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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Titel 4/2012

VCD Städtecheck 2012

Im dritten VCD Städtecheck nimmt der Verkehrsclub die Verkehrssicherheit von Kindern und Jugendlichen unter die Lupe. Trotz positiver Signale stellt sich die Lage uneinheitlich dar.

Unfallursache Nummer eins bei Kindern im Alter bis sechs Jahre ist, im Auto der Eltern zu verunglücken. Bei den sechs- bis zehnjährigen Kindern kommen die meisten als Fußgänger zu Schaden. Am stärksten gefährdet sind Mädchen und Jungen im Alter zwischen 10 und 14 Jahren. Sie sind am häufigsten als Radfahrerinnen und Radfahrer in Unfälle verwickelt. 

In seiner Untersuchung „VCD Städtecheck 2012: Verkehrssicherheit Kinder und Jugendliche“ hat der VCD die Entwicklung der Verunglücktenzahlen in 76 deutschen Großstädten mit über 100.000 Einwohnern analysiert. Betrachtet wurde der Zeitraum von 2007 bis 2011.

Die Zahl der verunglückten Kinder und Jugendlichen je 1000 ist in dieser Zeit nur sehr leicht gesunken: bei Kindern durchschnittlich um 0,2 Prozent, bei Jugendlichen im Fünfjahresmittel um 0,8 Prozent. Für Aufschrecken sorgten die Zahlen im Jahr 2011, als erstmals wieder mehr Kinder und Jugendliche im Straßenverkehr verletzt wurden.

Falsches Parken kostet Leben

Zwischen den beobachteten Großstädten zeigt sich ein uneinheitliches Bild: In der Hälfte aller Städte ist der Anteil verunglückter Kinder je 1000 im Mittel der vergangenen fünf Jahre zurückgegangen. In anderen Städten nahm die Rate dagegen zu. 38 Städte wurden deshalb rot eingestuft (siehe Karte linke Seite). Insgesamt wurden im untersuchten Zeitraum in den 76 Großstädten 55 Kinder im Straßenverkehr getötet, 46144 Kinder wurden verletzt. In nur 28 der untersuchten Städte starben im Zeitraum 2007 bis 2011 keine Kinder durch Verkehrs­­un­fälle. 

Kleine Kinder bis zu sechs Jahren verunglücken am häufigsten im Auto der Familie, obwohl ihre Eltern glauben, dass sie dort am sichersten sind. Viele dieser Kinder werden auf den Rücksitzen nicht oder nicht richtig angeschnallt.

Kommen Kinder in die Grundschule, geraten sie als Fußgänger in einen Straßenverkehr, auf den sie häufig nicht gut vorbereitet sind. Weil sie noch so klein sind, werden sie von Autofahrern leicht übersehen. Denn deren Fahrzeuge werden immer größer und höher und die Fahrerinnen und Fahrer sitzen von den Fußgängern abgeschirmt in ihren überdimensionierten Limousinen.

„Kinder, die plötzlich hinter Sichthindernissen hervortreten, werden besonders oft von Autofahrern verletzt oder getötet“, sagt Anja Hänel, Referentin für Verkehrssicherheit beim VCD. Besonders gefährlich sind falsch geparkte Autos, die die Sicht auf eine Kreuzung oder einen Überweg versperren. „Falsches Parken kann Leben kosten“, sagt Hänel. Die Initiatorin des VCD Städtechecks appelliert deshalb an Autofahrer, beim Parken nicht nur an mögliche Knöllchen zu denken, sondern an das Leben der Kinder, das sie damit aufs Spiel setzen. 

Toleranz ist lebenswichtig

Mit zehn Jahren steht der Wechsel zur weiterführenden Schule an. Dann steigen viele Kinder aufs Fahrrad um. Das Fahrradfahren beherrschen sie zwar, nicht aber den Straßenverkehr. Sie sausen über Kreuzungen, machen Fehler beim Abbiegen, schaffen es manchmal nicht, sich fehlerfrei in den fließenden Autoverkehr einzufädeln.

Besonders häufig verun­glücken Jungen, die draufgängerischer fahren als gleichaltrige Mädchen. „All das ist völlig kindgemäß. Es gehört zum Teenageralter dazu, sich auch mal beweisen zu wollen. Der Autoverkehr müsste das tolerieren – er duldet solches Verhalten aber nicht“, sagt Anja Hänel. 

Die Verkehrsreferentin fordert deshalb die Städte auf, ihre Fahrradinfrastruktur zu verbessern, um für mehr Sicherheit zu sorgen: „Steigt die Zahl der Radler in den Städten, muss auch die Infrastruktur nachziehen. Radverkehrsanlagen müssen ausreichend dimensioniert und gut sichtbar sein, gerade in Kreuzungen und beim Abbiegen – und wir brauchen flächendeckend Tempo 30 in der Stadt.“ Außerdem setzt sich der VCD für die Beteiligung von Kindern in der Verkehrsplanung ein. Denn Erwachsenen fehle oft das Wissen, welche Orte und Wege für Kinder von Bedeutung seien.

Je mehr Radfahrer, desto sicherer

Bei den Autofahrern möchte Hänel um Verständnis werben: „Jeder, der sich selbst aufs Fahrrad setzt, lernt sofort, wie wenig geschützt diese Verkehrsteilnehmer sind.“ Eltern und Lehrer bittet die VCD-Referentin, mit gutem Beispiel voranzugehen und mit den Kindern schon früh Schul- und Alltagswege zu Fuß und mit dem Fahrrad zurückzulegen und sie nicht aus falsch verstandener Vorsicht überall mit dem Auto hinzufahren.

Denn ein positives Ergebnis zeigt der Städtecheck auch: Je mehr Radfahrer unterwegs sind, desto sicherer wird es.

Uta Linnert

 

fairkehr 5/2023