fairkehr VCD-Magazin für Umwelt, Verkehr, Freizeit und Reisen

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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Titel 5/2013

Mitfahren beim Chef

Eine flinc-Fahrgemeinschaft ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern macht auch Spaß.

Noch eine Mitfahrplattform im Internet? Von wegen: Bei flinc bieten Privatpersonen nicht nur monatlich bis zu 500000 Autostrecken zum Mitfahren an. Der Clou ist die Einbindung ganzer Unternehmen. Deren Mitarbeiter registrieren ihre Fahrtrouten zur Arbeit in einer Datenbank, auf die alle im Unternehmen Zugriff haben. flinc stellt die Plattform bereit und macht das Projekt in der Firma populär.

15 Unternehmen, darunter der Chemiekonzern BASF und das Textilunternehmen Marc O’Polo, lösen mit flinc bereits mehrere Mobilitätsprobleme: Die Parkplätze reichen plötzlich aus, der CO2-Ausstoß sinkt und auch der Firmen-Fuhrpark kann integriert und effizienter genutzt werden. Nicht zuletzt sorgen die Gespräche während der Fahrten für eine abteilungsübergreifende Kommunikation. „Wir wollen das Mitfahren so alltagstauglich machen wie Fahrten mit Bus, Bahn oder Taxi“, sagt flinc-Mitgründer Benjamin Kirchner. Der jüngste Erfolg des Start-ups aus Ludwigshafen: Die flinc-Routen sind nicht nur in der Navigon-App für iOS-Smartphones sichtbar, sondern neuerdings auch für Android-Handys.

Christian Boeckmann

Impulsgeber für Unternehmen

Ein Bike-and-Ride-Parkplatz in ­München: auch eine Möglichkeit, um intelligent und umweltfreundlich zur Arbeit zu kommen.

Beim Verkehr steht die Landeshauptstadt München vor zwei Herausforderungen: Erstens gilt es, die Belastungen für die Umwelt zu senken. Und zweitens sollen Bürger wie Besucher schnell und sicher ans Ziel kommen. Um das zu erreichen, hat die Stadt ein umfassendes ­Mobilitätskonzept erarbeitet, das auch Pendelverkehr und Geschäftsreisen einschließt. „Seit über zehn Jahren helfen wir Unternehmen, ein betriebliches ­Mobilitätsmanagement aufzubauen“, sagt Ulfried Müller vom Referat Arbeit und Wirtschaft.

Dabei erhalten interessierte Firmen in gemeinsamen Workshops Informationen zu den vielfältigen Möglichkeiten: Car­­sharing- oder Mietrad-Anbieter und die Münchner Verkehrsgesellschaft stellen ihre Angebote vor, Unternehmen berichten aus der Praxis. Außerdem analysieren Berater kostenlos die Situation der einzelnen Firmen. Gemeinsam mit den Beschäftigten entwickeln sie Ansätze, wie sich die betriebliche Mobilität verbessern ließe. Ulfried Müller erklärt: „Wichtig für den Erfolg ist, dass Betrieb und Mitarbeiter den Nutzen klar erkennen und beziffern können: mit Blick auf eine verbesserte Erreichbarkeit ihres ­Betriebes, verringerte Kosten und Emissionen.“

Michael Schwengers

Bild und Ton aus fernen Ländern

Foto: GIZ, Florian KoppDie Mitarbeiter der GIZ setzen heute auf Online-Meetings und reduzieren so erheblich die Anzahl der Dienst­­reisen.

Standorte in Deutschland und in weiteren 114 Ländern – die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist über den ganzen Erdball verteilt und kämpft daher mit hohen Reisekosten. Billiger als jeder Flug sind Videokonferenzen, dank schnellem Internet in meist guter Bild- und Tonqualität und mit der Möglichkeit, gemeinsam an Dokumenten zu arbeiten.

Seit Januar wirbt die GIZ bei ihren Teams für Online-Meetings via Lync und Skype, investiert in Lizenzen und bietet Technikschulungen an. So bleiben die 2000 entsandten Kollegen mit den etwa 3200 in Deutschland in Verbindung. Mitarbeiter in Vietnam haben bereits ausgerechnet, dass sie zwei Drittel der Dienstreisen und damit 50000 Euro pro Jahr einsparen werden – von den Emissionen ganz abgesehen. „Im August hatten wir bereits 2000 Video-Konferenzen innerhalb der GIZ. Die Technik hat sich bewährt“, sagt Bettina Brendle von der Stabsstelle Informationstechnologie. Sie muss es wissen, denn sie leitet seit einem Jahr ihr Team in Bonn und Eschborn aus der Ferne – von Uganda aus.

Christian Boeckmann

Beim Radeln Steuern und CO2 sparen

Foto: LeaseRad„Ein Fahrrad zu leasen kann günstiger sein als der Kauf“, erklärt LeaseRad-Gründer Ulrich Prediger.

Auf dem Weg ins Büro lässt VCD-Geschäftsführerin Claudia Maiwald Bus und Bahn meist links liegen und tritt in die Pedale ihres E-Bikes. Das hat sie allerdings nicht beim Händler gekauft, sondern über die LeaseRad GmbH geleast. Gründer des Unternehmens ist Ulrich Prediger. „Als passionierter Radfahrer hat mich geärgert, dass Unternehmen zwar Autos, aber keine Fahrräder für ihre Mitarbeiter leasen konnten. Das wollte ich ändern“, sagt er.

