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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Service 5/2014

Radfahren im Herbst

Foto: vaude.com/pd-fWas sollte uns vom Radfahren abhalten? Richtig angezogen und geschützt gibt es eigentlich keinen Grund, das Fahrrad bei Wind oder Regen im Keller stehen zu lassen.

Mit der passenden Ausrüstung ist man nicht nur sicherer, sondern auch vergnügter unterwegs.

Nicht nur an schönen, warmen Sommertagen fahren Scharen von Radfahrern spazieren. Auch im Alltag nutzen immer mehr das Fahrrad – weil sie damit schneller und flexibler sind und die tägliche Bewegung einfach guttut. Wird es im Herbst dunkler, kälter und nasser, verschwinden die Räder der Freizeitradler im Keller. Aber von den Alltagsradlern bleiben viele auch im Herbst und Winter auf dem Rad. Wie viele, das hängt weniger vom Wetter als von der Fahrradinfrastruktur ab. Das haben Vergleiche in Europa gezeigt. In Städten wir Kopenhagen oder Münster, wo die Bewohner das Fahrrad als Verkehrsmittel selbstverständlich nutzen, da spielt die Jahreszeit kaum eine Rolle – allenfalls die passende Ausrüstung.

Weniger Regen als gedacht

Von drinnen aus der warmen Stube sieht das Wetter oft schlechter aus, als es wirklich ist. Rafft man sich auf und geht nach draußen, ist es oft doch nicht so kalt oder nass wie befürchtet. Genauso ist es beim Radfahren. Natürlich gibt es Tage, an denen es draußen schüttet, aber übers Jahr gesehen regnet es deutlich weniger, als es hinter der Autoscheibe den Anschein hat. Und wenn man dann doch durch den Regen muss, gibt es gute Kleidung.

Für kürzere Strecken reicht oft ein Regenponcho, auf längeren sind Regenjacke und Regenhose besser. Seitliche Reißverschlüsse über die gesamte Länge der Hosenbeine erleichtern dabei das An- und Ausziehen über die Alltagskleidung. Durch sie kommt man auch besser an den Hausschlüssel in der Hosentasche darunter. Tipp: Bei Kälte ersetzt die Regenhose die lange Unterhose und man muss sich im Büro oder im Betrieb nicht umständlich umziehen.

Für die Schuhe gibt es Gamaschen, für das Gepäck wasserdichte Fahrradtaschen und für den Helm einen Regenüberzug. Praktisch besonders für Brillenträger ist ein Fahrradhelm mit eingebautem Klarsichtvisier, das man bei Bedarf runterziehen oder wieder hochschieben kann.

Zu warm wird schnell zu kalt

Wer sich bei kaltem Wetter auf dem Rad zu warm anzieht, friert schneller. Klingt erst mal unlogisch. Wer aber wegen seiner dicken Kleidung zu sehr schwitzt, kühlt später mit den feuchten Klamotten am Körper erst recht aus. Dünner angezogen hat man sich dagegen nach wenigen hundert Metern so warm getrampelt, dass man sich wohlfühlt, aber nicht schwitzt.

Wichtig ist es vor allem, sich gut gegen Wind zu schützen, denn schon der Fahrtwind kühlt erheblich. Eine winddichte, aber atmungsaktive Jacke ist genauso hilfreich wie dünne, winddichte Handschuhe, zum Beispiel aus Fleece. Diese wärmen auch noch, wenn sie nass geworden sind. Ein dünner Schal oder ein Tuch, ein Stirnband, Ohrwärmer oder eine Unterziehmütze für den Helm ergänzen die warme Ausstattung.

Die Notwendigkeit des Helmtragens ist unter Radfahrern ein Streitthema sondergleichen. In der kalten Jahreszeit, wenn die Straßen und Wege aufgrund von Eis, Nässe oder matschigem Laub oft rutschiger sind als im Sommer, ist der Helm ein empfehlenswerter Schutz. Unser Tipp: Wer darauf verzichten will, für den oder die könnte eine Ribcap die Alternative sein. Die Hersteller der Ribcaps aus der Schweiz haben in Wollmützen viskoelastische Polster eingearbeitet, die – nachgewiesen – beim Sturz eine deutliche Schutzwirkung haben. Auch wenn die besten Schutzwerte immer noch knapp unter der Norm für Fahrradhelme bleiben.

Gesehen werden rettet Leben

Die Autohersteller rüsten die Beleuchtung mit jedem neuen Modell auf. Fußgänger und Radfahrer können da nicht mithalten und sind dadurch immer schlechter zu sehen. Unverständlich, dass trotzdem immer noch viele auf dem Rad im Dunkeln ohne Licht unterwegs sind. Dabei braucht die moderne Fahrradbeleuchtung nur noch ganz wenig Antriebsenergie. Zu wenig Luft in den Reifen erhöht den Rollwiderstand inzwischen deutlich mehr als eine moderne Dynamobeleuchtung.

