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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Politik 1/2011

Die Deutsche Bahn – ein Winterchaos

Bund und Deutsche Bahn sollten einfach mehr investieren, dann klappts auch mit dem Bahnverkehr, sagt der VCD.

Foto: DB AG/Gerhard ThielTrotz Schneeschleudern im Einsatz: Viele Züge blieben im Dezember auf der Strecke.

Anzeigetafel im Hamburger Hauptbahnhof, Dezember 2010: Intercity aus Köln – 120 Minuten Verspätung. ICE aus Berlin Südkreuz – 80 Minuten Verspätung. Wer in der Adventszeit mit der Bahn reiste, musste sich auf Wartezeiten, Zugausfälle und überfüllte Wagen einstellen. Und das, obwohl Bahnchef Grube nach dem Winterchaos 2009/2010 angekündigt hatte: Beim nächsten Schnee wird alles anders.

Es fehlt offensichtlich das Geld. Und dafür ist auch der Bund verantwortlich. „Die Eisenbahninfrastruktur in Deutschland ist massiv unterfinanziert“, sagt VCD-Bundesvorsitzender Michael Ziesak. Bleibt beispielsweise ein Zug liegen, stauen sich alle weiteren dahinter, weil Überholgleise und Ausweichstrecken fehlen.

„Es ist Aufgabe des Bundes als Eigentümer der DB AG, Geld in eine winterfeste Bahn zu investieren“, so Ziesak. Der VCD fordert den Bund daher auf, die jährliche Divende von 500 Millionen Euro, die er von der DB erhält, in die Modernisierung vorhandener Strecken zu investieren – und nicht damit den Bundeshaushalt zu sanieren.

Verkehrsministerium bisher nur im Nachdenken laut

Das Bundesfinanzministerium lehnt diese Forderung zwar ab. Doch Verkehrsstaatssekretär Klaus-Dieter Scheurle kündigte Mitte Januar im Interview mit dem „Spiegel“ an, dass Gewinne aus den Trassen- und Stationsentgelten, die alle Bahnunternehmen an die Bahntochter DB Netz zahlen müssen, künftig ausschließlich in die Schiene investiert werden und nicht mehr an die DB-Holding fließen sollten – worauf der VCD seit Jahren drängt. Über Details verhandele Scheurle zurzeit mit dem DB-Vorstand. Michael Ziesak zeigt sich allerdings skeptisch: „Bislang war das Verkehrsministerium in der Sache eher zaghaft und nur im Nachdenken laut.“

Der Deutschen Bahn wirft der VCD vor, nicht rechtzeitig und nicht ausreichend in Züge und dringende Reparaturen investiert zu haben. Überdies habe zu wenig Geld für Räumfahrzeuge und Personal zur Verfügung gestanden, um Schnee von Gleisen zu schaufeln sowie Züge und Bahnsteige von Eis zu befreien. „Gespart werden darf auch nicht an Weichenheizungen und beheizten Wartemöglichkeiten in Empfangsgebäuden und auf den Bahnsteigen“, sagt VCD-Bahnexpertin Heidi Tischmann.

Was bei allem Frust über das erneute Winterchaos auf Schienen allerdings nicht vergessen werden darf: Nicht nur die Bahn hatte Probleme mit Eis und Schnee. Flugpassagiere und viele Autofahrer saßen wesentlich länger auf Flughäfen und in ihren Pkw fest als Fahrgäste in Zügen und auf Bahnsteigen.

Kirsten Lange

fairkehr 5/2023