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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Titel 5/2011

Neue Umwelttechnik für Bus und Bahn

Rußende Dieselbusse im Stadtverkehr gehören zunehmend der Vergangenheit an. Und auch Straßenbahnen können noch grüner werden.

Foto: iStockphoto.comO-Busse werden von Elektromotoren angetrieben und holen ihren Strom aus einer Oberleitung über der Fahrbahn.

Saubere Dieselbusse

Dieselbusse machen weiterhin den größten Teil der Nahverkehrsflotte in Deutsch­land aus, mehr als 95 Prozent. Sie sind ­allerdings zunehmend ab Werk mit moderner Abgasreinigungstechnik ausgestattet – und in den Städten mit grüner Umweltzonen-Plakette unterwegs. Zum Teil geben die Kommunen im Nahverkehrsplan gezielt vor, dass Busse mit moderner Umwelttechnik zum Einsatz kommen sollen.

Saubere Dieselbusse erfüllen die Abgasnorm Euro IV, Euro V oder EEV – Enhanced Environmentally Friendly Vehicle. Die Grenzwerte der freiwilligen EEV-Abgasnorm liegen noch über denen der Euro-V-Norm. EEV-Busse stoßen beispielsweise bis zu einem Drittel weniger Partikel aus, ohne mehr zu verbrauchen. Möglich machen dies in den meisten Fällen serienmäßig eingebaute geschlossene Filtertechniken, die Dieselruß und Stickoxide zurückhalten. Mercedes-Benz bietet seit vergangenem Jahr zudem Citaro-Busse an, die den EEV-Standard ohne zusätzlichen Rußpartikelfilter erfüllen. Dies gelang durch Verbesserungen am Motor. Die Busse sind nach Herstellerangaben günstiger, leichter und verbrauchen weniger als Busse mit Partikelfilter.

Nach einer Statistik des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen VDV fuhren 56 Prozent der Busse im Jahr 2009 mit grüner Plakette, ein Jahr vorher waren es 47 Prozent. Eine grüne Plakette bekommen neben sauberen Dieselmodellen Busse mit alternativen Antrieben wie Erdgas- oder Hybridmotor.

Hybridbusse

Die Hybridtechnik ist in Stadtbussen äußerst sinnvoll untergebracht: Die Busse verbrauchen weniger, verpesten nicht die Luft und sind relativ leise unterwegs. Hybridbusse mit Dieselmotor, Elektromotoren und Batterie zur Stromspeicherung sind trotz hoher Anschaffungskosten auf dem Vormarsch.

So waren nach Angaben des VDV im Mai dieses Jahres deutschlandweit 70 Modelle mit Doppelmotor im Einsatz, unter anderem in Berlin, Bochum, Frankfurt, Hamburg oder Krefeld. Etwa 170 weitere sind bestellt.

Das liegt unter anderem am Förderprogramm „Elektromobilität in Modell­regionen“ des Bundesverkehrsministeriums. Für acht Modellregionen stellt der Bund rund 130 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II zur Verfügung – die Förderung von Hybridbussen ist darin vorgesehen.

In kleiner Stückzahl fahren Brennstoffzellen-Hybridbusse durch deutsche Städte. Statt eines Dieselmotors haben sie Brennstoffzellen an Bord, die über eine elektrochemische Reaktion aus Wasserstoff und Sauerstoff Energie liefern. Allerdings ist die Produktion von reinem Wasserstoff sehr energieaufwändig. Die Bilanz dieser Hybridbusse ist nur dann positiv, wenn der Wasserstoff mithilfe erneuerbarer Energien gewonnen wird.

In einer Untersuchung verschiedener Antriebs- und Krafstoffkonzepte für Linienbusse kam der VDV zu dem Ergebnis, dass Dieseltechnik in Verbindung mit einem Hybridantrieb am nachhaltigsten ist, zumal wenn zusätzlich synthetischer Biodiesel aus beispielsweise Holzhackschnitzeln getankt wird. Nachhaltigkeit bezieht sich hier auf den Spritverbrauch, die direkten Emissionen während des Fahrbetriebs sowie die Emissionen, die bei der Herstellung der Busse und des Kraftstoffs entstehen.

