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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Titel 3/2013

Das Auto der Zukunft

In 20 Jahren wird das Auto weniger herumstehen als heute. Es wird weniger verbrauchen und weniger Menschen töten. Zwei Autoexperten und ihre Vorstellungen.

Foto: PrivatFerdinand Dudenhöffer

Ferdinand Dudenhöffer ist Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Dortmund-Essen. Der 62-Jährige arbeitete von 1985 bis 1990 für die Autoindustrie.

„Das Auto der Zukunft könnte schon bald auf der Straße stehen. Es muss die Vision „null Verkehrstote“ umsetzen, sprich: autonom fahren können. Denn 98 Prozent der Unfälle sind von Menschen verursacht. Selbstfahrende Autos bringen uns den großen Fortschritt. Zusätzlich ist das Auto der Zukunft nur als Null-Emissions-Auto vorstellbar. Etwa als batteriegetriebenes Elektroauto für die Stadt und für längere Distanzen als Brennstoffzellenfahrzeug. Dabei sind leichtere und trotzdem verformungsfeste Materialien wie Carbon notwendig. BMW in Leipzig geht damit jetzt in Serienproduktion.

Das Auto der Zukunft sollten wir nicht fürs Museum bauen, sondern für die Menschen. Das heißt, es muss trotz all der aufwändigen Innovationen finanzierbar sein. Deshalb brauchen wir eine bessere Auslastung für das Auto. 23,5 Stunden pro Tag vor der Haustür zu stehen sollte nicht die Zukunft des Autos sein. Damit sind wir bei der modernen Nutzung: Stationsloses Carsharing, wie Car2Go es erfunden hat, ist ein Teil des Autos der Zukunft, insbesondere in Metropolregionen.
Und natürlich brauchen wir die Funktionalität und Eleganz der Form, natürlich brauchen wir den Komfort im Innenraum, die Praktikabilität etwa für den Bierkasten, die Vielfalt in den Karosserieformen und die Möglichkeiten, im Auto modern zu kommunizieren. Denn das Auto der Zukunft sollte eines nicht sein: langweilig. Doch das erledigen die Autobauer schon von selbst. Null Emissionen und null Verkehrstote – das sind die großen Herausforderungen.”

Foto: VCD/Andreas LabesGerd Lottsiepen

Gerd Lottsiepen ist verkehrspolitischer Sprecher beim VCD. Der 59-jährige Autoexperte ist seit 1995 Autor der VCD Auto-Umweltliste

„Die Politik wird nach Jahren verfehlter Klimapolitik erkennen, dass Klimaschutz und die Außenhandelsbilanz wichtiger sind als der Aktienkurs von Daimler und Exxon. Ambitionierte CO2-Grenzwerte für Pkw und ein Tempolimit auch auf deutschen Autobahnen fördern den Leichtbau sowie die Hybridisierung und Elektrifizierung des Antriebs.

Das Auto der Zukunft kommt seiner Bestimmung näher: sich zu bewegen. Heute ist das Auto ein Stehzeug. Es wird im Durchschnitt weniger als eine Stunde täglich gefahren, dafür am Sonnabend mit wohlriechenden Shampoos gepflegt. Dieses Zeitalter endet. Das Verhältnis zum Auto wird vernünftiger. Carsharing erlebt einen Boom, der Pkw in Privatbesitz wird zumindest in den Städten zum Auslaufmodell.
Geteilte Autos müssen selbsterklärend sein, ohne viel Schnickschnack. Komplett von außen gesteuerte Pkw werden sich nicht durchsetzen. Denn zu tief sitzt der Traum, selbstbestimmt Raum und Zeit zu überwinden Die Technik wird das Fahren sicherer machen, zum Beispiel durch unfallvermeidende Sensoren und Bremsauslöser. Autohersteller müssen sich auf den demografischen Wandel einstellen – Bürgerbusse, gesteuert von „jungen Senioren“ für Senioren, werden zum Verkaufsschlager.

Rennreiselimousinen, die 250 km/h schnell fahren, sind in 20 Jahren Exoten in alten Filmen. Zu optimistisch? Wer hätte vor 20 Jahren geglaubt, dass die Nichtraucherkneipe und ein rauchfreier Arbeitsplatz heute normal sind?
Ach ja – für suchtkranke Autophile wird es einen Sportwagen-Streichelzoo mit Auslauf auf der ersten stillgelegten Autobahn geben.”

fairkehr 5/2023