Politik 6/2010
Vorsicht Biokraftstoffe
Biokraftstoffe schaden dem Klima mehr, als sie nützen. Der VCD fordert ein grundsätzliches Umdenken.
Die in Brüssel ansässigen europäischen Umwelt- und Enwicklungsorganisationen haben erstmals die vollständigen Klimaeffekte durch den Einsatz von Treibstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen untersucht. Das Ergebnis ist niederschmetternd: Der Einsatz von Agrokraftstoffen nützt dem Klima nicht, sondern bringt erhebliche negative Effekte mit sich.
Nach Vorgaben der EU sollen die Mitgliedstaaten bis 2020 zehn Prozent ihres Energiebedarfs im Verkehr aus erneuerbaren Energien decken. Wollen sie das umsetzen, würden weltweit bis zu 69.000 Quadratkilometer Flächen benötigt. Das ist mehr als zweimal die Flächen von Belgien. Da es auf dieser Erde kein Land gibt, das leer ist, und für europäischen Sprit kein Urwald gerodet werden soll, geht die Studie davon aus, dass auf diesen Flächen bisher vor allem Nahrungsmittel produziert werden oder Viehfutter wächst. Wenn dort in Zukunft Energiepflanzen für Biosprit angebaut werden sollen, käme ein verhängnisvoller Verdrängungsprozess in Gang.
Denn den ansässigen Bauern bliebe nichts anderes übrig, als in andere Gebiete auszuweichen. Um neues Agrarland zu erschließen, müssten sie Urwald roden, sensible Feuchtgebiete trockenlegen, natürliche Ökosysteme und Vegetation zerstören. Das würde laut Studie dazu führen, dass jährlich 27 bis 56 Millionen Tonnen Treibhausgase zusätzlich freigesetzt würden, was bis 2020 dem CO2-Ausstoß von 12 bis 26 Millionen Autos gleichkäme.
„Die Studie belegt ganz klar, dass die meisten Biokraftstoffe unter Einbeziehung dieser indirekten Landnutzungsänderung eine deutlich schlechtere Klimabilanz haben als fossiler Sprit, den sie ersetzen sollen“, sagt Werner Korn vom VCD-Bundesvorstand. Der VCD fordert die Bundesregierung auf, sich bei der EU für die Berücksichtigung dieser Zahlen einzusetzen. Solange dies nicht geschehe, müsse Abstand vom weiteren Ausbau des Agrosprits genommen werden.
Uta Linnert