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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Titel 5/2009

Wettbewerbsfaktor Ökologie

Auch die Deutsche Post wirbt mit „klimaneutraler“ Fracht. Sie setzt auf CO2-Ausgleich durch ­Klimaschutzprojekte. Die Kunden wollen das so, sagt GoGreen-Experte Michael Lohmeier.

Foto: Deutsche Post World NetIn London liefert DHL mit einem Quadracycle aus – das ist wirklich CO2-freier Güterverkehr.

fairkehr: Herr Lohmeier, im Rahmen Ihres Klimaschutzprojekts GoGreen können Kunden unter anderem die CO2-Emissionen ausgleichen, die beim Transport ihrer Sendungen entstehen. Was bringt ihnen das?
Michael Lohmeier: Privatkunden, die mal einen Brief oder ein Päckchen verschicken, bringt es in erster Linie ein gutes Gewissen. Sie zahlen in der Filiale den gleichen Preis wie für eine normale Sendung, und die Post investiert jeweils zehn Cent in ein unternehmensinternes oder in ein externes Klimaschutzprojekt. Geschäftskunden durchlaufen einen Prozess, in dem die sendungsbezogenen Emissionen berechnet und ausgeglichen werden. Unser Carbon Management-Team kalkuliert für jeden Kunden am Jahresende die CO2-Emissionen, die durch Transport und Handling der Fracht angefallen sind. Die Berechnungsmethode ist in der Regel direkt auf die Sendungsart zugeschnitten und wird von der Schweizer Zertifizierungsgesellschaft SGS abgenommen. Das Carbon Management investiert dann in Klimaschutzprojekte, um die Emissionen auszugleichen, und der Kunde erhält ein entsprechendes Zertifikat.

Und was haben die Geschäftskunden am Ende davon außer Mehrkosten für die Kompensation?
GoGreen trägt zum einen zu ihren unternehmensinternen Klimaschutzzielen bei. Zum anderen nutzen viele Kunden das Thema für ihre eigene Kommunikation. Sie werben damit, dass sie Klimaschutzprojekte unterstützen – vorzugsweise Projekte im Ausland. Wir haben in unserem Portfolio interne und externe Projekte zur CO2-Einsparung. Konzerninterne Projekte sind beispielsweise die neuen Solaranlagen auf den Dächern unserer Lagerhallen am DHL-Luftfahrtdrehkreuz Leipzig oder der Testbetrieb von Hybrid-Lkw in Europa. Einige Kunden bevorzugen eine Kompensation mit einem Wasserkraftwerk in Brasilien anstatt mit einer Solaranlage in Leipzig und fordern deshalb explizit Zertifikate aus den externen Projekten. Dabei tragen gerade die internen Klimaschutzprojekte dazu bei, dass unsere Kunden ihre CO2-Emissionen direkt an der Quelle reduzieren können.

Foto: Deutsche PostMichael Lohmeier, 37, ist im GoGreen-Programm der Deutschen Post verantwortlich für die Bereiche CO2-Bilanzen, alternative Energien und Straßentransport.

Die Kompensation von Treibhausgasen ist umstritten. Wie garantieren Sie, dass am Ende tatsächlich das CO2 an anderer Stelle eingespart wird, das die Kunden mit ihrer Fracht produzieren?
Sämtliche Projekte erfüllen das im Kyoto-Protokoll festgelegte Kriterium der Zusätzlichkeit. Das heißt, sie wären ohne das Geld aus den Kompensationen für unsere Kunden nicht realisiert worden. Außerdem investieren wir mittlerweile vor allem in von den UN nach Kyoto-Standards zertifizierte Klimaschutzprojekte, die zum Teil dem sogenannten Gold Standard entsprechen. Er garantiert, dass die Projekte nicht nur CO2 einsparen, sondern auch ökologisch und sozial nachhaltig sind. Unsere Kunden fordern seriöse Projekte im Sinne ihrer eigenen Kommunikation. Man muss dazu allerdings auch sagen, dass man Zertifikate aus UN-Projekten mit Gold Standard in der Vielfalt noch gar nicht auf dem Markt bekommt, in der wir sie eigentlich brauchten.

Sie investieren also auch in Klimaschutzprojekte vom sogenannten freiwilligen Markt, die nicht UN-zertifiziert sind?
Ja, aber diese Projekte haben den Gold Standard. Das ist das Mindeste, was wir anbieten.

Welche GoGreen-Produkte können Ihre Geschäftskunden denn nun konkret nutzen?
In Deutschland können Geschäftskunden alle Sendungen klimaneutral verschicken: Briefe, Pakete und Expresssendungen. In Europa und im Raum Asien-Pazifik steht die Möglichkeit DHL Ex­press-Geschäftskunden für internationale Sendungen zur Verfügung. In Skandinavien gibt es den DHL-Service GoGreen Tonnage. Dort können Kunden bestimmen, dass ihre Ladung oder ein Teil davon mit emissionsarmen Lkw transportiert wird, die mit Biogas, Biodiesel oder Elektro-Hybrid-Antrieb fahren. Kunden in der Schweiz wiederum können über die „Green Cent“-Initiative in den Ausbau einer Biogas-Fahrzeugflotte investieren. 

Wollen die Kunden wirklich klimafreundlich transportieren? Sind am Ende nicht doch die Faktoren Kosten und Zeit ausschlaggebend?
Energie zu sparen heißt ja auch Kosten sparen. Da verbinden sich Ökologie und Ökonomie.

Aber spielt die Ökologie dabei wirklich eine große Rolle?
Auf jeden Fall. Ich beschäftige mich seit viereinhalb Jahren mit dem Thema – und zwischen 2006 und 2009 ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht: Die Unternehmen haben mittlerweile verstanden, dass sie ganzheitlich denken und handeln müssen. Unsere Kunden werden von ihren Kunden gefragt, was sie denn für den Klimaschutz tun. Wir Logistiker werden dann um Hilfe gebeten. GoGreen Tonnage beispielsweise ist aufgrund von Anregungen skandinavischer Kunden entstanden. Sie haben gesagt: Wir sind grüne Unternehmen, also bietet uns grüne Lösungen an. Allein in Schweden erwarten rund 70 Prozent unserer Kunden umweltfreundliche Logistiklösungen und nehmen dafür einen Mehrpreis in Kauf. Ökologie ist zum Wettbewerbsfaktor geworden – für uns und für unsere Kunden.

Interview: Kirsten Lange

fairkehr 5/2023