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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Politik 1/2014

Bahn schlägt Flugzeug

Der VCD hat einen Bahn-Flug-Preisvergleich für Reisen von Deutschland in das benachbarte Ausland durchgeführt. Das Ergebnis: Zugfahren ist fast immer günstiger als Fliegen.

Foto: Airport NürnbergLieber gleich ins Original statt in die Kopie steigen: Die Bahn hat im Preisvergleich fast immer die Nase vorn. Das Bild zeigt einen

Für 19 Euro nach London, für 39 nach Wien, zum Taxipreis nach Paris – es sind Schnäppchen wie diese, mit denen Fluggesellschaften seit Jahren auf uns einhämmern. Flüge innerhalb Europas scheinen unschlagbar billig zu sein. Doch diese Lockangebote gibt es oft nur an einem einzigen Tag oder mit Gültigkeit innerhalb weniger Stunden. Wer sich selbst durch die Internetseiten klickt, stellt schnell fest, dass die Flüge zu den gesuchten Terminen wesentlich mehr kosten.

Der aktuelle europäische Bahn-Flug-Preisvergleich des VCD beweist es: In 93 Prozent der Reisen ist Bahnfahren günstiger als Fliegen. Der durchschnittliche Flugpreis in Städte unserer Nachbarländer ist doppelt so hoch wie der Bahnpreis. Damit wird bestätigt, ob innerdeutsch oder europäisch: Auf Kurzstrecken hat die Bahn einen Preisvorteil.

Infografik: fairkehr/Marc VennerDie Reise mit dem Zug ins benachbarte Ausland, zum Beispiel mit dem railjet von München nach Wien, ist meistens billiger, als zu fliegen.

374 Preisvergleiche zwischen Bahn- und Flugreisen und somit 748 Reisepreise auf elf Strecken in Nachbarländer hat der Mobilitätsforscher der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Thomas Sauter-Servaes, im Auftrag des VCD durchgeführt. „Das Ergebnis ist eindeutig“, sagt Heidi Tischmann, Referentin für Verkehrspolitik beim VCD, „wer sich mit schnellem Klick für ein Flugticket entscheidet, trifft nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern gerade auch mit Blick auf den Preis eine Fehlentscheidung.“

Berücksichtigt haben die Mobilitätsforscher des VCD verschiedene Reisetypen mit Bahn und Flugzeug, aber auch unterschiedliche Vorlaufzeiten bei der Ticketbuchung. Je näher das Buchungsdatum am Reisetermin liegt, desto mehr sparen Bahnreisende im Vergleich zu Flugreisenden. Eine vierköpfige Familie zum Beispiel, die eine Urlaubsreise nach Wien, Amsterdam oder Paris einen Tag vor Reiseantritt bucht, spart mit der Bahn deutlich: Sie zahlt im Schnitt 644 Euro weniger. Doch auch Frühbucher sind mit der Bahn im Vorteil. Zwölf Wochen vor Reiseantritt beträgt die durchschnittliche Ersparnis derselben Familie immer noch 321 Euro.

Vorteile des Bahnfahrens herausstellen

Auch kurze Geschäftsreisen sind billiger per Bahn. Eintägige Geschäftsreisen waren mit der Bahn auf allen getesteten Verbindungen preiswerter als mit dem Flugzeug. Nur bei den Wochenendreisen kann Fliegen manchmal mit Bahnfahren preislich konkurrieren. Auf der Strecke Frankfurt–Paris etwa war der Flug für zwei Erwachsene um 146 Euro günstiger als die Bahnfahrt. Weil zwischen den Drehkreuzen Frankfurt und Paris das Passagieraufkommen und der Preiswettbewerb zwischen den Fluggesellschaften so groß ist, konkurrieren diese dort stark und unterbieten dabei die Ticketpreise der Bahnen. Doch das sind Einzelfälle.

Der VCD hat bei seinem Bahn-Flug-Preisvergleich nur europäische Reiseziele ausgewählt, die sich in einer annehmbaren Reisezeit erreichen lassen: Städte wie Basel, Zürich, Amsterdam, Brüssel, Paris, Kopenhagen oder Wien. Auf einer der weiteren Strecken von Hamburg nach Kopenhagen beispielsweise, auf der die Bahn vierdreiviertel Stunden braucht, betrug die durchschnittliche Ersparnis bei einer Wochenendreise zu zweit 250 Euro, auf der Vier-Stunden-Strecke von München nach Wien waren es 150 Euro. Knapp 80 Prozent aller untersuchten Wochenend-Bahnreisen kosten weniger als der Flug.

Doch genügt das, damit Reisende alte Gewohnheiten ablegen und auf die klimaverträgliche Bahn umsteigen? „Es kommt bei einer Reise ja nicht nur auf den Preis an“, sagt VCD-Referentin Tischmann. „im Zug kann man sich bewegen während der Fahrt, man hat die Möglichkeit zu telefonieren und kann das Internet nutzen. Außerdem liegen die Bahnhöfe immer zentral in der Stadt, was die kürzere Flugzeit oft wieder aufwiegt.“ Wer Zweifel hat, dem empfiehlt der VCD, selbst einen Online-Preisvergleich durchzuführen. Entsprechende, Internetportale gibt es mittlerweile.

Die Politik fordert der VCD auf, für einen fairen Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern zu sorgen, damit Bahnfahren noch attraktiver wird. „Der Preisvorteil wäre noch deutlicher, würde es die steuerliche Ungleichbehandlung von Bahn und Flugverkehr nicht geben“, sagt VCD-Bundesvorsitzender Michael Ziesak. „Die gewerbliche Luftfahrt ist von der Besteuerung des Flugbenzins befreit und bei Auslandsflügen wird keine Mehrwertsteuer erhoben. Insgesamt belaufen sich die Subventionen für das klimaschädlichste Verkehrsmittel auf nicht akzeptable 10,4 Milliarden Euro jährlich.“

Außerdem fordert der VCD die europäische Integration des Bahnverkehrs, damit das grenzüberschreitende Zugfahren einfacher wird. Michael Ziesak: „Wir brauchen ein zentrales europäisches Auskunftsportal für alle Fahrplandaten und Ticketpreise. Es muss möglich werden, in allen Ländern für alle Bahnreisen durch Europa Fahrkarten kaufen zu können – zu denselben Bedingungen und zu einheitlichen Preisen.“

Uta Linnert



Selbst Preise vergleichen

Wer daran zweifelt, dass Bahnfahren preiswerter ist, als zu fliegen, kann auf verschiedenen Internetportalen die ­Preise vergleichen. Zum Beispiel:

Dasselbe gilt für den Umweltvergleich. Hier kann jeder den ökologische Fuß­­­abdruck beider Reisearte nachlesen: www.routerank.com

fairkehr 5/2023