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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Magazin 1/2012

Stuttgart 21 – wie es weitergeht

Die Volksabstimmung Ende November 2011 war für die S21-Gegner eine Niederlage. Der VCD begleitet das Milliardenprojekt weiter kritisch.

Foto: iStockphoto.comDer VCD fordert weiterhin öffentlich Verbesserungen an Stuttgart 21. So wird die Diakonisse auch 2012 Fotomotive des Protests vorfinden.

Es war ein Kampf Davids gegen Goliath. Hier die Projektgegner mit einer bunten Kampagne, dort die von CDU und der Wirtschaft gesponserten Befürworter, die ihre Werbung massiv unters Volk gebracht haben. Statt einer differenzierten Argumentation über Leistungsfähigkeit, Zukunftssicherheit und Kosten setzten die Befürworter auf eine „Ich bin doch nicht blöd“- Kampagne – und haben damit gewonnen.

Was spielt es dabei für eine Rolle, dass die genannten Ausstiegskosten der Bahn nur eine Forderung, keineswegs aber real sind? Die Befürworter machten daraus den Slogan: 1,5 Milliarden Euro für nichts? Und setzten auf wirtschaftliche Argumente: S 21 schaffe Arbeitsplätze, sichere Wohlstand, halte das Geld im Ländle. Komme S 21 nicht, fließe das Geld in den Osten oder nach NRW und wir hätten nichts. Ein Mahnbrief des Oberbürgermeisters an alle Stuttgarter Haushalte und eine Hochglanzbroschüre des Verbands Region Stuttgart, beides aus Steuergeldern finanziert, fingen die noch Zweifelnden ein.

Ein hoch politisches Projekt

Stuttgart 21 ist ein hoch politisches Projekt. Wer glaubt, die grün-rote Landesregierung könne es verhindern, der irrt. Dazu ist die noch junge Landesregierung in dieser Frage zu sehr zerstritten. Aus der SPD gehören der ehemalige S 21-Sprecher Wolfgang Drexler und der Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel zu den fanatischsten Befürwortern. Sie versäumen keine Gelegenheit, dem grünen Verkehrsminister Winfried Hermann in die Parade zu fahren. Der erste grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann wird an der S 21-Frage die Koalition nicht scheitern lassen.

Einig ist sich die Landesregierung nur in einem Punkt: Der Landesanteil an der Finanzierung des Projekts darf die 930-Millionen-Euro-Grenze nicht überschreiten.

VCD kämpft für die beste Bahn für Reisende

Der VCD-Landesvorstand respektiert das Ergebnis der Volksentscheidung. Ein Festhalten am Kopfbahnhof 21 wäre weltfremd, wenn die Bahn ihr Baurecht durchsetzt. Klar ist aber auch: Allein durch die Volksabstimmung wird aus einem schlechten Projekt kein gutes.

Viele Sachfragen sind noch nicht zufriedenstellend geklärt – beispielsweise die Leistungsfähigkeit des Tunnelbahnhofs, die Auswirkungen von S 21 auf die S-Bahn, das fehlende Notfallkonzept. Der VCD wird das Projekt kritisch begleiten, auf Engpässe, Mängel und Fehler hinweisen und Verbesserungen einfordern.

Stuttgart 21 wird uns die nächsten zehn Jahre weiter beschäftigen. Von den drei diskutierten Alternativen – Stuttgart 21, Kopfbahnhof 21 und die Kombi-Lösung – wird nun die bahnbetrieblich schlechteste Lösung umgesetzt. Stuttgart 21 ist kein Verkehrsprojekt, sondern in erster Linie ein Stadtentwicklungsprojekt. Sämtliche oberirdische Bahn­anlagen werden verschwinden. Die Stadt, die Wirtschaft, die Investoren, die CDU und die Betonfraktion innerhalb der SPD wollen auf den Flächen eine neue Stadt hochziehen. Aus dem Grund haben die Projektbefürworter so hartnäckig um S 21 gekämpft.

Dem VCD ging es dagegen stets um die beste Bahn für die Reisenden, um kürzere Fahrzeiten und bessere Anschlüsse. Dafür wird sich der VCD Baden-Württemberg weiter einsetzen.

Klaus Arnoldi, Landesvorstand des VCD Baden-Württemberg

fairkehr 5/2023