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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Magazin 6/2014

Weltklima: Noch ist nicht alles verloren

Weltklimarat veröffentlicht ­aktuelle Forschungsergebnisse.

Foto: NETZ Bangladesch/Sven WagnerWenn sich das Klima erwärmt, nehmen extreme Wetterereignisse zu: In Bangladesch werden Überschwemmungen immer extremer und zerstören die Lebensgrundlage der Menschen.

„Es gibt noch ein Zeitfenster von zwei bis drei Jahrzehnten, in dem der Klimawandel zu ­akzeptablen Kosten gebremst werden kann“, erklärt der Ökonom Professor Ottmar Edenhofer von der TU Berlin im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. „Beginnt man erst in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts, kann man nur noch wenig tun.“ Kurz: Da wir Änderungen nicht über Nacht herbeiführen können, müssen wir sofort handeln. Sonst wird Klimaschutz unmöglich.

Der Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) hat Anfang November in Kopenhagen seinen „Synthese-Bericht“ veröffentlicht, der die Forschungsergebnisse der letzten Jahre zusammenfasst. Das alarmierende Ergebnis: Das Klima wird sich wahrscheinlich bis zum Ende des Jahrhunderts um bis zu 5,4 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter erwärmen, wenn die Menschheit weiter ungebremst CO2 und andere klimaschädliche Abgase in die Atmosphäre bläst. Die drastischste Folge: Das Eis der Polarregionen wür­de schmelzen und das Meerwasser würde sich aufheizen und ausdehnen. Der Meeresspiegel könnte dann um bis zu 82 Zentimeter gegenüber dem Niveau Ende des 20. Jahrhunderts steigen.

Eine Erderwärmung von maximal zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau hält die Mehrheit der Wissenschaftler für vertretbar, um die Folgen für Mensch und Natur auf ein überschaubares Maß zu begrenzen. Diesem Ziel haben sich die EU und 194 Staa­ten mit der Ratifizierung der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) verschrieben. Bislang tun sie allerdings viel zu we­nig. Die weltweiten Durchschnittstemperaturen sind bereits um 0,85 Grad angestiegen, die Zahl extremer Wettereignisse, wie Dürren, Starkregen und Stürme, hat seit Mitte des 20. Jahrhunderts deutlich zugenommen. Die Folge menschlichen Handelns.

Eine Frage der Gerechtigkeit

Den Klimawandel zu begrenzen ist eine Frage der globalen Gerechtigkeit. Während sich im heißen Äthiopien Dürren häufen, verschärfen sich die Überschwemmungen im regenreichen Bangladesch. Das südasiatische Land liegt nur knapp über dem Meeresspiegel. Steigt dieser, spült das Wasser Böden der Küstenregion weg oder versalzt diese. Dadurch werden sie für die Landwirtschaft unbrauchbar. „Wenn die globale Erwärmung weiterhin im aktuellen Tempo verläuft, werden weitere Millionen Menschen in Entwicklungsländern vom Hunger bedroht sein“, warnt Sven Harmeling von der Hilfsorganisation Care. Laut Klimaforscher
Dr. Atiq Rahman werden in Bangladesch bis 2050 bis zu
25 Millionen Klimaflüchtlinge gezwungen sein, sich eine neue Heimat zu suchen. Wenn der Meeresspiegel steigt, betrifft das Küsten weltweit. Um sich wie die Niederlande mit Deichen zu schützen, fehlt vielen Staaten das Geld.

Um das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen, müssten die globalen Emissionen von Treibhausgasen bis Mitte des Jahrhunderts in allen Sektoren um 40 bis 70 Prozent, bis 2100 auf annähernd null verringert werden. Dazu muss die Politik Weichen stellen, die Wirtschaft nachhaltiger arbeiten und die Bürger müssen ihren Konsum und ihre ­Mobilität anpassen. Als größte CO2-Produzenten stehen die Industrieländer besonders in der Pflicht.

„Mythos“ Rezession?

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bezeichnete die hohen Kosten des Kampfes gegen den Klimawandel als unbelegten „Mythos“. Die Forscher gehen davon aus, dass sich das Wachs­tum der Weltwirtschaft durch die Klimaschutzmaßnahmen kaum abschwächen würde. Betroffen wäre vor allem die Energiebranche, die langfristige Milliarden-Investitionen in fossile Brennstoffe getätigt hat.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks ist zuversichtlich: „Deutschland kann international eine wichtige Rolle spielen, wenn wir zeigen, dass Klimaschutz in einem Industrieland funktioniert“, sagte sie bezüglich des Bericht. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel verkennt hingegen die Lage: Per Strategiepapier verkündet er, dass die Energiekonzerne entscheiden sollen, welche Kraftwerke sie abschalten, nicht der Staat. Anders die dänische Regierung: Ab 2025 will das Land auf Kohle als Brennstoff verzichten.

Benjamin Kühne

Hier geht es zur Studie zu Verkehr und Klima der Umweltverbände WWF, BUND, Germanwatch, NABU und VCD.

fairkehr 5/2023