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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Politik 5/2014

Unsichtbare Killer

Der Handlungsbedarf für die Luftreinhaltung in deutschen Städten bleibt groß. Der VCD fordert ein nationales Programm zur Luftreinhaltung.

Foto: Uta LinnertUnsichtbar, aber trotzdem lebensgefährlich: Mikroskopisch kleine Partikel lauern fast überall. Städte wie Lyon, die den Radverkehr fördern, verbessern die Luftqualität erheblich.

Nach den Katastrophennachrichten über das Waldsterben in den 80er Jahren und den Ozonalarm in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist es ruhiger geworden um die Luftqualität. Nur gelegentlich vermelden die Medien Überschreitungstage beim Feinstaub. Aber ist die Luft wirklich grundsätzlich besser geworden oder sind die Schadstoffe und ihre Wirkungen einfach nur nicht mehr so deutlich sichtbar?

Das Umweltbundesamt (UBA) zeigt in seinem kürzlich erschienenen Jahresbericht 2014, dass beide Aussagen stimmen. Es gab Erfolge bei der Verminderung von Luftschadstoffen. Entschwefelungsanlagen in Kraftwerken und in der Industrie haben den Ausstoß von Schwefeldixoid in den 90er Jahren dramatisch vermindert, wodurch der saure Regen und damit auch das Waldsterben zurückging. Erfolge gab es auch bei flüchtigen organischen Verbindungen und beim Kohlenmonoxid.

Dem steht allerdings eine stagnierende Entwicklung beim Ausstoß von Feinstaub und Stickoxiden gegenüber. Immer noch sind etwa 30 Millionen Bundesbürger ständig hohen Schadstoffbelastungen ausgesetzt. Besonders betroffen sind diejenigen, die in Städten und Ballungsräumen leben. Regelmäßig werden dort Grenzwerte für Feinstaub (PM10), Stickstoffdioxid und Ozon überschritten. So wird beispielsweise an rund zwei Dritteln aller verkehrsnahen Messstationen der EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3) nicht eingehalten. NO2 belastet vor allem die Atemwege, führt zu Asthma und reizt der Bronchien.

Hauptverursacher Verkehr

Auch der Schutz der Bevölkerung vor Feinstaub reicht bisher nicht aus, denn 2013 wurde an fast 51 Prozent aller Messstationen in Deutschland der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Wert von 20 µg/m3 überschritten. Nach Berechnungen des UBA führt dies jährlich im Schnitt zu rund 47000 vorzeitigen Todesfällen infolge der zu hohen Feinstaubbelastung – durch akute Atemwegserkrankungen, Herz- und Lungenerkrankungen bis hin zum Lungenkrebs.

Heiko Balsmeyer, Experte für Luftreinhaltung im Verkehr beim VCD, bezeichnet Dieselruß und NO2 daher als „unsichtbare Killer“ und fordert: „Wir brauchen dringend ein nationales Programm zur Luftreinhaltung. Der Schwerpunkt muss im städtischen Verkehr liegen. Hier ist der Bund gefordert, Städte und Kommunen bei ihren Maßnahmen auch finanziell zu unterstützen.”

Hauptverursacher für den Ausstoß von Stickoxiden ist der Verkehr – Autos und Lastwagen mit Dieselmotoren. Mit Abstand folgt die Energiewirtschaft. Ein dringendes Problem im Verkehr sind die „Real Driving Emissions“. Das sind die Emissionen im realen Fahrbetrieb. Denn auf der Straße ist der Schadstoffausstoß regelmäßig höher, als die Hersteller ihn für die Zulassung ihrer Fahrzeuge im Labor messen lassen. Im EU-Projekt Clean Air arbeitet der VCD mit seinem Dachverband Transport & Environment daran, zusammen mit der EU-Kommission Lösungen für dieses zentrale Problem der Luftreinhaltung zu finden.

Neben technischen Lösungen hält Heiko Balsmeyer Maßnahmen für eine beschleunigte Verkehrswende für erforderlich: „Tempo 30 als Basisgeschwindigkeit und mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger sind geboten. Denn die konsequente Förderung des Rad- und Fußverkehrs macht die Luft sauberer und erhöht die Lebensqualität in unseren Städten.”   

Uta Linnert

Sämtliche Informationen zum Thema Luft­­­reinhaltung finden Sie auf dem VCD-Portal: www.saubereluft.org


fairkehr 5/2023