fairkehr VCD-Magazin für Umwelt, Verkehr, Freizeit und Reisen

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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Titel 2/2013

Schmutz in Chinas Luft

Lena Hatzelhoffer hat in Chinas dreckiger Luft gelebt.

Foto: Valeska ZeppLena Hatzelhoffer (31) tut etwas für die saubere Luft in ihrer Heimat, indem sie kein Auto fährt und alle Wege in der Stadt mit dem Fahrrad erledigt. Sie hat Geographie, Sinologie und Wirtschaftspolitik studiert. In Wuhan lebte sie 2005/2006. Jetzt arbeitet sie am Geographischen Institut der Universität Bonn und erforscht die Zukunft der Städte.

Über Luftqualität habe ich mir erst Gedanken gemacht, als ich plötzlich keine saubere Luft mehr zum Atmen hatte. Ein Jahr lang habe ich in der chinesischen Stadt Wuhan studiert. Die Stadt liegt in Mittelchina am Fluss Chang Jiang (Jangtsekiang) und es leben dort ungefähr acht Millionen Menschen. Wuhan ist eine Industriestadt mit vielen Fabriken und starkem Verkehr.

Die Infrastruktur war katastrophal, es gab zum Beispiel 2006 nur eine U-Bahn-Linie mit vielleicht fünf Stationen und der Verkehr verlief komplett auf den Straßen. Die waren eigentlich immer verstopft – mit Autos, Lastwagen, Treckern, Motorrollern, Radfahrern und Fußgängern. Sich durch die Stadt zu bewegen, dauerte sehr lange.

Gestank und schwarzer Staub

Ich konnte die Luftverschmutzung riechen, sehen und spüren. Wenn ich morgens aus dem siebten Stock über die Stadt schaute, lag oft Smog wie dreckiger Nebel über den Dächern. Viele Radfahrer und Rollerfahrer trauten sich nur mit Mundschutz oder Atemmasken nach draußen.

Es hieß zwar immer, die Auflagen für die Industrie in China seien hart. Das Problem sind aber, glaube ich, die vielen Kleinbetriebe, die wenig bis gar nicht kontrolliert werden. Und natürlich der motorisierte Verkehr, da gab es bestimmt keine Abgasbestimmungen, Rußfilter- und Katalysatorenpflicht oder gar Umweltzonen wie bei uns.

Die Sommer in Wuhan sind sehr heiß. Wenn ich draußen rumlief, waren meine Arme nach zwei Stunden nicht nur verschwitzt, sondern auch schwarz. Überhaupt war der schwarze Staub allgegenwärtig. Wenn ich im Sommer mit Freunden auf dem Balkon sitzen wollte, mussten wir erst putzen. Dass der Boden weiß gekachelt war, konnte man nur direkt nach dem Wischen sehen. Meine Wäsche habe ich zum Trocknen nie nach draußen gehängt.

Aber der Staub war so fein, dass er durch alle Ritzen kroch und sich auch drinnen über alles legte. Innerhalb von zwei Tagen waren Regale, Tische und Lampen mit einer feinen dunklen Schicht überzogen. Ich hatte häufig das Gefühl: Ich muss jetzt mal raus aus der Stadt. Wenn ich dann mit Freunden aufs Land gefahren bin, habe ich gleich gemerkt: Hier kann ich besser atmen.

Ständig erkältet mit Husten

Auch gesundheitlich hat sich die dreckige Luft bemerkbar gemacht. Im Winter war ich dauernd erkältet. Das kann man natürlich nicht nur auf die dreckige Luft schieben. Die Winter sind in Wuhan ähnlich kalt wie bei uns – aber es gibt keine Heizungen. Krass war aber, dass die Erkältungen immer gleich eine Etage tiefer rutschten – in die Bronchien und die Lunge. Als ich wieder zurück in Deutschland war, hatte ich noch ein Jahr lang sehr häufig Erkältungen mit krassem Husten. Den hatte ich vorher bei Erkältungen nie.

Trotzdem habe ich die Stadt lieben gelernt: die gelassenen Menschen, den – mit Shanghai verglichen – langsamen Rhythmus, die Atmosphäre. Ich würde noch mal für ein paar Jahre nach China ziehen. Aber länger dort leben – das würde ich mir wegen der Luftverschmutzung und generell wegen der Umweltbelastungen nicht antun.

Protokoll: Valeska Zepp

fairkehr 5/2023