fairkehr VCD-Magazin für Umwelt, Verkehr, Freizeit und Reisen

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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Reise 2/2011

Nimm mich mit, Kapitän …

Mit dem Frachtschiff kann man rund um die Welt fahren oder auch einfach von Bremerhaven nach New York.

fairkehr: Was hat Sie bewogen, auf einem Frachtschiff Urlaub zu machen?

Monika Ganseforth: Ich reise gern, auch in andere Kulturen. Und ich weiß, dass Fliegen aus Umweltsicht besonders problematisch ist. Seit meiner Rente bin ich nicht mehr so in Eile.

Warum Reisen auf See?
Ich habe früher öfter Kreuzfahrten unternommen. Ich liebe das Meer. Es ist schöner, sich mit dem Schiff seinem Ziel langsam zu nähern, Klimaveränderung und Zeitverschiebung hautnah mitzubekommen, statt sich mit dem Flugzeug irgendwohin katapultieren zu lassen.

Warum jetzt das Frachtschiff?
1967 war ich das erste Mal mit dem Kreuzfahrt­schiff unterwegs, von Venedig bis Israel. Vier Wochen. Abends ist Tanz und Dinner. Dieses Pipapo macht mir keinen Spaß mehr. Außerdem war ich bei meiner letzten Kreuzfahrt vor zehn Jahren immer noch die Jüngste. Und: Frachtschiffreisen sind wesentlich billiger.

Wo ging Ihre große Reise hin?
Ich bin von Bremen über Bilbao in die Karibik gefahren, nach Mexiko und wieder zurück, gut zwei Monate. Nach dem Berufsleben wollte ich zur Ruhe kommen. Es waren auch junge Leute auf dem Schiff, die nur ein Teilstück gefahren sind, die das Schiff als reines Verkehrsmittel genutzt haben, weil sie nicht fliegen wollten. Auf die Idee bin ich gar nicht gekommen.

Wie ist das Leben an Bord?
Auf einer Atlantiküberquerung gibt es kein Handy, keine Zeitung, kein Internet, kein Fernsehen, nichts. Ich habe sehr viel gelesen, Wolken und Wellen geguckt. Man fügt sich in diesen Rhythmus aus pünktlichem Essen mit den Offizieren, Schlafen und Kaffeetrinken.

Kümmert sich jemand um die Passagiere?
Die Passagiere stehen nicht im Mittelpunkt, sondern die Ladung. Die Mannschaft ist immer stark beschäftigt, alles ist sehr durchorganisiert. Manchmal dauern die Stopps in den Häfen zwei bis drei Tage, dann ist Zeit für den Landgang oder Besichtigungen. Außerdem war die Verständigung schwierig. Der Kapitän sprach kein gutes Englisch, die Mannschaft bestand aus Ukrainern, mit denen ich mich gar nicht unterhalten konnte.

Womit haben Sie sich beschäftigt?
Ich habe viel Zeit beim Kapitän auf der Brücke verbracht. Spannend war es, wenn mal ein Lotse an Bord kam. Es gab auch einen kleinen Swimmingpool. Unglaublich war manchmal der Seegang. Die Fahrt auf dem Frachtschiff ist wild, der Kapitän umfährt kein schlechtes Wetter, sondern steuert aus Zeitgründen mitten durch. Alles schaukelt, man muss sich beim Laufen festhalten, kann fast keine Treppen gehen, keine Suppe essen.

Hatten Sie Angst?
Nein, aber Probleme mit dem Schlafen. Es war manchmal bedrückend unten in der Kabine. Da war ich froh, wenn die Nacht vorbei war. Nachteilig fand ich das ununterbrochene Motorengeräusch, dieses Vibrieren. Richtig ruhig ist es nur ganz vorn am Bug. Wenn man da mal hin durfte. Dort gibt es zwar nichts zum Sitzen, alles ist dreckig oder nass, aber dort ist es selbst bei starkem Wind und hohem Seegang wunderbar ruhig. Die Wellen können noch so hoch sein und das Schiff hin und her werfen. Das war sehr faszinierend.

Interview: Uta Linnert

Foto: VCD/Andreas Labes

Monika Ganseforth (70) war Professorin an der Fachhochschule Hannover und gehörte von 1987 bis 2002 als SPD-Abgeordnete dem ­Deutschen Bundestag an. Seit 2002 ist die ­Maschinenbauingenieurin im Bundesvorstand des VCD.

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fairkehr 5/2023