Ein Nabendynamo im Vorderrad ist bei neuen Alltagsrädern Standard und inzwischen so klein, dass er selbst am Rennrad nicht auffällt. Nachrüsten ist für jedes Fahrrad möglich und bezahlbar. LED-Schweinwerfer werden immer kleiner, leuchten trotzdem heller und brennen nicht mehr durch. Für das Gesehen- werden reichen die preiswerteren Modelle mit 30 Lux wie der Axa Pico und der neue Avy von Busch + Müller, beide auch erhältlich mit Tagfahrlicht. 50 bis 80 Lux und ein enorm breites und homogen ausgeleuchtetes Sichtfeld auf unbeleuchteten Wegen bieten die besseren Modelle wie der Eyc oder der Luxos von Busch und Müller.

Hinten ist ein Lichtband im Rücklicht wie beim Top Light Line Plus von Busch + Müller aus deutlich größerer Entfernung sichtbar als das sonst übliche Licht. Die Standlichtfunktion für den Ampelstopp ist beinahe Standard.

Wer sich trotz leicht laufender Nabendynamos doch lieber für Batteriebeleuchtung entscheidet, darf diese seit der Änderung der StVZO im Jahr 2013 an jedem Fahrrad im Verkehr benutzen, wenn sie oder zumindest die Halterung dafür am Fahrrad montiert ist. Außerdem muss die Lampe die in Deutschland für jede Fahrzeugbeleuchtung vorgeschriebenen Prüfzeichen tragen (Wellenlinie und K-Nummer des Kraftfahrtbundesamtes). Batteriescheinwerfer wie der kleine Speedster von Sigmasport oder der neue Ixon Core von Busch + Müller leuchten genauso hell wie die mit Dynamo betriebenen. Wichtig: Die Schnellbefestigung am Lenker so ausrichten, dass der Gegenverkehr nicht geblendet wird! Praktisch: Die integrierten Lithium-Ionen-Akkus können per USB-Buchse aufgeladen werden.

Vorgeschrieben sind auch Reflektoren: vorn ein weißer, hinten zwei rote, an den Pedalen und in den Speichen gelbe oder weiße oder besser noch seitliche Reflexstreifen auf den Reifen. Das Tragen einer reflektierenden Weste oder Schärpe mag manchem zu karnevalistisch vorkommen, erhöht die passive Sicherheit aber enorm.

Winterreifen fürs Rad

Anders als beim Auto spielt das Profil beim Reifen eine untergeordnete Rolle. Aquaplaning gibt es beim Fahrrad nicht. Wer viel auf unbefestigten Wegen unterwegs ist, braucht ein gutes Profil. Doch auf der Straße ist die Gummimischung wichtiger. Hochwertige Reifen bieten eine deutlich bessere Haftung bei Nässe und trotzdem eine gute Haltbarkeit bei niedrigem Rollwiderstand. Aber: Reifen verschleißen nicht nur, sie altern mit der Zeit und durch die UV-Strahlung. Dadurch verlieren sie an Haftung. Neue Reifen sollte man deshalb zum Winter hin aufziehen.

Breite Reifen sind vor allem bei Schnee und Matsch besser, aber auch sicherer bei Straßenbahnschienen, und – voll aufgepumpt – rollen sie so leicht wie schmale. Und Winterreifen fürs Fahrrad? Es gibt keine speziellen Gummimischungen für den Winter beim Fahrrad, aber für Vielfahrer in schnee- und eisreichen Gegenden bieten die Hersteller Spikereifen, die spürbar mehr Grip haben. Diese sind, anders als bei Kraftfahrzeugen, für das Fahrrad im Straßenverkehr erlaubt. Tipp: Mit weniger Luftdruck – der minimal zulässige steht auf der Reifenflanke – ist die Haftung bei Schnee und Eis besser. Das gilt auch für die Spikereifen.

Warten im Winter  

Im Herbst und Winter braucht das Fahrrad etwas mehr Zuwendung. Die Kette muss öfter geschmiert werden und die Bremsbeläge verschleißen schneller. Vor dem Winter sollte man deshalb Brems- und Schaltungszüge und Lichtkabel prüfen sowie Lenkervorbau und Sattelstütze im Klemmbereich fetten. Unterstellen sollte man das Rad im Winter an einem trockenen, aber kühlen Ort. Ist der Abstellort zu warm, kann sich Kondenswasser bilden: Das Fahrrad rostet leichter und tagsüber können bei Frost die Brems- und Schaltungszüge in den Außenhüllen festfrieren. Viele Fahrradläden wie die des Verbunds Service Fahrrad (VSF) bieten in der Winterzeit eine preiswerte Inspektion an.

Peter Barzel

fairkehr 5/2023