fairkehr VCD-Magazin für Umwelt, Verkehr, Freizeit und Reisen

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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Magazin 1/2013

Was Europa von Uganda beim Fahrrad lernen kann

Der Gründer einer ugandischen Fahrrad-NGO über Entstehung, Projekte und Pläne.

Foto: Emil HöflingPatrick Kayemba, 47, ist Mitbegründer von FABIO, der First African Bicycle Information ­Organization.

fairkehr: Mit einer Fahrradwerkstatt in Jinja fing es 1993 an. Wie wurde FABIO zu einer der ersten afrikanischen Vereine für nachhaltigen Verkehr? 
Patrick Kayemba: Zunächst suchten wir Sponsoren. Mitte der 90er-Jahre kam der erste Container mit gebrauchten Rädern aus Europa. 2001 organisierten wir die erste panafrikanische Fahrradkonferenz, an der über 150 Menschen aus 35 Ländern teilnahmen. Das war der Durchbruch für FABIO und der Anstoß für den Entwurf einer Fahrradverkehrspolitik in Uganda.

Wie arbeiten Sie? Und was sind die Herausforderungen?
Wir haben verschiedene Projekte, beispielsweise Cycle2­school oder unser Healthcare-Projekt, bei dem wir durch Fahrradambulanzen die Gesundheitsversorgung auf dem Land verbessern. Darüber hinaus organisieren wir Aktionen wie den „Car Free Day“. Die Herausforderungen sind vor allem finanzieller Art, außerdem fehlt es uns immer an Fahrrädern. Und letztlich wird Fahrradfahren weiterhin als Ausdruck von Armut verstanden. Die Köpfe der Menschen zu verändern, ist eine der schwierigsten Aufgaben.

Trotzdem – das Fahrrad gehört zum Alltag vieler Ugander. Was kann sich Europa abgucken?
In meiner Wahrnehmung wird das Fahrrad in Europa vor allem für Freizeitaktivitäten eingesetzt. Hier hingegen ist es auch ein Mittel, mit dem man Geld verdienen kann. Diesen Ansatz könnte man in Europa stärker übernehmen.

Wie wurde das Fahrrad für Sie zu einem solch wichtigen Thema?
Eines Tages brachte mein älterer Bruder ein Fahrrad mit nach Hause, und ich wollte natürlich direkt lernen, darauf zu fahren. Auf einer der ersten Touren durchs Dorf verlor ich prompt die Pumpe, wofür ich von meinem Vater bestraft wurde. Einen ganzen Monat lang hatte ich Fahrrad-Verbot, was mein Verlangen, wieder damit zu fahren, unglaublich anwachsen ließ. Ich liebe es, Neues auszuprobieren. Die Idee beispielsweise, mithilfe des Fahrrads Frauen selbständig mobil zu machen ­– so etwas hat es vorher einfach nicht gegeben. Das ist meine Motivation: die Dinge anders denken.

Wie wird es weitergehen?
Nach meinem Wunsch sollte FABIO zu einer Art afrikanischem Institut für nachhaltigen Verkehr ausgebaut werden, also auch Themen jenseits des Fahrrads behandeln. Die nationale Politik für nichtmotorisierten Transport und unser Engagement im Aufbau eines Busleitsystems in Kampala sind bereits Schritte in diese Richtung. Fahrradtourismus könnte ein Weg sein, uns auch finanziell besser aufzustellen.

Interview: Simon Klippert

fairkehr 5/2023