.
Eine Studie der EU hat ergeben, dass 51 Prozent aller motorisierten Transporte in europäischen Städten auf Lastenräder verlagert werden könnten. Was muss getan werden, um das zu realisieren?
Ein solcher Anteil ist möglich, genau wie 50 Prozent Rad-
anteil auf Arbeitswegen, so, wie es in Kopenhagen bereits heute der Fall ist. Aber dafür müssen alle etwas tun. Die Politik darf nicht länger dem Trend zum Rad hinterherlaufen – sie muss aktiv werden. Das heißt: Wir brauchen eine hervorragende Infrastruktur, sichere und enge Radroutennetze und komfortable Abstellanlagen. Verkehrsflächen müssen vom Auto zugunsten des Rad- und Fußverkehrs umgewidmet werden. Und es muss Anreize zum Umsteigen geben, etwa längere Zeitfenster für die Warenlieferung per Lastenrad. Gleichzeitig müssten die Städte sämtliche auf Radwegen falsch parkende Lieferfahrzeuge konsequenter verfolgen. Sie sind eine große Gefahr für Menschen auf dem Rad. Auch bei Unternehmen muss ein Mentalitätswandel her. Firmen erkennen oft nicht die Chancen, die Lastenräder ihnen bieten. Und nicht zuletzt können Verbraucherinnen und Verbraucher gezielt bei Warenlieferungen – der Biokiste, beim Pizzadienst oder der Kurierzustellung – Unternehmen bevorzugen, die Fahrräder oder Lastenräder einsetzen.
Interview: Uta Linnert
Mehr Informationen:
- Internetseiten für Privatnutzer mit bundesweiter Händlersuche
- Das Portal „Lasten auf die Räder!“ mit Produktdatenbank für Lastenräder im Wirtschaftsverkeh