Erdgasbusse

„Ich tanke Erdgas“ – diese Botschaft fahren immer mehr Stadtbusse spazieren, deutschlandweit sind es zurzeit etwa 1500. Die Verkehrsbetriebe in Oldenburg beispielsweise planen, ab 2015/16 ausschließlich mit Erdgasbussen zu fahren, Frankfurt/Oder tut das seit dem Jahr 2000.

Erdgasbusse erfüllen den hohen EEV-Abgasstandard und sind leiser als Dieselmodelle. Beim Verbrennen von Erdgas entsteht weniger CO2, Schadstoffe wie Stickoxide oder Rußpartikel kommen fast gar nicht aus dem Auspuff. Wird Biomethan beigemischt oder reines Biogas getankt, sind Erdgasbusse noch klimafreundlicher unterwegs.

„Letztlich war der Erdgasbus der Katalysator für die ökologisch rasante Entwicklung beim Dieselbus und hat hier Maßstäbe gesetzt“, stellt VCD-Verkehrsreferent Sandro Battistini fest. Möglicherweise sind die Anschaffungskosten immer noch eine Hürde. Das ist allerdings zu kurz gedacht. Denn die Betriebskosten sind auf längere Sicht niedriger als bei Dieselbussen.

O-Busse

Oberleitungsbusse werden von einem oder mehreren Elektromotoren angetrieben und holen ihren Strom ähnlich wie eine Straßenbahn aus einer Oberleitung, die über die Fahrbahn gespannt ist. O-Busse sind leise und ohne Abgase unterwegs – an CO2-Emissionen entsteht nur das, was bei der Stromproduktion anfällt. Moderne Modelle speisen sogar Energie ins Netz zurück.

Allerdings ist das System teurer als der Betrieb von Diesel- oder Erdgasbussen. Zudem sind O-Busse durch die Oberleitungen auf bestimmte Strecken festgelegt. Seit Anfang der 90er Jahre befinden sie sich weltwelt auf dem Rückzug, in Westeuropa halten nur Italien und die Schweiz am System fest. In Deutschland gibt es noch drei O-Bus-Betriebe: in Solingen mit 50 Bussen, in Eberswalde mit 14 Fahrzeugen und in Esslingen am Neckar mit neun Bussen.

Sparsame Straßenbahnen

Siemens hat eine rein elektrische Hybrid-Tram entwickelt, die im Vergleich zu einer herkömmlichen Straßenbahn 30 Prozent weniger Energie braucht und bis zu zweieinhalb Kilometer oberleitungslos fährt. Die Kombination der Systeme Sitras HES (Hybrid Energy Storage) und MES (Mobile Energy Storage) ermöglicht es, in der Innenstadt auf Oberleitungen zu verzichten. Das ist beim Neubau von Strecken ein Vorteil: zum einen optisch, zum anderen verringert es Bauzeit und Kosten. Die Fahrzeuge sind in der Anschaffung allerdings teurer.

Eine Batterie und sogenannte Doppelschicht-Kondensatoren (DSK) dienen als Energiespeicher. Bremst die Bahn, wird ein Teil der Bewegungs- in elektrische Energie umgewandelt und in die DSK zurückgespeist. In Portugal fährt eine solche Hybrid-Tram seit November 2008 zwischen den südlich von Lissabon liegenden Städten Almada und Seixal. In Deutschland hat bislang kein Verkehrsunternehmen das System gekauft.

Siemens-Konkurrent Bombardier hat mit einer ähnlichen Technik in Deutschland immerhin einen Fuß in der Tür. So setzt die Rhein-Neckar- Verkehr GmbH seit diesem Frühjahr Straßenbahnen ein, die mit dem System „Mitrac Energy Saver“ ausgestattet sind. DSK auf dem Fahrzeugdach, sogenannte SuperCaps, speichern die Bremsenergie – die Bahnen können sie beim Anfahren oder beim Beschleunigen wieder nutzen. Wie das Siemens-System spart der „Mitrac Energy Saver“ bis zu einem Drittel Energie.

