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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Magazin 1/2012

Fluggesellschaften müssen für Klimaschaden zahlen

Im Januar ist offiziell der EU-Emissionshandel im Luftverkehr gestartet. Airlines und Drittstaaten protestieren.

Foto: annemarie99/Fotolia.comÜber den Wolken sind die Emissionen bald nicht mehr grenzenlos, die Fluggesellschaften müssen zahlen.

Wirtschaftverbände beschwören Handelskonflikte herauf, die USA drohen mit Gesetzen und China will sich ganz verweigern: Der offizielle Start des Emissionshandels im Flugverkehr Anfang des Jahres hat zu Turbulenzen geführt. Dabei hatte die EU schon vor vier Jahren beschlossen, dass Fluggesellschaften und Geschäftsflieger ab Anfang 2012 für jede Tonne CO2 eine Emissionsberechtigung vorweisen müssen, wenn sie in Europa starten oder landen.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Flughafenverband ADV, der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft und weitere Interessenverbände drohten noch im Dezember vor Wett­bewerbsverzerrungen und Streits mit „wichtigen Han­delspartnern“ aus den USA, Russland, China, Brasilien oder Indien – Ländern, die angekündigt hatten, sich dem Emissionshandel zu widersetzen.

US-amerikanische Airlines hatten dagegen geklagt, in den europäischen Zertifikatehandel ein­bezogen zu werden. Ende Dezember entschied der Europäische Gerichtshof, dass auch US-Fluglinien mitmachen müssen. Diese kündigten daraufhin an, weitere rechtliche Schrit­te zu prüfen. Außerdem hat das von den Republikanern dominierte Repräsentantenhaus einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der es US-Fluglinien verbieten würde, am Emissionshandel teilzunehmen. Allerdings ist fraglich, ob der mehrheitlich von Demokraten besetzte Senat das Gesetz beschließen wird.

Reines Säbelrasseln

Chinesische Flugunternehmen kündigten an, sie würden „natürlich nicht“ mit der EU kooperieren. China hatte ­darüber hinaus angedeutet, es könnte Milliardenaufträge beim Flugzeugbauer Airbus platzen lassen. Russland und Indien drohten damit, EU-Fluggesellschaften Überflugrechte zu streichen.

„Das ist bisher reines Säbelrasseln“, stellt Olaf Hölzer-Schopohl fest. Er ist Fachgebietsleiter Luftverkehr bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt. „Im täglichen Vollzug merken wir davon nicht viel. De facto nehmen sowohl die europäischen als auch die Fluggesellschaften aus Drittstaaten schon seit drei Jahren am Emissionshandel teil.“ Manche hätten zwar in Begleitschreiben protestiert, aber doch alle ihre Monitoringkonzepte genehmigen lassen und die Berichte über ihre Emissions- und Tonnenkilometerdaten eingereicht.

Schließlich bekommen die Unternehmen in ihrer Gesamheit 85 Prozent der zur Verfügung stehenden CO2-Zertifikate geschenkt – jeder Betreiber entsprechend seiner Transportleistung. 2013 sinkt der Anteil der Gratis-Zuteilungen auf 82 Prozent. Der Rest wird versteigert. Die Gesamtzahl an Zertifikaten basiert auf dem durchschnittlichen CO2-Ausstoß der Jahre 2004 bis 2006 und liegt 2012 drei Prozent und 2013 fünf Prozent unter diesem Durchschnitt. Für Emissionen, die darüber hinausgehen, müssen die Unternehmen Zertifikate am Markt kaufen. Im Frühjahr 2013 berichten sie der DEHSt über ihre Emissionen im Vorjahr und geben entsprechend viele Zertifikate ab.

Tickets kaum teurer

Dass der klimaschädliche Flugverkehr für seine Emissionen zahlen muss, sei mehr als gerecht, sagt Heiko Balsmeyer, Flugverkehrsexperte beim VCD. „Anders als die Unternehmen behaupten, verschärft der Emissionshandel nicht die Wettbewerbsverzerrungen, er verringert sie.“ Während die Bahn über den Stromeinkauf bereits in den Handel eingebunden ist, wurden Airlines bislang nicht erfasst. Außerdem zahlen sie für Flugbenzin keine Energiesteuer.

Da die Gesellschaften bis 2020 die meisten Zertifikate geschenkt bekommen, werden Tickets kaum teurer. Ein einfacher Flug von Berlin nach Mallorca wird etwa 1,50 Euro mehr kosten. „Der Emissionshandel könnte zu einem wichtigen Klimainstrument werden, wenn er erheblich verschärft wird“, sagt Balsmeyer. „Wer im Luftverkehr wirklich Klimaschutz erreichen will, kommt an der Besteuerung von Kerosin nicht vorbei.“

Kirsten Lange

fairkehr 5/2023