Magazin 1/2015
Besser als nichts: der „Lima-Appell für Klimaschutz”
Auf dem Klimagipfel in Peru waren die Ziele ehrgeizig – das Ergebnis ist wenig konkret.
In der Internationale Politik kann es zugehen wie auf einem orientalischen Bazar. Die Parteien feilschen um jeden Satz eines Abkommens. Die Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Perus Hauptstadt Lima Ende 2014 war da keine Ausnahme. Auf dem Gipfel verhandelten die Unterhändler von über 190 Staaten die Rahmenbedingungen für ein neues globales Abkommen zum Klimaschutz.
Die Vertreter der Industrieländer appellierten an die großen Schwellenländer China, Indien und Brasilien, sich stärker zu beteiligen. Diese wehrten sich vehement und beriefen sich auf die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen von 1992, der sie als Entwicklungsländer beigetreten waren. Damals hatten sich die Industrieländer verpflichtet, Entwicklungsländer technisch und finanziell in Sachen Klimaschutz zu unterstützen.
Doch China, Indien und Brasilien sind längst keine Entwicklungsländer mehr. Sie zählen zu den zehn größten Volkswirtschaften der Welt. Mittlerweile ist China für über ein Viertel des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Wenn sich die Schwellen- und Entwicklungsländer an den aktuellen Pro-Kopf-Emissionen der Industrieländer orientierten, würde der Klimaschutz scheitern. Stattdessen müssen die Hauptverursacher ihren Ausstoß erheblich senken.
Alle Länder müssen mithelfen
Erst am letzten Verhandlungstag einigten sich die Verhandlungsführer auf den wenig ambitionierten Entwurf des peruanischen Umweltministers Manuel Pulgar-Vidal, allerdings ohne den Passus zur finanziellen Beteiligung der Schwellenländer. Der 37-seitige „Lima-Appell für Klimaschutz” enthält wenig Konkretes und viele Optionen. Die Unterhändler vereinbarten Kriterien für nationale Klimaschutzziele, die sich die einzelnen Staaten bis zum nächsten Klimagipfel Ende 2015 in Paris erst noch stecken müssen.
Bis 2020 sind noch globale Klimaziele im Kyoto-Protokoll festgelegt. In Paris soll ein Nachfolgeabkommen beschlossen werden. Wenn die Verhandlungen dort scheitern, stünde die Welt ohne verbindliche Klimaziele da.
Wirksame Klimapolitik darf weder an der Frage der historischen Schuld am Klimawandel noch an der wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik konkurrierender Staaten scheitern. Beim Klimaschutz müssen alle Länder so viel tun wie möglich. Die Forscher des Weltklimarates haben im Vorfeld der Konferenz betont: Bis Mitte dieses Jahrhunderts müsse der Ausstoß von Treibhausgasen um 40 bis 70 Prozent reduziert werden, bis Ende des Jahrhunderts auf annähernd null. Sonst würde das international anerkannte Ziel einer Erderwärmung von maximal zwei Grad verfehlt.
Die Verhandlungen in Lima sind zwar nicht gescheitert. Aber Streit ist vorprogrammiert, denn der „Lima-Appell für Klimaschutz” hat die wichtigen Entscheidungen auf Paris vertagt.
Benjamin Kühne