fairkehr VCD-Magazin für Umwelt, Verkehr, Freizeit und Reisen

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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Das will der VCD von Bus und Bahn

Um neue Kunden zu gewinnen, muss der ÖPNV vor allem für Seltennutzer und Ungeübte durchlässiger, das heißt verständlicher und einfacher werden. Davon profitieren auch die Stammkunden.

Foto: Marcus GlogerSarah Messerich, 23 Jahre, Studentin: „Ich finde es toll, dass ich in den ­öffentlichen Verkehrsmitteln in Bonn und Umgebung mein Fahrrad mitnehmen kann. Ich habe ein Semes­terticket und da kostet es mich nichts extra. Jetzt in den Semesterferien jobbe ich in Köln. Auf dem Hinweg kann ich in der Bahn lesen und Musik hören. Zurück nach Hause fahre ich die 40 Kilometer mit dem Rad – und habe meinen Ausgleich fürs lange Sitzen am Schreibtisch.“

 „Einfach einsteigen und losfahren“ muss das Motto der Fahrgäs­te werden, ohne dass sie Angst vor Fehlern haben müssen. Dafür muss sich das Bus- und Bahn-Angebot stärker an den Wünschen der Fahrgäste orientieren, die flexibel, zuverlässig, sicher und günstig an ihr Ziel gelangen wollen. Ein attraktiver ÖPNV muss folgende Merkmale haben:

  • dichtes Linien- und Haltestellennetz
  • übersichtliche und gut aufeinander abgestimmte Taktfahrpläne
  • sinnvolle Ergänzung des Linienverkehrs durch bedarfsorientierte Angebote auf dem Land, beispielsweise Rufbusse oder Anrufsammeltaxis
  • einheitliche Grundregeln bei Tarif und Vertrieb, damit der Ticketkauf für alle verständlich, leicht und günstig ist
  • attraktive (Einstiegs-)Angebote für Nicht- und Seltennutzer wie Neubürger, Familien oder Senioren
  • einfache, schnelle und umfassende Kundeninformationen im Normal- und erst recht im Störfall
  • gute Erreichbarkeit von Verkehrsunternehmen für Anregungen und Beschwerden
  • freundliches, kompetentes und stets verfügbares Servicepersonal in Bussen und Bahnen und an den Stationen
  • hoher Komfort in modernen, sauberen und sicheren Fahrzeugen
  • barrierefreier Zugang für mobilitätseingeschränkte Menschen an Haltestellen und in Fahrzeugen
  • hohe Umweltstandards der Fahrzeuge
  • gute Verknüpfung zwischen Bussen und Bahnen und anderen Verkehrsmitteln wie Auto und Fahrrad
  • regelmäßige und systematische Kundenbeteiligung bei der Ausgestaltung des ÖPNV
  • umfangreiche und Vertrauen schaffende Fahrgastrechte, die beispielsweise Entschädigungen bei Verspätungen regeln

Um ein attraktives Bus- und Bahn-Angebot aus einem Guss zu erreichen, müssen sowohl die rechtlichen als auch die finanziellen Rahmenbedingungen angepasst werden. Im ÖPNV muss ein klares Besteller-Ersteller-Prinzip etabliert werden.

Das heißt: Die Aufgabenträger in der Kommune müssen in der Lage sein, aus einer Hand das von ihnen verantwortete und finanzierte ÖPNV-Angebot bei Verkehrsunternehmen zu bestellen, die die im Nahverkehrsplan oder im Verkehrsvertrag fixierten Eckpunkte mit Erfahrung und Engagement umsetzen. Gleichzeitig muss die Finanzierung transparenter und erfolgsorientierter werden.

Die Gelder aus den vielen verschiedenen Quellen – Regionalisierungsmittel für den Betrieb, die der Bund an die Länder überweist, die sogenannten Entflechtungsmittel, die ebenfalls an die Länder gehen, die Ausgleichszahlungen für den Schülerverkehr, die zum Teil direkt an die Verkehrsunternehmen gehen – sollten vor Ort bei den kommunalen Aufgabenträgern gebündelt werden. Denn die wissen am bes­ten, in welche Bereiche investiert werden muss. Neben dem reinen Betrieb müssen mit den Mitteln auch Schienen, Stationen, Haltestellen und Fahrzeuge instand gehalten und modernisiert werden.

Um zu prüfen, wo gute Qualität und guter Service im ÖPNV bereits Standard sind, plant der VCD-Bundesverband einen „Praxistest Nahverkehr“. Anhand von Merkmalen wie Kundeninformation, Pünktlichkeit, Sauberkeit, Takt oder Sicherheit will er den öffentlichen Nahverkehr in Städten und Gemeinden überprüfen und bewerten.

Sandro Battistini, VCD-Verkehrsreferent, ­Bereich ÖPNV

fairkehr 5/2023