Dazu musste eine steuerliche Regelung für Räder im betrieblichen Einsatz her, vergleichbar mit der für Firmenwagen. Nachdem das seit letztem Jahr erreicht ist, funktioniert das Konzept so: Arbeitnehmer suchen sich bei einem der teilnehmenden Händler ein Modell aus. LeaseRad kauft das Fahrrad und bekommt dann 36 Monate lang eine Rate vom Arbeitgeber. Der wiederum behält einen entsprechenden Teil des monatlichen Gehalts ein – es findet also eine Gehaltsumwandlung statt, die für Arbeitnehmer weniger Steuern bedeutet. Und nach Ende der Laufzeit können sie das Rad für zehn Prozent des Anschaffungspreises kaufen. Der Effekt: Wegen der steuerlichen Wirkung ist für Arbeitnehmer das Leasing günstiger als der Kauf.
„Mit meinem geleasten E-Bike spare ich nicht nur Kosten“, weist VCD-Chefin Claudia Maiwald auf einen weiteren Vorteil hin. „Im Stadtverkehr bin ich fast immer schneller am Ziel als mit anderen Verkehrsmitteln.“

Michael Schwenger

Leasing-Rad für Azubis

Im Wettbewerb um qualifizierten Nachwuchs und die Fachkräfte von morgen bietet das Leasing von E-Bikes Firmen eine interessante Möglichkeit, positiv auf sich aufmerksam zu machen und gleichzeitig junge Nachwuchskräfte für sich zu gewinnen.

Auf dem Ausbildungsmarkt wird die Mobilität der Auszubildenden heutzutage zwar immer mehr gefordert, aber bisher noch kaum gefördert: Die Firma Leasing ebike, ein herstellerunabhängiger Anbieter von Elektrofahrrädern in Deutschland, hilft Unternehmen beim Werben um talentierte Auszubildende. Mit einer Kombination aus Leasingvertrag und Gehaltsumwandlung können Unternehmen jungen Menschen einen großen Mehrwert zum kleinen Gehalt anbieten – und natürlich eine attraktive Mobilitätsalternative. Möglich macht das seit Ende 2012 die steuerliche Gleichstellung von Dienstrad und Dienstwagen nach der eBikes lediglich mit einem Prozent des Listenpreises versteuert werden müssen. Mehr als drei Viertel aller Wege liegen im Entfernungsbereich bis zehn Kilometer und das Fahrrad ist innerstädtisch nachweislich auf kurzen Strecken das schnellste Verkehrsmittel.  

Uta Linnert

Feste Ziele vor Augen

Foto: VaudeVaude-Geschäftsführerin Antje von Dewitz arbeitet jeden Tag an den ­eigenen Zielen und kommt mit dem Rad zur Arbeit.

Für das betriebliche Mobilitätsmanagement hat der Sportartikelhersteller Vaude in Tettnang am Bodensee messbare Ziele gesetzt und diese im Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. So wollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2013 mindestens 45000 Kilometer Arbeitsweg mit dem Rad zurücklegen. Außerdem ist anvisiert, die durch den Pendelverkehr verursachten Emissionen bis 2015 um zehn Prozent zu senken. Bei den Geschäftsreisen soll der Ausstoß sogar um ein Fünftel reduziert werden, bezogen auf den Wert von 2011.

In den Blick genommen hat Vaude auch die eigene Fahrzeugflotte. Das Unterneh­men will den Treibstoffverbrauch gegenüber 2008 um fünf Prozent senken. „Um unsere Vorgaben zu erreichen, haben wir ein Mobilitätskonzept mit sechs Bausteinen entwickelt“, sagt Julia Bauer, bei Vaude für die Nachhaltigkeits-Kommunikation verantwortlich. Beispielsweise das Rad-Förderprogramm: Unter anderem sollen eine Reparaturwerkstatt, ein Fahrradparkplatz und acht Leih-E-Bikes dazu ermuntern, häufiger das Rad zu nutzen. Auch der ÖPNV spielt eine Rolle: Nachdem Vaude sich lange dafür engagiert hat, hält vor der Zentrale in Tettnang seit September ein Linienbus.

Michael Schwengers

Autofahrer fördern Bus und Bahn

Foto: Uniklinik FreinurgParkplätze sind an der Uniklinik Freiburg rar und auch für die Mitarbeiter kostenpflichtig.

An der Uniklinik Freiburg sind Parkplätze rar: 2000 davon teilen sich Patienten und Besucher mit den rund 10000 Mitarbeitern. Eine echte Herausforderung für das Mobilitätsmanagement – auch wenn Fahrräder und ÖPNV in der Freiburger Innenstadt dem Auto längst den Rang abgelaufen haben. Die Uniklinik löst das Problem, indem sie mit den täglichen Parkplatz-Gebühren Jobtickets für Bus und Bahn finanziert: Mitarbeiter zahlen einen Euro pro Tag, Besucher und Patienten einen Euro in der Stunde. 60 Prozent der Mitarbeiter nutzen bereits die vergünstigte ÖPNV-Monats- oder Jahreskarte. Wer das Jobticket nicht braucht, erhält stattdessen einen 40-Euro-Einkaufsgutschein.

Ergänzt wird diese Parkraum-Geldumverteilung durch viele Fahrradparkplätze direkt vor den Gebäuden und eine enge Anbindung an Bus und Bahn. 2015 geht es weiter: „Für längere Strecken zwischen den Instituten planen wir, Elektrofahrräder anzuschaffen“, sagt Karin Ochsenfarth vom Gebäudemanagement.

Christian Boeckmann

fairkehr 5/2023