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Ein Pfad führt über eine grüne Alm
Ein Junge gießt Pflanzen, die in einer Holzkiste wachsen
Eine Seilbahngondel schwebt über eine dicht bebaute Stadt

Titel 5/2009

Grüner ans Ziel

DB Schenker Rail bietet „klimaneutralen“ Transport an. Dafür ­investiert das Unternehmen in Ökostrom. Marketingchef Hendric Fiege über Abwicklung und Akzeptanz bei den Kunden.

Foto: DB AGDie DB AG transportiert Güter auf Wunsch „CO2-frei“. Der VCD kritisiert, dass die Kunden Geld zahlen ­müssen, damit das Unternehmen seinen Strommix grüner macht.

fairkehr: Herr Fiege, weshalb kann sich Ihr Angebot „CO2-freier“ Gütertransport nennen?
Hendric Fiege: Für unsere CO2-freien Gütertransporte auf der Schiene ersetzen wir auf Wunsch des Kunden die benötigte Energie durch regenerativen Strom. So vermeiden wir von Anfang an klimaschädliche Emissionen. Wir beschaffen den Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Deutschland. Dabei handelt es sich um einen realen, physischen Bezug, denn der Strom wird in unser Bahnstromnetz eingespeist und ersetzt so die Energie aus anderen Quellen.

Wie ist das sichergestellt?
Der Dienstleister DB Energie hat ein Sonderkontingent Ökostrom aus regenerativen Energien eingerichtet, aus dem der Strom für unsere CO2-freien Verkehre abgerufen wird. Der TÜV Süd prüft aktuell die gesamte Methodik. Das heißt, wir können unseren Kunden künftig eine entsprechende TÜV-Bescheinigung ausstellen.

Wie läuft das Procedere praktisch ab, von der Bestellung durch den Kunden bis hin zur CO2- „Vermeidung“?
Bestandskunden schließen mit ihrem Kundenberater zusätzlich zum Transportrahmenvertrag eine Vereinbarung für die CO2-freien Transporte ab. Neukunden wenden sich an unsere Ansprechpartner im Kundenservicezentrum. Abgerechnet wird am Ende gemeinsam mit dem Transportpreis. Am Ende des Jahres erhalten die Kunden eine Bestätigung über die eingesparten CO2-Emissionen. Den tatsächlichen Strombedarf, das heißt den Energieverbrauch für den jeweiligen Transport, berechnen unsere Mitarbeiter über das Onlinetool EcoTransIT und rufen die entsprechende Menge an Ökostrom bei DB Energie ab.

Welche Vorteile haben Ihre Kunden davon?
Mit den CO2-freien Transporten können sie ihren CO2-Footprint, also ihre Klimabilanz, deutlich verbessern und den Umweltvorteil gegenüber ihren eigenen Kunden oder in ihren Nachhaltigkeitsberichten kommunizieren.

Die Kunden müssen für das Angebot ein bis zwei Prozent mehr zahlen als für den herkömmlichen Schienengütertransport. Wieso eigentlich?
Die zusätzlichen Kosten ergeben sich aus den Mehrkosten für die Beschaffung der erneuerbaren Energie.

Schienentransporte sind doch sowieso umweltfreundlicher als andere Wege des Transports – macht das Angebot so viel CO2-Einsparung zusätzlich aus?
Es ist richtig, der Güterzug emittiert im Vergleich zum Lkw durchschnittlich knapp drei Viertel weniger CO2. Mit dem CO2-freien Gütertransport kann der Kun­de seinen CO2-Fußabdruck noch einmal verkleinern: Auf der Strecke Hamburg– Mailand beispielsweise lassen sich mit einem Ganzzug von rund 1000 Tonnen etwa 22 Tonnen CO2 vermeiden im Vergleich zu einem normalen Schienentransport. Gegenüber dem Straßentransport sind es sogar mehr als 82 Tonnen CO2.

Foto: DB AGHendric Fiege, 38, leitet das ­Marketing bei DB Schenker Rail. Er hat die Einführung der sogenannten CO2-freien Transporte im Schienengüterverkehr federführend ­begleitet.

Wird es dazu führen, dass mehr Kunden auf die Schiene umsteigen?
Das hoffen wir. Unser Ziel ist zum einen, die Schiene für Bestandskunden noch attraktiver zu machen, und zum anderen, Neukunden vom Verkehrsträger Schiene zu überzeugen. Wir bieten das Produkt seit Sommer am Markt an und haben bisher von unseren Kunden sehr gute Resonanz bekommen. Aktuell führen wir mit zahlreichen Unternehmen aus der Automobil-, Lebensmittel- und Konsumgüterindustrie Gespräche.

Interessiert die Kunden ihre Umweltbilanz überhaupt? Entscheiden sie sich am Ende nicht doch eher für die günstigste bzw. schnellste Transportvariante?
Die Sensibilität für das Thema Klimaschutz hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Konsumenten fragen bei Unternehmen immer öfter „grüne Produkte“ nach. Damit wird auch „grüne Logistik“ zu einem immer wichtigeren Verkaufsargument, das imagewirksam vermarktet werden kann, sowohl im Automobil- und Hightech-Sektor als auch im Konsumgüterbereich. Her­steller wie Kraft Foods, Danone oder Volkswagen stellen gegenüber Kunden ihre grünen Produktionswege bereits heraus. Aber es ist richtig, wichtigste Entscheidungskriterien sind nach wie vor Preis und Qualität.

Interview: Kirsten Lange

Umweltvergleich im Güterverkehr

Über die Internetanwendung EcoTransIT können Unternehmer die CO2-Emissionen und den Schadstoffausstoß berechnen, die bei ihren Transportketten durch Europa entstehen. Dabei lassen sich die Verkehrsträger Lkw, Schiff, Bahn und Flugzeug vergleichen. EcoTransIT berücksichtigt unter anderem die technischen Standards der Fahrzeuge, die Energie, die bei der Produktion des Treibstoffs bzw. des Stroms verbraucht wird, und die Topografie eines Landes: Je steiler beispielsweise die Anstiege der Straßen, desto höher ist der Kraftstoffverbrauch. Aktuell arbeiten die beteiligten Partner, darunter das Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) und die europäischen Bahnunternehmen, an einer Erweiterung. Sie soll als EcoTransIT World künftig die Energie- und Emissionsdaten der weltweiten Transportketten berechnen können.

fairkehr 5/2023