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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Titel 3/2012

Bayerischer Größenwahn

Mit einer dritten Start- und Landebahn wollen die Bayern den Münchner Flughafen zu einem internationalen Drehkreuz ausbauen. Das Aktionsbündnis aufgeMUCkt hält dagegen.

Foto: Werner HenniesHochfliegende Pläne haben die Münchner mit ihrem Flughafen am Fuße der Alpen – am 17. Juni können die Bürger darüber abstimmen.

Am 17. Juni können die Bürger der Stadt München den Ausbau des Flughafens München stoppen. Mit einem Bürgerentscheid steht der Bau einer dritten Start- und Landebahn auf der Kippe, der im vergangenen Juli per Planfeststellungsbeschluss verkündet wurde. Wenn sich zehn Prozent der Münchnerinnen und Münchner beteiligen und davon mehr als die Hälfte gegen den Ausbau stimmen, könnten sie die Piste verhindern.

Seit zehn Jahren kämpft das Aktionsbündnis aufgeMUCkt gegen den Ausbau. Ihm gehören über 80 Bürgerinititativen, Umweltorganisationen und Gruppierungen aus zehn Landkreisen an. Der VCD war vor Ort von Anfang an mit vier Kreisverbänden dabei. Doris Kraeker, zweite Vorsitzende des VCD-Kreisverbandes Freising/Erding/Dachau, ist gleichzeitig eine der fünf Sprecherinnen des Bündnisses mit dem internationalen Flughafencode MUC im Namen. „Der Plan zum Bau einer dritten Start- und Landebahn am Flughafen München ist vor allem der Großmannssucht seiner Betreiber zuzuschreiben“, sagt sie.

Die bayerische Landesregierung, neben dem Bund und der Stadt München mit 51 Prozent Hauptgesellschafterin des Flughafens, will eine dritte, 4000 Meter lange Start- und Landebahn bauen und damit Bedingungen schaffen, wie sie die ganz großen Verkehrsflughäfen der Welt besitzen. „Sie will in der Top-Liga der internationalen Airports mitspielen und dem großen, nur 400 Kilometer entfernten Frankfurt Konkurrenz machen. Tatsächlichen Bedarf gibt es nicht“, sagt die Erdingerin Doris Kraeker. „Die Zahl der Flüge ist auf dem Stand von 2005 und die Zahl der Flugbewegungen geht seit 2008 beständig zurück.“

Das Aktionsbündnis hat Zahlen vorgelegt, wonach die für eine neue Bahn ausschlaggebenden Flugbewegungen hinter den selbst gesteckten Zielen des Flughafens hinterherhinken. Auch die Kapazität von 50 Millionen Passagieren jährlich, für die der Flughafen ausgelegt ist, werde mit 37 Millionen Fluggästen noch lange nicht erreicht.

Konkurrenz zu Frankfurt

Quelle: DFS · Infografik: Marc VennerDie Flugbewegungen im deutschen Luftraum haben 2011 erneut zugenommen.

Die Wachstumsträume der bayerischen Politiker und der Manager des Flughafens gehen in eine andere Richtung. Sie sind fest entschlossen, München weiter zum internationalen Drehkreuz auszubauen. Sie wollen Fluggesellschaften und damit Umsteiger anlocken, die sonst in Frankfurt landen würden. „Weder die bayerische Wirtschaft noch das Umland würden von diesen Passagieren profitieren, die in der Regel nicht mal den Transitbereich verlassen“, kritisiert Doris Kraeker die hochfliegenden Pläne. Auch das Arbeitsplatzargument lässt sie nicht gelten, da im Einzugsbereich des Flughafens ohnehin Vollbeschäftigung herrsche. Allein Umweltzerstörung, Flächenverbrauch vom Ausmaß des Tegernsees, Lärm bei Tag und Nacht sowie das finanzielle Risiko des gigantischen Ausbaus blieben langfristig vor Ort hängen.

Das Aktionsbündnis aufgeMUCkt setzt seine Hoffnungen in den Bürgerentscheid. Der Ausgang ist ungewiss, weil nur Münchnerinnen und Münchner abstimmen können, nicht aber die Bürger der am stärksten betroffenen Kommunen in den Landkreisen Erding und Freising. Außerdem hat die Stadt ein im Stadtrat beschlossenes Ratsbegehren für die Flughafenerweiterung mit angehängt, das die Sache sehr verkompliziert. Statt einfach mit Ja oder Nein zu stimmen, müssen die Bürger am 17. Juni drei Fragen beantworten. „Damit verfolgt die Stadtratsmehrheit der Befürworter aus SPD, CSU und FDP natürlich das Ziel, den Entscheid gegen die Startbahn zu Fall zu bringen“, sagt VCD- und aufgeMUCkt-Aktivistin Kraeker.
Bei der Abstimmung geht es darum, wie sich die Stadt München als Anteilseignerin des Flughafens verhält. In der Gesellschafterversammlung muss die Entscheidung für den Startbahn-Bau einstimmig fallen. Wenn die Münchner die Stadt und Bürgermeister Ude zu einem Nein in der Gesellschafterversammlung des Flughafens zwingen könnten, wäre das Projekt endgültig vom Tisch.

Uta Linnert

fairkehr 5/2023