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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Titel 2/2011

Grüne Bahn hat Zukunft

Großen Zuspruch erfährt der VCD für seine Tagung „Elektromobilität im Eisenbahnverkehr“. Sie will die Weichen für eine stärkere Berücksichtigung der Schiene stellen.

Es geht nicht fair zu im Verkehr, schon gar nicht für die Bahn. Von der großen Aufregung um die Elektromobiliät profitiert sie nicht. Ist in der Öffentlichkeit von der glänzenden Zukunft der E-Mobilität die Rede, geht es wie selbstverständlich ums Auto. Auch für die Bundesregierung ist Elektromobilität gleichbedeutend mit batteriebetriebenen Fahrzeugen auf der Straße. Von den 500 Millionen öffentlichen Fördergeldern bekommt die Bahn nichts.

Dabei sind Bahnen die Elektroverkehrsmittel schlechthin. Seit ziemlich genau einhundert Jahren gibt es in Deutschland Loks, die mit Strom fahren, heute werden 90 Prozent aller Verkehrsleistungen auf der Schiene elektrisch erbracht. Wegen des hohen Anteils der Elektromobilität wird die Bahn allerdings als einziges Verkehrsmittel mehrfach durch Klima­schutzabgaben belastet: Sie muss sich am Emissionshandel beteiligen und Ökosteuern zahlen – 1,3 Milliarden Euro seit 1999.

Bevorzugung des Autoverkehrs beenden

Um einen Akzent gegen die Bevorzugung des Autoverkehrs zu setzen, hat der VCD zusammen mit einem Partner, dem Interessenverband der Nahverkehrsbahnen mofair, die Veranstaltung „Elektromobilität im Eisenbahnverkehr oder e-mobility on track?“ ins Leben gerufen.

„Die Resonanz war sofort riesengroß“, sagte Heidi Tischmann, VCD-Bahnreferentin und Initiatorin des Kongresses. Rund 90 Teilnehmer aus Forschung, Technik und Politik, Vertreter der Bahnen, Verkehrsbetriebe und der Industrie wollten auf der Tagung im März in Berlin den Schienenverkehr „on track“, also „auf den richtigen Weg“ bringen.

Peter Westenberger vom DB-Umweltzentrum hob die positive Klimabilanz der Bahn hervor. Hans Leister, Vorstand bei mofair und Geschäftsführer der Privatbahn Keolis, betonte den niedrigeren Energieverbrauch des Transports auf der Schiene im Vergleich zur Straße. „Elektrische Bahnen sind die Idealform der Elektromobiliät“, sagte der Keolis-Manager. Das gelte auch für den Güterverkehr. Schwere Lasten könnten auf der Straße mit Elektroantrieben gar nicht bewegt werden, „das geht nur auf der Schiene“, betonte der Wirtschaftsingenieur.

Mindestens die Hälfte der Investitionen für Elektromobiliät müssten künftig in die Schiene fließen, brachte es VCD-Bundesvorsitzender Michael Ziesak auf den Punkt. Er forderte die Bundesregierung auf, endlich die Weichen für ein Förderprogramm jenseits des Individualverkehrs zu stellen und die Wettbewerbsbedingungen für die Bahn zu verbessern.

Kein Atomstrom für die Schiene

Die Frage, warum die schwarz-gelbe Bundesregierung unter E-Mobilität nur Auto versteht, konnte auf der VCD-Tagung leider nicht beantwortet werden. „Weder das Wirtschafts- noch das Verkehrsministerium haben auf unsere wiederholten Anfragen nach einem Referenten reagiert“, erklärte VCD-Geschäftsführerin Kerstin Haarmann die Abwesenheit eines Regierungsvertreters.

Für die Diskussionsrunde auf dem Podium fand sich als Gast dann doch in letzter Minute Dr. Hartmut Kühne ein. Der Referatsleiter für Umweltinnovationen und Elektromobilität im Bundeswirtschaftsministerium ist für das Thema Elektroauto ­zuständig. „Die Anwesenheit eines Autoexperten auf einer Eisenbahntagung werte ich als positives Zeichen und verbinde sie mit der Hoffnung, dass die Wirtschaftsförderung der Bundesregierung sich nicht auf Elektroautos beschränken, sondern auch den Schienenverkehr berücksichtigen wird“, sagte VCD-Bahnreferentin Tischmann.

Auch wenn Deutschland bereits weltweit Marktführer bei Schienenfahrzeugen ist, wie verschiedene Redner mehrfach betonten, Entwicklungspotenzial in Richtung Klimaschutz und Umweltfreundlichkeit hat die Schiene natürlich trotzdem. Mehr Effizienz durch technische Verbesserungen, leichtere Fahrzeuge, bessere Rückspeisung der Bremsenergie, Ausbau und Modernisierung bestehender Trassen sowie Schulung der Lokführer sind nur einige Beispiele.

Ein wichtiges Probem, das die Bahn angehen muss, ist die Herkunft der elektrischen Energie. Peter Westenberger erklärte, die DB AG habe sich vorgenommen, 2020 30 Prozent des Stroms aus regenerativen Energien zu beziehen. „Die grüne Bahn hat Zukunft“, lautet der Slogan des Umweltsprechers.

Für das Jahr 2050 habe Bahnchef Rüdiger Grube das Ziel der völligen Emissionsfreiheit vorgegeben. Bis dahin müsste aller Strom aus regenerativen Quellen stammen. Heute bezieht die Bahn noch 25 Prozent Atom- und 45 Prozent Kohlestrom. Beim Strommix könnte angesichts des Atomdesasters in Japan in den kommenden Jahren einiges in Bewegung kommen.

Uta Linnert

fairkehr 5/2023