Straßen- und U-Bahnen, die überschüssige Energie beim Bremsen wieder ins Oberleitungssystem einspeisen, befördern immer mehr Fahrgäste, beispielsweise in Berlin. Bei den Berliner Verkehrsbetrieben BVG beträgt der Anteil der U-­Bah­nen mit Energierückspeisung nach Unternehmensangaben mehr als 60 Prozent. Die Verkehrsbetriebe wurden zu­­dem für ihre Flexity-Berlin-Straßen­bahn mit dem zweiten Platz im Umweltwettbewerb „ÖkoGlobe“ ausgezeichnet. Die BVG hat die Niederflurtram gemeinsam mit Bombadier entwickelt. Sie ist leiser als herkömmliche Fahrzeuge, verbraucht weniger Strom und wandelt Bremsenergie in Strom um, der zurück ins Netz fließt.

Wichtig für die Ökobilanz von Straßenbahnen und O-Bussen ist, woher die Städte und Gemeinden künftig ihren Fahrstrom beziehen. Kassel ist hier Vorreiter mit dem Einsatz von Ökostrom.

Ansonsten setzt sich beim Fahrzeugbau die Leichtbauweise durch – ebenfalls eine Möglichkeit, sparsamer unterwegs zu sein.

Kirsten Lange

Gute Beispiele

Die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) setzt auf saubere Busse: Von den 210 Linienbussen der BSAG halten bereits 150 den EEV-Standard ein. 30 weitere sollen bis Ende 2012 dazu kommen. In diesem Frühjahr hat Bremen außerdem im Rahmen des Förderprogramms „Elektromobilität in Modellregionen“ Hybridbusse bestellt. Die Hansestadt investiert bereits seit 2006 in besonders schadstoffarme Busse. Seitdem fahren Modelle mit EEV-Standard über Bremens Straßen, ersetzen dort ältere Busse und tragen so zu weniger Feinstaub- und Stickoxidemissionen bei.

Auch die bayerische und die Bundeshauptstadt legen Wert auf Linienbusse mit möglichst wenig krankmachenden Abgasen. Alle Busse der Münchner Verkehrsgesellschaft MVG und fast alle der privaten Busbetriebe sind mit Partikelfiltern ausgestattet. Auch die Dieselbusse der Berliner Verkehrsgesellschaft BVG fahren mit Rußfilter. Darüber hinaus hat Berlin mit der BVG vereinbart, dass bis Ende 2012 alle Busse dem EEV-Standard entsprechen.

Die Hamburger Hochbahn setzt verstärkt auf Elektromobilität im Linienbusverkehr. Zurzeit erprobt sie im Demons­trationsprojekt „NaBuZ demo“ (Nachhaltiges Bussystem der Zukunft) vier Brennstoffzellen-Hybridbusse. Das Projekt wird aus dem Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) des Bundesverkehrsministeriums unterstützt. Drei weitere Wasserstoffbusse sollen im kommenden Jahr folgen. Außerdem testet die Hochbahn zurzeit fünf Dieselhybridbusse. Langfristiges Ziel ist eine vollständig elektrisch betriebene Busflotte. Der Senat kündigte im Juni an, dass die Busflotte ab 2020 „emissionsfrei“ sein solle.

Die Kasseler Verkehrsgesellschaft KVG elektrifiziert und hybridisiert ihre Busflotte ebenfalls. Das Unternehmen möchte in allen Bereichen Energie einsparen, verstärkt erneuerbare Energien einsetzen und mittelfristig CO2-neutral werden. Die Straßenbahnen fahren bereits mit 100 Prozent Strom aus skandinavischer Wasserkraft und sind mit Energierückgewinnungssystemen ausgestattet. Die KVG hatte sich auch beim VCD-Wettbewerb „König Kunde“ um das kundenfreundlichste ÖPNV-Unternehmen beworben. In der Kategorie „Kommunikation“ belegte sie mit ihrer „Klimaflotte“ den zweiten Platz.

Kirsten Lange

fairkehr 5/2023